Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
es ihr erlaubte. Lukrativ gestaltete dieses Geschäft sich nicht. Da kam ihr eine so gute Partie wie der Zentgraf gerade recht. Oberflächlich betrachtet sah er sogar sehr gut aus, kein Vergleich zu dem gichtigen Pferdehändler. Wie sie sich betrug, schien sie in Liebe entbrannt.
Dass der Zentgraf zu dieser Art von Gefühlen überhaupt nicht fähig war, wusste Lukas. Frauen ekelten Noß an, weil sie ihn an seine Sünden erinnerten. Freundlich sein konnte er zum weiblichen Geschlecht nur aus Berechnung. Vielleicht befriedigte er seine Wollust tatsächlich durch Lügen und Betrug, um hinterher sich selbst und vor allem die benutzten Frauen aufs Grausamste zu bestrafen. Wollte er Cäcilie anklagen?
Bei diesem Gedanken krampfte sich Lukas’ Herz zusammen. Nein, er würde es nicht ertragen, noch jemanden in den Klauen dieses Monstrums zu wissen! Was sollte er nur tun? Wen konnte er um Rat fragen?
---
Eigentlich hätte das schlechte Gewissen Luzia plagen müssen, aber dafür war sie viel zu froh, endlich diese Stadt zu verlassen.
»Was wohl die Jungfer jetzt macht?«, fragte Trine leise. Sie bekam keine Antwort.
So richtig konnte Luzia im Moment kein Mitleid mit dem Edelfräulein empfinden. Auch Magdalene hätte mitkommen können, aber sie hatte sich standhaft geweigert. Im Keller ginge es ihr gut. Sie wolle ausharren, bis der Zentgraf die Stadt verlassen habe und alles wieder seinen ruhigen Gang ging. So lange wollte Luzia nicht warten. Wie es aussah, richtete sich Noß heimisch ein in Amorbach. Drei weitere Frauen hatte er eingekerkert und drängte die Oberen, endlich den Termin für die Verbrennung der nächsten festzusetzen. Als sie das zugetragen bekam, hielt Luzia nichts mehr in dem Städtchen. Sicher war die Flucht riskant, aber Bleiben genauso. Und vielleicht konnte sie ja etwas erreichen.
Luzia steckte zusammengekauert unter der Bank der Kutsche, Lukas hatte Polster und Kissen auf den Boden des engen Stauraums gelegt, damit sie bequem lag. Im Nachhinein wäre es ihr wohl lieber gewesen, ein wenig mehr Raum zum Atmen zu bekommen. Jede Umdrehung des Rades ließ Luzia schmerzhaft mit dem Rücken gegen die Sitzfläche stoßen, auf der Trine wie eine Königin thronte. Ihr gegenüber saß der kleine Jurist Bichler und schwieg vor sich hin. Jetzt hielten die Räder an. Die schweren Schritte der sich nähernden Stadtwache trieben Luzias Herz zum Galopp. Die Stimme des Mannes drang dumpf in ihr Gelass. Das musste der Bärenartige sein, der sonst nur nachmittags Wache schob. Herrisch raunte er den Kutscher an, der etwas zurückgrummelte. Es gab einen Ruck, als die Tür aufgerissen wurde, und Luzias Herz tat einen Sprung. Hell klang Trines Stimme durch die dünne Bretterwand, vermochte aber nicht, Luzia zu beruhigen. Sie merkte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Hoffentlich konnte die Wache das nicht riechen! Allerdings - der Bär dunstete selbst so heftig Gase aus, dass seine Nase dafür wohl abgestumpft sein dürfte.
»Nimm er seine Pfoten davon!«, zeterte Trine. Da sie mit Papier raschelte, zeigte sie ihm wohl das dicke Aktenpaket, das die Berechnungen für das neue Horoskop des Erzbischofs enthielt. »Für Herrn Schweikhard von Kronberg ist das. Das sagt dir Rüpel wohl nichts, so heißt Seine Exzellenz, der Erzbischof von Mainz. Und lasse dir ja nicht einfallen, deinen Prankenabdruck auf dem feinen Papier zu hinterlassen!«
Das Gebrumme des Mannes verstand Luzia nicht, aber auf einmal keifte Bichler lautstark auf. »Unverschämtheit! Unterstellt er mir doch, ich wolle schmuggeln! Jetzt sage er mir, was aus diesem Provinznest zu schmuggeln sei. Schmuggle er sich selbst, wenn er das Bedürfnis verspürt!«
Gleich nahm der Bär seine Stimme zurück. Luzia konnte sich bildlich vorstellen, wie er vor dem Juristen buckelte, bevor sie das Zuschlagen der Kutschentür hörte. So tief der begrenzte Luftvorrat in der Kiste es zuließ, atmete Luzia auf, als die Räder wieder anruckten.
Nicht weit ließ der Kutscher die Pferde traben, nur bis zur nächsten Wegbiegung, dann hielt er erneut.
»Nun, Trine, so wünsche ich noch eine angenehme Fahrt«, sagte Bichler, während über Luzia die Streben knarrten und die Tür wieder aufging.
»Angenehm? Ein Scherz, Herr Advokat. Nicht mehr eine Meile, bis die Straße zu einer Aneinanderreihung von Schlaglöchern wird. Die schweren Geschütze der Schweden gaben dem sowieso schon schlechten Weg den Rest. Je schneller der Kutscher die Pferde antreibt, desto mehr Zeit werde ich auf
Weitere Kostenlose Bücher