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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schon eine entsprechende Anfrage wäre damals angesichts Katharinas Verlusts undenkbar gewesen.
    Die Herzogin sah ihn fragend an.
    »Das Gift der Herbstzeitlosen«, sagte er. »Extrem wirksam. In winzigen Mengen kann es segensreich gegen Podagra eingesetzt werden, doch wenn man zu viel davon erwischt, führt es unweigerlich zum Exitus. Colchizin ist in der Medizin enthalten, die ich Eurem Gemahl gegen sein Leiden verordnet habe.«
    Jetzt starrte sie ihn erschrocken an.
    »Nein, nein, macht Euch deswegen keine Sorgen, Hoheit!«, rief er schnell. »Der Herzog ist mit diesem Medikament seit langem bestens vertraut. Er weiß genau, wie viel er davon nehmen darf.« Jetzt kam das Schwierigste, doch van Halen hatte sich gut auf diesen Moment vorbereitet. »Wenngleich seine Vorräte in letzter Zeit ungewöhnlich schnell zur Neige gegangen sind. Schneller, als jemals zuvor. Das ist mir aufgefallen.«
    »Das mag daher kommen, dass er so unordentlich ist«, sagte Katharina mit einem kleinen Lächeln. »Überall lässt er seine Medizinfläschchen herumliegen. Und zudem deponiert er manche an gewissen Stellen, falls er sie überraschend brauchen sollte.« Ihre Hände machten sich wieder an dem Teckelwelpen zu schaffen. »In meinem Schlafgemach zum Beispiel, falls Ihr versteht, was ich damit andeuten will.« Sie lachte kurz auf. »Und selbst da findet er manchmal seine eigenen Verstecke nicht mehr. Und dann wird er fürchterlich wütend. Ich glaube, am meisten über sich selbst.«
    »Wer hat alles Zutritt zu Eurem Schlafgemach?« Van Halens Stimme war sehr ruhig.
    »Was für eine Frage! Ich natürlich, dann mein Gemahl, die Zofen, ab und an auch eine der Hofdamen, doch das kommt eher selten vor. Die Hofmeisterin …«
    Sie hielt inne. Ihrer beider Blicke trafen sich.
    »Ihr wollt damit doch nicht andeuten, dass womöglich Alma von Spiess …« Katharina schüttelte den Kopf. »So kaltblütig ist nicht einmal sie!«
    »Und wenn doch? Irgendwann könnte sie unbemerkt etwas von dieser Medizin an sich gebracht und verwahrt haben, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Sie hat Lena das Tablett mit den Speisen abgenommen, die ich noch kurz zuvor in der Küche gekostet hatte. Und sie war sichtlich verstimmt, als Ihr, anstatt das Dessert selbst zu essen, das Hündchen die Schalen auslecken ließt, worüber alle anderen sich köstlich amüsierten. Sie könnte sehr wohl die Süßspeisen vergiftet haben, meint Ihr nicht auch, Euer Hoheit?«
    Katharina blieb lange stumm.
    »Vom ersten Augenblick an hab ich sie gehasst«, sagte sie dann. »Ihr knochiges Aussehen, ihr falsches Lachen, ihr unstetes Wesen. Und mich mit ihrer Berufung zu meiner Hofmeisterin lediglich schweren Herzens dreingefunden, weil ich den Anfang mit Sigmund nicht noch schwieriger machen wollte, als er ohnehin schon war. Jeder Tag, an dem ich die Spiessin nicht mehr um mich haben müsste, wäre ein glücklicher Tag. Doch für die Ungeheuerlichkeit, die Ihr da soeben in den Raum gestellt habt, braucht Ihr sehr, sehr gute Beweise, van Halen, und das wisst Ihr.«
    »Ich werde daran arbeiten, Euer Hoheit«, sagte er. »Um Lenas willen.« Er klang grimmig. »Wo ist die Hofmeisterin übrigens gerade?«, setzte er hinzu. »Es macht mich irgendwie ruhiger, wenn ich weiß, wo sie sich momentan aufhält.«
    »Sie wollte unbedingt etwas auf dem Markt besorgen«, sagte die Herzogin. »Eine kleine Überraschung, wenn ich sie recht verstanden habe.«

     
    Sie musste die Stirn ganz fest gegen das Holz pressen, um überhaupt etwas erkennen zu können, denn der Schlitz, durch den man lugen konnte, war winzig, und das Licht der Fackeln, die die niedrige Fragstatt erhellten, diffus. Was hätte sie darum gegeben, mit im Raum sein zu können und doch unsichtbar zu bleiben, aber es musste eben auch so gehen. Lange hatte Alma von Spiess damit gerechnet, dass ihr Institoris den versprochenen Gefallen im letzten Moment verweigern würde, doch als die hingeworfenen Zeilen für sie in der Hofburg abgegeben wurden und sie die Handschrift Kramers erkannte, war alles in ihr ganz ruhig geworden.
    Wo war dieses verf luchte blaue Fläschchen abgeblieben? War es wirklich in abertausend Scherben zerbrochen und vom schnell fließenden Wasser des Inns zermalmt worden? Oder verhielt es sich so, wie schlechte Träume ihr seit vielen Nächten vorgaukelten, und eines dieser Hexenweiber hatte das Beweisstück heimlich an sich gebracht?
    Die Alte in der Fragstatt stieß ein hohles Jammern aus, als ihr vom Henker

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