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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Haus sorgfältig beseitigt hatten. Die ganze Stadt schien fest zu schlafen, und sie konnten nur hoffen, dass es auch so blieb.
    »Ich kann das Wasser schon rauschen hören«, sagte Els. »Jetzt sind wir gleich am Ziel.«
    Am Ufer schoben sie die Karre noch ein Stück flussaufwärts, bis Wilbeth schließlich den Arm hob.
    »Halt«, sagte sie. »Hier könnte es gehen. Niemand kann uns sehen, das Ufer ist flach genug, und die Strömung wird ihn schnell weitertreiben. Jetzt brauchen wir noch ein paar schwere Steine. Deine Aufgabe, Els!«
    Ein tiefblauer, klarer Sternenhimmel prangte über ihnen. Es dauerte eine Weile, bis sie die richtigen Steine gefunden hatte.
    »Vier sind genug«, entschied Wilbeth. »Jetzt laden wir ihn ab.«
    Zu viert gelang es ihnen schließlich, den Toten aus der Karre auf die Erde zu hieven und so dicht wie möglich an das Wasser zu schleifen. Wilbeth überwachte, wie Rosin und Barbara ihm die Steine mit Seilen um Arme und Beine banden.
    Jetzt kam das Schwerste, das die meiste Überwindung erforderte. Wenigstens konnte er sie nicht ansehen, dafür hatten sie gesorgt. Die Münzen, die sie ihm auf die geschlossenen Lider geklebt hatten, stammten aus Wilbeths geheimem Kästchen und glänzten, so neu und blank waren sie.
    »Er darf nicht wiederkommen«, sagte sie und fügte, als die anderen schwiegen, hinzu: »Und wenn doch, dann hatte keine von uns etwas damit zu tun. Schwört – bei der Kraft und der Liebe der Ewigen Drei!«
    Leise wiederholten die anderen die alten Worte. Danach bückten sie sich und stießen den Leichnam mit aller Kraft noch das letzte Stück in den Fluss. Er versank, und die kalten grünen Fluten des Inns schlossen sich über ihm.
    Die Frauen richteten sich auf, atmeten schwer. Schließlich zeichnete Wilbeth im Namen der Bethen ein Kreuz in die Luft.
    »Jetzt haben wir noch mehr, das uns verbindet«, sagte sie mit ernster Miene. »Ein tödliches Geheimnis, das uns für immer zusammenschmiedet, Schwestern!«

     
    Sie hatten das Fläschchen übersehen!
    Das blaue Gefäß mit den goldenen Streifen, dessen Inhalt Leopold offenbar den Tod gebracht hatte, war ihm beim Sturz wohl aus der Hand geglitten und hinter ein Tischbein gerollt, wo Hella es gerade zufällig entdeckte, weil sie den Tisch leicht verschoben hatte.
    Was sollte sie nun damit anstellen? Sie spürte, wie ihre Haut abermals nass vor Schweiß wurde.
    Den Inhalt ausgießen? Aber wohin? Oder das Fläschchen einfach wegwerfen?
    Die Freundinnen konnte sie nicht fragen, denn die waren gerade dabei, den Leichnam verschwinden zu lassen, doch allein mit dem Teufelsding konnte und wollte sie nicht bleiben.
    Sollte sie die anderen suchen gehen, obwohl sie es ihr ausdrücklich verboten hatten?
    »Je weniger du weißt, desto besser. Sollte man dich wider Erwarten dennoch befragen, so musst du nicht einmal lügen.«
    Sie hatten ja recht mit allem, was sie gesagt hatten, und erleichtert hatte sie ihnen zugestimmt – doch wer hatte da bereits gewusst, dass das Fläschchen sich immer noch hier befand?
    Die Wände der Stube schienen sich enger um sie zu schließen, und obwohl sie alles mehrfach geschrubbt hatten, glaubte Hella plötzlich wieder jenen abscheulichen Gestank zu riechen, den sie niemals im Leben vergessen würde.
    Das sollte aushalten, wer wollte – sie gewiss nicht!
    Hella wickelte das Fläschchen in ein Tuch, um es nicht direkt anfassen zu müssen, und verließ das Haus. Bibiana hatte einen leichten Schlaf, das wusste Hella, und womöglich hatte sie in dieser Nacht des Schreckens überhaupt noch keine Ruhe gefunden.
    Doch der »Goldene Engel« war dunkel, als sie atemlos ankam, und die Tür zur Gaststube verschlossen. Hella öffnete die kleine Pforte, die zum Kräutergarten führte. Einige der Fenster im ersten Stock waren geöffnet, doch hinter welchem schlief die alte Ladinerin?
    Sie musste es einfach riskieren.
    Hella bückte sich nach einem Kieselstein und wollte schon ausholen, um ihn nach oben zu werfen, als sie plötzlich von hinten einen harten Schlag auf den Rücken erhielt. Mit einem Schrei fuhr sie herum – und stand Bibiana gegenüber, die eine Zaunlatte umklammert hielt.
    »Hella! Was hast du mitten in der Nacht in meinem Garten zu suchen? Und ich dachte, das wäre ein Dieb.«
    »Lass uns nach drinnen gehen!«, flüsterte Hella und rieb sich den schmerzenden Rücken, denn Bibiana hatte kräftig zugehauen. »Damit keiner uns hört.«
    Drinnen legte sie das Fläschchen auf einen der frisch gescheuerten

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