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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Tische.
    »Hast du die schreckliche Geschichte schon gehört?« Hellas Gesicht war wachsbleich.
    Bibiana nickte. »Barbara hat es uns erzählt. Ich hab Els zugeredet, mitzuhelfen. Wo bleiben sie eigentlich? Sie müssten doch längst wieder zurück sein!«
    »Vielleicht ist es ganz gut, dass wir beide allein sind.« Hella überwand ihre Scheu, berührte das Glasgefäß und schob es hinüber zu Bibiana. »Der Hofmeister ist umgefallen und gestorben, nachdem er daraus getrunken hat. Wir haben es beim Saubermachen übersehen. Aber ich will es nicht mehr in meinem Haus haben. Beseitige du es für mich, bitte!«
    »Wie stellt du dir das vor? Das ist gefährlich«, sagte Bibiana. »Was, wenn jemand es bei mir findet?« Sie hielt es gegen das Licht der Kerze, die sie eilig entzündet hatte. »Da ist noch etwas von der Flüssigkeit drin. Wenn sie den Hofmeister getötet hat, wie du sagst, dann kann der Rest auch einem anderen schaden.«
    »Ich hab so sehr gehofft, es verschwindet zusammen mit dem Hofmeister für alle Zeiten.« Hellas Augen füllten sich mit Tränen. »Was sollen wir nun damit anfangen?«
    »Dann überlass das eben mir,« gab Bibiana nach und zog Hella an ihre Brust. »Für heute ist es wohl genug für dich. Geh jetzt nach Hause und leg dich hin! Du musst an das Kind denken, Hella! Die Bethen sehen es nicht gern, wenn eine von uns fahrlässig mit ungeborenem Leben umgeht.«
    Widerstrebend und doch gleichzeitig wie erlöst machte Hella sich auf den Heimweg. Bibiana blieb noch eine ganze Weile in der stillen Gaststube sitzen und wog das Fläschchen nachdenklich in ihrer Hand. Die leuchtend blaue Farbe, vor allem aber die feinen Goldlinien ließen es kostbar aussehen. Wer immer es einmal besessen hatte, er würde es sicherlich eines Tages vermissen. Schließlich öffnete sie den Verschluss. Der starke, fast stechende Geruch ließ eine vage Erinnerung in ihr wach werden, die sie aber nicht einordnen konnte. Sie gab ein paar Tropfen in eine Schale, worauf sich der Geruch verstärkte, doch so sehr sie sich auch bemühte, ihre Erinnerung blieb unklar. Von der Flüssigkeit zu kosten, wagte sie eingedenk der verheerenden Wirkung nicht. Mit einem Seufzer verschloss sie das Fläschchen wieder.
    Plötzlich wusste sie, was sie tun würde. Zu Els kein Wort, damit diese nicht noch tiefer in diese unselige Angelegenheit hineingezogen wurde. Vergraben würde sie es, unter ihrem großen Wermutstrauch, der ihr schon so viele gute Dienste geleistet hatte, und dann würde sie versuchen, das Glasgefäß so schnell wie möglich zu vergessen.

     
    Mit einem Mal war es kühl an seiner Seite geworden. Sebi tastete nach Pippo, doch der Kater war verschwunden, seine Lieblingsstelle im Bett neben ihm leer. Langsam setzte Sebi sich auf, lauschte in die Nacht.
    Etwas hatte ihn geweckt, ein leises, gleichmäßiges Geräusch, das er nicht gleich erkannte. Seine Züge verkrampften sich, schließlich aber begann er zu lächeln. Das klang beinahe, als würde jemand graben, eine Tätigkeit, die für Sebi die Farbe Rot besaß, obwohl die Erde ja eigentlich dunkel war. Aber war es dazu mitten in der Nacht nicht eigentlich zu finster?
    Er stand auf und ging zum Fenster. Kein Mond am Himmel, doch der klare Sternenhimmel erlaubte ihm den Blick auf den Rücken von Bibiana, die sich gerade unter ihren Wermutstrauch bückte. In ihrer Rechten hielt sie die Schaufel, die sie gewöhnlich für ihre Gartenarbeiten benutzte.
    Sein feines Gehör hatte ihn also nicht getäuscht. Das Rot stimmte!
    Sie vergrub da etwas. Auch er hatte das früher gern getan, bevor diese bösen Leute von Gegenüber gekommen waren und zu Mama und ihm so hässliche Worte gesagt hatten. Wie hätte er da noch zugeben können, dass er es gewesen war, der ihre alte Haube mit der Borte, die unförmigen Wachsklumpen und einige Tierknöchelchen bei ihnen verbuddelt hatte – ein herrlicher Schatz, den er später wieder hatte heben wollen?
    Ob Bibiana gerade dabei war, auch solch einen Schatz zu verstecken? Spätestens morgen war ja Gelegenheit, dies mit eigenen Augen und Händen nachzuprüfen.
    Sebi setzte sich auf die Fensterbank, schaute ihr weiterhin zu, blieb aber ganz still. Noch ein bisschen länger im schönen, warmen Rot baden! Denn nur wenn einen niemand entdeckte und viel zu früh wieder zurück ins Bett schickte, konnte man die wirklich spannenden Dinge herausfinden.

     
    Drei Tage waren vergangen, seit Leopold von Spiess spurlos verschwunden war, und in ganz Innsbruck brodelte

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