Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Euch zu verdanken. Welch ein überwältigendes Plädoyer!«
Doktor Patrizius winkte Magdalene mit der Begnadigungsurkunde zu, die ihr das Ende der Strafverfolgung in dieser Angelegenheit versicherte. »Mein bestes, ich gebe es zu. Aber, Jungfer Luzia, ohne deine sprühende Fantasie und deine Kenntnisse hätten wir es nie geschafft. Und natürlich deine handwerklichen Fähigkeiten. Im ersten Moment wusste ich, dass du eine Diebin bist. Und zwar eine genauso talentierte Schlossknackerin wie geschickte Taschendiebin. Eine Meisterdiebin. Oh, keine Bange, ich bin Advokat und habe noch ganz andere Geheimnisse zu bewahren! Ich will damit nur bestätigen, dass es ein genialer Coup war.«
»Und das schönste werden sie erst noch herausfinden. Vor Langeweile in dem Uhrenkasten habe ich nämlich in die Rückseite des Medaillons geritzt: Meinem Sohn, des Teufels liebstem Beischläfer.«
Lukas und Magdalene hatten zugehört und Lukas schüttete sich vor Lachen aus. »Großartig! Das nenne ich mit gleicher Münze heimgezahlt!« Er legte den beiden Frauen die Arme um die Schultern und schob sie auf die Tür zu. »Kommt, ihr beiden tapfersten Damen des Erdkreises! Wir gehen ins Wohnzimmer und lassen uns eine Flasche Muskateller schmecken. Feste muss man feiern, wie sie fallen. Magdalene, wir müssen dir doch genau sagen, wie es ablief. Luzia war einfach unglaublich!«
Munter plauderte er drauf los und ging gar nicht darauf ein, dass Magdalene auf der Schwelle zögerte. Er schob sie einfach hinaus und als sie draußen waren, sah man ihr an, dass sie gerne mitging. Oben schäumte die Laune genauso wie der Muskateller und selbst Doktor Patrizius lachte fröhlich. Dann ging es daran, Magdalene alles zu erzählen, und dabei wechselten sie sich ab. Nach einer Weile nahm Lukas ihre Hand und sah ihr in die Augen. »Mein Augenstern, du weißt, dass wir alles erzählen mussten, was er dir antat.«
Sie nickte ernst. »Das weiß ich. Was nützt es mir, das alles zu verschweigen, wenn ich in diesem Kellerloch hocken muss? Mögen die Nachbarn sich die Mäuler zerreißen, ich sei keine ehrbare Frau mehr. Ich kann den Kopf hoch tragen. Wir haben einem unbesiegbaren Monstrum getrotzt. Kein Held kommt ungeschoren aus dem Kampf.«
»Das ist die rechte Einstellung!«, prostete Patrizius ihr zu. »Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben - wie auch immer. Mag es Hexen geben oder nicht, wobei ich sage, ich lernte schon so viele kennen, die man dessen beschuldigt, aber überzeugt hat mich keine Anklage, egal. Jedenfalls wird das Instrument der Inquisition bei diesem Ausnahmeverbrechen gottlos missbraucht. Dieser unselige Krieg vergiftet die Gemüter. Protestanten beschuldigen Katholiken der Hexerei und Katholiken die Protestanten. Worum geht es denn da? Politik. Streit zwischen Fürsten und Bischöfen wird ins Volk getragen und mit den brennenden Leibern von Jungfrauen ausgefochten. Da ich alle hier jetzt so kennen gelernt habe, will ich etwas anbieten. Sei mir keiner böse, aber solange die Aussichten auf Erfolg nicht sicher waren, hielt ich mich zurück. Ich kenne die Inquisition und weiß aus so vielen Berichten ihrer Opfer, dass man auf gar keinen Fall ein Geheimnis für sich behalten kann.« Geheimnistuerisch nahm er einen Schluck aus seinem Pokal. »Es gibt einen Widerstand. Angehörige der Opfer und diejenigen, die davongekommen sind, arbeiten im Geheimen daran, diesen Wahnsinn zu beenden. Ich kann sagen, auch höchste Kreise der Regierung, Hochadel und Kirchenobere sind dabei, selbst die empörten Juristen der berühmten Fakultät in Ingolstadt. Denkt nach: Wenn die Inquisitoren noch immer so fest im Sattel säßen, dann hätte unsere Intrige nicht den Erzbischof zum Zweifeln gebracht, wo er doch selbst einer der eifrigsten Verfechter der Hexenverfolgung ist. Jungfer Magdalene, Euch können wir brauchen, um zu zeigen, dass auch Inquisitoren Menschen mit all ihren Schwächen und Lastern sind. Herr Doktor Wegener, Ihr eröffnet uns die Wissenschaften und leitet rational her, was nicht mehr als Hexerei bezeichnet werden sollte. Und du, Jungfer Luzia, kannst uns Dinge tun, die diese Teufel in Menschengestalt zu Fall bringen. Während unserer Gespräche lernte ich deinen brillanten Verstand und deinen Einfallsreichtum schätzen und dass du immer bereit bist, an das Gute im Menschen zu glauben. So siehst du selbst ein Ungeheuer wie Zentgraf Noß nicht als abgrundtief böse an, wie wir anderen alle, sondern nennst ihn krank.«
»Das ist er auch, Herr
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