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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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beobachtet?«
    Blasius schüttelte den Kopf. »Glaubt Ihr vielleicht, ich würde dort freiwillig nachts hingehen, in die Sillschlucht, wo diese alte Kapelle steht und in früheren Zeiten sogar Drachen und Riesen zu Hause gewesen sein sollen? Keine zehn Pferde würden mich jemals an diesen verfluchten Ort bringen! Aber die Leute reden davon. Die halbe Stadt weiß seit Langem, was diese Weiber dort treiben!«
    Satte Genugtuung stieg in Kramer auf. Das war mehr, als er erwartet hatte, aber noch immer nicht genug für seinen Geschmack und um den Prozess zu führen, den er sich vorgenommen hatte. Wie ein Spürhund, der Witterung aufgenommen hat, würde er diese vielversprechende Fährte verfolgen, was eigentlich keine große Schwierigkeit mehr bedeuten konnte, jetzt, da er endlich eine heiße Spur hatte.
    Rasch notierte er des Fassmachers Angaben, und als Reindler endlich draußen war, reckte und streckte er sich auf seinem harten Stuhl. Hungrig war er, geradezu heißhungrig. Und zu seinem allergrößten Ärger plagten ihn auch schon wieder diese hässlichen fleischlichen Gelüste, die ihm nun nahezu täglich zusetzten. Am liebsten hätte er sich die Kutte vom Leib gezerrt und wäre auf der Stelle kopfüber in einen eisigen Bach gesprungen, wie sie es als Jungen oftmals getan hatte, um Dreck und Verderbnis im klaren Wasser abzuwaschen.
    »Pater Institoris?« Dietz Geyer streckte seinen dicken Kopf durch die Tür. »Komm ich jetzt endlich an die Reihe?«
    »Wenn du wieder über jene vergrabene Hexenhaube lamentieren willst, mit der mir schon deine Schwester tagaus, tagein, in den Ohren liegt, kannst du dir die Mühe sparen.« Kramer klopfte auf seine Unterlagen. »Hier ist alles bereits fein säuberlich aufgeschrieben – und wird selbstredend gegen diese Elisabeth Hufeysen verwendet werden, sobald die Zeit dafür reif ist.«
    »Darum geht es nicht.« Der Mann schwitzte ja noch mehr als er selbst! »Ich hab da noch etwas anderes gesehen. Ihr habt doch in Eurer letzten Predigt gesagt, eine Hexe erkennt man auch daran, dass sie öffentlich Unzucht treibt, so wie sie heimlich auch den Teufel fleischlich empfängt. Das habe ich doch richtig verstanden, Pater Institoris?«
    »Hast du, mein Sohn.« Schreien hätte er können vor Ungeduld, weil der Mann vor ihm so umständlich herumdrucks te. »Und weiter? Ich höre!«
    Dietz’ Lippen verzogen sich zu einem scheelen Lächeln. »Dann muss ich Euch hier und heute eine neue Hexe anzeigen: Lena. Lena Schätzlin, die Nichte der schwarzen Els. Sie kocht in der Hofburg und hat sich in der heiligen Johanninacht abseits vom Feuer besteigen lassen.« Er schluckte, schien für einen Moment zu zögern, dann aber redete er doch unverzagt weiter. »Von Niklas, dem Spielmann, einem der Bastarde unseres Herzogs.«

     
    Er hatte sie geschlagen, das erste Mal seit sie verheiratet waren, und anschließend so heftig in ihren Schoß geweint, dass das grüne Kleid ganz nass geworden war.
    »Wozu treibst du mich noch, Hella?« Andres’ Gesicht war schmerzverzerrt. »Ich erkenne mich ja selbst kaum wieder! Aber wenn du so kalt zu mir bist, so abweisend, dann weiß ich plötzlich nicht mehr, was ich tue.«
    Sie presste ihre Hand gegen die Wange. Er hatte fest zugehauen, scheinbar ganz ohne Kontrolle für einige Augenblicke, das hatte ihr Angst gemacht.
    »Tut es noch weh?« Jetzt beugte er sich besorgt zu ihr hinunter.
    »Ein wenig.« Ihre Augen schimmerten feucht. »Am meisten aber tut es mir hier weh, im Herzen.«
    »So kann es nicht weitergehen!« Andres begann, unruhig in der Stube hin und her zu laufen. »Wir müssen weg von hier – alle beide.«
    »Du willst die Münze des Herzogs verlassen?«
    »Wenn es sein muss, ja. Ich bin ein guter, erfahrener Schreiber. So jemanden wie mich können sie auch in anderen Städten gebrauchen. In Salzburg zum Beispiel, bei den großen Salinen, da ließe sich sicherlich eine geeignete Anstellung finden. Lass uns nach Salzburg gehen, Hella, bitte!«
    Er wollte sie berühren, sie aber wich ihm aus.
    »Hab ich nun alles verdorben?«, fragte er. »Und dich für immer verloren?«
    »Du musst mir Zeit geben«, erwiderte sie, »um das alles erst einmal zu verdauen. Zuerst gehst du mit Fäusten auf mich los, nur weil ich dir aus Versehen eine falsche Antwort gegeben habe, dann willst du plötzlich die Stadt mit mir verlassen. Das geht mir alles ein wenig zu schnell.«
    »Ich könnte dich zwingen.« Seine Züge waren hart geworden. »Das weißt du genau. Ich bin dein

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