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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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immer man begehrte, wenn man ihr nur genügend Silbermünzen in die Hand drückte.

     
    Lena hatte zunächst die Eier getrennt, das Eigelb mit Zucker und einer Prise Salz verrührt, danach Mehl und Milch daruntergemischt und erst dann den gesondert geschlagenen Eischnee behutsam daruntergezogen. Mit dem Finger fuhr sie in den flüssigen Teig, kostete – und war einigermaßen zufrieden.
    Sie griff nach der Schüssel, in der die Holunderblüten lagen, alle offen, genauso wie Bibiana sie angewiesen hatte. Der Duft war köstlich. Sommer roch Lena und Wärme, und sie spürte, wie die kleinen blonden Härchen auf ihren Unterarmen sich aufstellten. Heute war die kürzeste Nacht des Jahres, ganz Innsbruck war gewiss ausgelassen am Feiern, nur sie stand noch immer inmitten ihrer mit blubberndem Schmalz gefüllten Kochtöpfe!
    Sie tauchte die ersten Dolden in den Teig, bis sie ganz bedeckt waren, schüttelte sie vorsichtig ab und gab sie in das siedende Schmalz. Schnell nahmen sie Farbe an, und ein verführerischer Geruch erfüllte die Küche.
    »Da bist du ja – ich hab schon überall nach dir gesucht.« Auf einmal stand Niklas vor ihr, die Wangen gerötet, die Laute an einem Band über der Schulter baumelnd. »Jetzt ist aber Schluss mit all dem Brutzeln, denn wir zwei haben heute Besseres vor!«
    Scheinbar konzentriert fuhr Lena mit ihrer Arbeit fort, obwohl ihre Hände plötzlich nicht mehr ganz sicher waren.
    »Bis sämtliche Dolden einen Teigmantel bekommen haben, kann ich hier nicht weg«, murmelte sie. »Und danach müssen sie alle in Honig getaucht werden …«
    »Ach, wirklich?«
    Niklas zog Lena an sich und begann ihren Hals mit kleinen Küssen zu bedecken, was sie ganz schwindelig machte. Reichlich unentschlossen stieß sie ihn schließlich zurück.
    »Bist du taub, Niklas? Ich habe zu tun. Hast du nicht gehört?«
    »Nicht tauber als du, Süße! Lass doch deine Küchenjungen die Arbeit fertig machen und komm mit mir! Niemals war die Luft lauer und der Tag länger. Weißt du eigentlich, dass sie heute auf dem Sonnenburger Hügel das schönste Rotfeuer entzünden? Und du und ich, wir werden gemeinsam dabei sein!«
    Vily, der jedes Wort neugierig aufgesogen hatte, kam langsam näher.
    »Er hat recht, Lena«, sagte er grinsend. »Martin und ich können das hier auch sehr gut ohne dich fertig machen.«
    »Aber der Honig …«
    »...wird langsam erhitzt, ohne zu kochen, und dann werden die Küchlein behutsam eingetaucht. Hast du mir das nicht erst gestern gezeigt?«
    »Und Chunrat …«
    »… liegt längst besoffen unter einem Baum und schnarcht sich die Seele aus dem Leib. Hast du nicht die Fahne gerochen, die er schon am Morgen hatte?« Vilys Grinsen war noch übermütiger geworden.
    »Soll ich vielleicht so unter die Leute – mit diesem fettbespritzten Rock?«, war das Letzte, was Lena als Gegenargument noch einfiel.
    »Keiner, der in deine nachtschönen Augen sieht, wird auch nur einen einzigen Blick für Flecken haben«, versicherte Niklas, nahm ihre Hand und führte sie aus der Küche.
    Lenas Herz klopfte so hart gegen die Rippen, dass sie Angst hatte, Niklas könne es hören. Seine Hand war warm und groß; sie genoss es, wie sicher sie ihre Finger umschloss.
    Beim Überqueren des Hofes kam ihnen Johannes Merwais entgegen, ungewohnt sommerlich gewandet in Hemd und engem Wams, das seinen drahtigen Körper betonte. Er blinzelte, als er die beiden erkannte, als könne er gar nicht glauben, was er da zu sehen bekam.
    »Wohin wollt ihr denn? Doch nicht etwa zum Johannifeuer …«
    »Ganz richtig«, sagte Niklas lachend. »Der Sonnenburger Hügel wartet schon auf uns. Komm, Lena, wir müssen uns beeilen, sonst fangen sie noch ohne uns an!«
    »Aber das könnt ihr nicht.« Merwais war plötzlich noch blasser als gewöhnlich. »Ich meine, Lena sollte doch auf keinen Fall …«
    Niklas ließ Lenas Hand los und trat näher zu dem Juristen.
    »Lasst das ruhig meine Sorge sein«, sagte er leise. »Sonst könnte ich sehr, sehr nachtragend werden. Habt Ihr mich verstanden, Merwais?«
    Johannes hielt seinem Blick furchtlos stand. »Macht sie mir heute nicht zur Hure«, sagte er. »Lena ist viel zu schade für Eure Spiele. Sonst werde ich noch nachtragender sein, glaubt mir das!«
    Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Stimme besonders zu dämpfen. Lena hatte jedes einzelne Wort gehört.
    Niklas wandte sich brüsk um, ergriff die Hand des Mädchens und zog Lena ohne weiteres Federlesen mit sich. Einmal noch drehte sie

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