Die Hexe und der Herzog
sagte er sanft. »Meinen Antrag, den ich dir schon so oft gemacht habe? Heirate mich, bella mora ! Lass uns endlich offiziell als Mann und Frau zusammenleben. Du könntest mit mir nach Venedig kommen und Innsbruck für immer verlassen.«
Er folgte ihrem Blick, der, während er das gesagt hatte, instinktiv zu dem schlafenden Kind geglitten war und gleich danach zur Küchentür, hinter die Bibiana sich rücksichtsvoll zurückgezogen hatte.
»Du – und natürlich alle, die du liebst!«, fügte er hinzu.
»Wie sollte das gehen?« Els zog ihre Hand zurück. »Der Herzog würde seinen hoch geschätzten Münzintendanten doch niemals freiwillig gehen lassen!«
»Vielleicht doch.« Antonio hatte einen Lederbeutel auf den Tisch gelegt, aus dem er nun ein Silberstück herauszog, so blank und dick, dass Els unwillkürlich den Atem anhielt. »So könnte er aussehen, Herzog Sigmunds heiß ersehnter Guldiner«, sagte er. »Die Münze, von der er sich Unsterblichkeit im großen Buch der Geschichte erhofft. Seit Langem die erste Probe, die nicht gänzlich danebengegangen ist, obwohl es natürlich noch jede Menge zu verbessern gilt. Wenn es uns jetzt auch noch gelingt, seinen kleinen Bruder, den Halbguldiner, zur Zufriedenheit Seiner Hoheit zu prägen, könnte meine Aufgabe in Hall sehr wohl in absehbarer Zeit beendet sein.«
»Als junger, kühner Ritter hat er sich abbilden lassen«, sagte Els in verächtlichem Ton und wog die schwere Münze in ihrer Hand. »Hoch zu Ross, obwohl er doch so alt geworden ist und die Gicht ihn malträtiert. Das passt zu ihm!«
»Du wirst mir sicherlich auch heute nicht verraten wollen, weshalb du den Herzog so inbrünstig hasst?« Seine Stimme war ruhig.
Els bewegte leicht den Kopf. Ihr Mund verzog sich, doch sie blieb stumm.
»Offenbar aber hasst du ihn noch immer nicht genug, um ihn und sein Tirol für alle Zeit hinter dir zu lassen.«
Ein Laut, der von der Ofenbank kam, ließ beide zusammenfahren. Sebi hatte im Schlaf einen Schrei ausgestoßen. Für ein paar Augenblicke verzog sich sein Gesicht wie im Schmerz, dann wurde es wieder ruhig und glatt. Pippo machte einen Katzenbuckel, streckte sich ausgiebig und sprang auf die Fensterbank. Mit einem geschmeidigen Satz war er in der mondlosen Nacht verschwunden.
»Den Grund kennst du doch ganz genau«, sagte Els. »Dort drüben auf der Ofenbank liegt er und hat gerade schlechte Träume. Wie sollte Sebi jemals lernen, sich in einer fremden Stadt zwischen all den Brücken, Booten und Kanälen zurechtzufinden, von denen du mir schon so viel erzählt hast? Er hält es ja kaum aus, wenn nur ein einziger Tag einmal ein wenig anders verläuft als gewöhnlich. Außerdem sind wir beide Laurin das Bleiben schuldig. Ihm verdanken wir den ›Goldenen Engel‹ und die Poststation. Dafür musste er sein Leben lassen – ohne den Kleinen auch nur ein einziges Mal gesehen zu haben!«
»Du hast deinen toten Mann sehr geliebt?«
»Laurin war gütig zu mir«, sagte Els, »und das zu einer Zeit, als ich dringend Rat und Zuspruch brauchte, um am Leben nicht zu verzweifeln. Gütig und nobel. Das, Antonio, werde ich ihm niemals vergessen.«
»Sollst du auch nicht, aber du darfst dabei nicht zu leben vergessen.« Er wandte den Blick ab, damit sie den jähen Schmerz in seinen Augen nicht sah.
Els zuckte die Achseln. »Kann sein, dass du mich nicht verstehst«, sagte sie. »Daran bin ich gewohnt. Für mich ist es trotzdem gut, so wie es ist.«
»Auch wenn deine einzige Nichte jetzt das Liebchen eines herzoglichen Bastards geworden ist?«
»Lena? Was redest du da für einen Unsinn!«, rief Els. Doch sein Schuss hatte exakt ins Ziel getroffen, und der vergiftete Pfeil saß sehr tief.
»Niklas, der Spielmann. Kennst du ihn nicht sogar persönlich?«
»Niklas, sagst du? Ja, er war einmal hier. Damals hat er Sebi auf seiner Laute spielen lassen, und ich dachte noch, dass die beiden … Aber wie hätte ich ahnen können, dass er ein Sohn des Herzogs ist!« Sie schüttelte den Kopf und schien gar nicht mehr damit aufzuhören wollen. »Das darf nicht sein …« Els presste die Hand vor den Mund, als sei jedes weitere Wort zu viel.
»Was hast du eigentlich dagegen? Die beiden sind ein schönes Paar, und die schlechteste Partie wäre dieser Niklas gewiss auch nicht. Es heißt doch, Seine Hoheit erweise sich stets sehr großzügig, wenn einer seiner Kegel heiraten möchte …«
»Aber nicht meine Lena – niemals!« Els’ Gesicht war kalkweiß, die Augen brannten wie
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