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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wunderbare Idee!«, rief die Herzogin. »Noch heute soll mein Schreiben auf den Weg nach Brixen gehen!«

     
    Jetzt, während Lena mit den beiden gut gefüllten Schüsselchen vor dem Kontor stand, verließ sie beinahe der Mut. Dann aber drückte sie die Schulterblätter nach hinten, hob die Brust leicht an und schlug mit ihrem rechten Holzschuh fest gegen die Tür.
    »Lena!« Ein Strahlen ging über Merwais’ Gesicht, als er vor ihr stand. »Welch schöne Überraschung! Komm doch bitte näher!«
    Was einfacher gesagt war, als getan. Denn der Tisch und die beiden einzigen Stühle waren über und über mit Pergamenten und Papieren bedeckt. Auch auf dem Boden lagen sie stapelweise gehäuft.
    »Ich hab Angst, etwas durcheinanderzubringen«, sagte sie und blieb vorsichtshalber ruhig stehen.
    »Nun, da hast du ganz recht, dabei herrscht an diesem Hof schon mehr Durcheinander als genug.« Johannes machte einen Stuhl frei, dann fegte sein Arm über den Tisch und schuf Platz.
    »Aber das müsst Ihr doch hinterher wieder alles in Ordnung bringen!«, sagte Lena verdutzt.
    »Und wenn schon! Dazu bin ich ja schließlich da.« Sein Grinsen war breit und jungenhaft. Er schien die Schüsselchen in ihren Händen gar nicht zu bemerken, sondern sah ihr tief in die Augen.
    »Quittenmus und Mandelcreme. Beides frisch zubereitet.« Ganz vorsichtig bahnte Lena sich einen Weg und stellte die Köstlichkeiten vor ihm ab. »Ich dachte...«
    »Und ich dachte schon, du bist mir böse.« Sein Gesicht war auf einmal ganz nah. Seine Haut hatte offenbar ein paar Sonnenstrahlen abbekommen und war leicht gebräunt. Auf der Nase entdeckte Lena vorwitzige Sommersprossen. »Du weißt schon, wegen Johanni.«
    »Weshalb? Ihr habt doch nichts getan.«
    »Außer Niklas und dir den Spaß verdorben. Und genau das hatte ich auch vor.« Jetzt klang er auf einmal grimmig. »Außerdem hab ich ihm später noch ordentlich was auf die Nase gegeben. Und weißt du was? Es tut mir nicht einmal leid.«
    »Wollt Ihr nicht endlich probieren?« Sein Verhalten machte sie unsicher. Bislang hatte Johannes sich stets auf ihre Speisen gestürzt, heute aber schien er für sie gar kein rechtes Interesse aufzubringen.
    »Später.« Lena sah, wie er schluckte. »Hab ich dir eigentlich schon gesagt, wie schön deine Augen sind? So dunkel und geheimnisvoll – geradezu versinken könnte ich in ihnen! Weißt du, dass sie mir lauter Rätsel aufgeben? Rätsel, für die nur du allein die Lösung kennst.«
    Sie schüttelte den Kopf, konnte gar nicht genug von diesen wunderbaren Worten bekommen.
    »Und es wird immer stärker, Lena. Manchmal denke ich, mir würde schier die Brust zerspringen. Wenn dir mein Herz nicht schon längst gehören würde, dann spätestens jetzt.«
    »Darüber spottet man nicht.«
    »Ich war niemals ernster«, sagte Johannes Merwais. »Das kannst du mir glauben.«
    »Niklas wird Eure Prügel überleben«, sagte Lena, der auf einmal sehr heiß geworden war, viel heißer, als vor ihren brodelnden Töpfen. »Mir scheint, er besitzt in solchen Dingen eine gewisse Erfahrung.«
    Ihre Blicke trafen sich.
    »Ich muss jetzt wieder zurück in die Küche«, sagte sie. »Chunrat wird jedes Mal wütend, wenn …«
    Johannes beugte sich vor und zog sie an sich.
    Jetzt, dachte sie. Tu es – bitte!
    Seine Lippen waren fest und warm. Süß schmeckte er und gleichzeitig auch ein wenig bitter, und es fühlte sich aufregend an, ihn zu küssen, ein Gefühl, das ihr gleichzeitig erstaunlich vertraut war. Lena glaubte, zarte Schmetterlingsflügel zu spüren, die ihre Haut kitzelten, sie glaubte, den Duft einer Juniwiese zu riechen, über die gerade ein frischer Schauer gegangen war, und die Gesichter der drei Bethen zu sehen, die auf einmal gar nicht mehr ernst dreinschauten, sondern ihr liebevoll zulächelten. Ihr ganzer Körper begann zu kribbeln, auf herrliche, unbeschreibliche Weise. Sie küssten sich immer inniger, eine ganze Weile, weil es beiden unmöglich schien, sich voneinander zu lösen.
    »Ständig muss ich an dich denken«, sagte Johannes schließlich, als sie heftig atmend voreinander standen, und streichelte sanft ihr Gesicht. »Egal, wo ich bin, egal, was ich tue, ob ich nun will oder nicht. So weit ist es schon mit mir gekommen, Lena!«
    »Und wird es auch noch weitergehen?«, fragte sie.
    »Viel weiter, wenn du nur willst.« Er nahm ihre Hand und wollte Lena erneut an sich ziehen, sie aber entwand sich ihm.
    »Wir haben doch Zeit«, sagte sie. »Haben wir das nicht,

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