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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Sohlen.

Drittes Buch Engelssturz
     

Acht
     

     
    D er Boden war gefegt, die Tische geschrubbt. Alle Reinen, Töpfe und Kessel blitzten, so gründlich waren sie abgewaschen und anschließend mit Pottasche poliert worden. Els ging langsam von der Küche zurück in die Wirtsstube und sah dabei hinüber zur der Ofenbank, wo Sebi sich eingekringelt hatte. Pippo lag neben ihm und hatte eine pechschwarze Pfote auf den dünnen Kinderarm gelegt, als wolle er seinen kleinen Menschenfreund selbst im Schlaf beschützen.
    » Piccolo folletto !« Bibianas Blick, die Els gefolgt war, wurde weich, als sie die beiden Unzertrennlichen entdeckte. »Er muss doch todmüde sein. Ich werde ihn gleich ins Bett bringen.«
    »Lass ihn ruhig noch eine Weile hier!«, sagte Els. »In den letzten Tagen ist er zweimal freiwillig ins Bett gegangen. Vielleicht kannst du ja ausnahmsweise deinen alten Rücken schonen.«
    Der Münzintendant saß als letzter Gast vor seinem Roten und lächelte ihnen zu.
    »Und du gehst jetzt auch endlich nach Hause«, wandte Els sich an Ennli. »Sonst wird deine Mutter noch böse auf mich. Morgen …«
    »Morgen geht es nicht.« Die Wangen des Mädchens waren plötzlich purpurn übergossen.
    »Sollst du ihr bei der großen Wäsche helfen?«
    Ennli nickte vage.
    »Dann eben übermorgen. Es reicht, wenn du bis zum Abendläuten da bist. Zurzeit ist ja nicht gerade viel bei uns los.«
    »Übermorgen geht es auch nicht.« Ennlis runde braune Augen füllten sich mit Tränen. »Ich darf gar nicht mehr zu euch kommen. Die Mutter hat es verboten. Ich wollte es euch schon den ganzen Abend sagen, aber ich wusste nicht, wie.«
    »Weshalb?«, fuhr Bibiana auf. »Wir sind ein anständiges Wirtshaus – und das beste in der ganzen Stadt dazu.«
    »Da fragst du noch?«, sagte Els leise. »Die Antwort findest du schräg gegenüber im ›Schwarzen Adler‹.« Sie zog ein Beutelchen aus ihrer Rocktasche, fischte ein paar Münzen heraus und drückte sie Ennli in die Hand. »Geh nach Hause und grüß die Mutter von uns! Und sag ihr unseren lieben Dank dafür, dass sie dich zu uns geschickt hat!«
    »Aber das ist zu viel!«, stammelte Ennli. »Es liegt gewiss nicht an mir, das müsst ihr mir glauben …«
    »Das tun wir«, versicherte Els. »Und du kannst jederzeit wiederkommen, denn deine Arbeit hast du immer gut gemacht. Du wirst uns fehlen – und unseren Gästen auch.«
    Sie wartete, bis Ennli draußen war, dann ging sie zu Antonio und setzte sich ihm gegenüber.
    »Solange wir überhaupt noch Gäste haben«, schickte sie bitter Ennli hinterher. »Von Tag zu Tag werden es weniger. Einen derart schlechten Sommer haben wir im ›Goldenen Engel‹ noch nie erlebt, seit ich mich erinnern kann.«
    Ihr Tonfall ließ ihn aufhorchen. »Du hast Sorgen, bella mora ?«, fragte er.
    »Sorgen?«, wiederholte sie. »Ich wünschte, es wären lediglich Sorgen. Ich kann kaum noch schlafen.«
    »Eure Gäste werden schon wieder mehr«, sagte er. »Vielleicht liegt es ja auch an diesem schwülen Wetter, das auf uns allen lastet. Und selbst, wenn nicht – du weißt doch, du kannst dich immer auf mich verlassen, Elisabetta!«
    Sie erhob sich, stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch. »Merkst du denn nicht, was hier in Innsbruck vor sich geht? Ein Dämon hat die Stadt vergiftet. Ein Dämon, der seine gierigen Krallen nach uns allen ausstreckt. Ich habe Angst, Antonio.«
    »Falls du Pater Institoris und seine Predigten meinst …«
    »Was weißt du schon davon? Du steckst doch die meiste Zeit in Hall bei deinen Münzen. Wir anderen hier bekommen aber seinen fauligen Atem von Tag zu Tag deutlicher zu spüren.«
    »Wenn man sich nichts vorzuwerfen hat, so wie ihr, kann man doch recht unbesorgt sein.«
    Jetzt funkelte Els ihn an. »Nichts vorzuwerfen reicht noch lange nicht. Denn Institoris will etwas finden, um jeden Preis. Von der Kanzel herab hat er alle zur Denunziation aufgerufen – und genau dem kommen jetzt viele voller Inbrunst nach, gleich gegenüber, im Gasthaus von Purgl und Dietz, unter deren Dach er sich einquartiert hat.«
    »Du hast die Leute zu ihm gehen sehen?«
    »Hier.« Sie deutete auf ihre Brust. »Das sagt mir mein Herz. Auch wenn die meisten feige den Schutz der Nacht abwarten, so weiß ich trotzdem, dass sie zu ihm schleichen und ihm alles sagen, was er hören möchte.«
    Antonio de Caballis griff über den Tisch und nahm ihre Hand.
    »Dann bist du jetzt vielleicht so weit, ihn endlich ernsthaft in Erwägung zu ziehen?«,

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