Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
heimlich unter unser Essen rühren – das verbiete ich dir, hörst du!«
    »Rosenwasser ist nicht ›irgendein Zeug‹, sondern eine Kostbarkeit, die Bibiana sogar bis jenseits der Berge verkauft – und schon gar kein Gift! Eigentlich gehörte ja jenes weiche Konfekt in das Gericht, das die Venezianer aus Mandeln und Rosenwasser herzustellen wissen, aber ich hoffe, es wird auch so gehen. Willst du probieren?«
    »Vom Kochen verstehst du was«, räumte er ein, nachdem er seinen Löffel in die sämige Sauce getaucht hatte. »Das muss der Neid dir lassen. Wenngleich es an vielen anderen Stellen leider noch deutlich hapert.«
    Lena verkniff sich eine Antwort, rührte und probierte weiter, gab noch ein wenig Butter hinzu, zermörserte einige Bittermandeln, die erst ganz zum Schluss hinzugegeben und für ein noch kräftigeres Aroma sorgen würden. Schließlich war sie halbwegs zufrieden. Es schmeckte nicht ganz so, wie von Bibiana zubereitet, aber doch beinahe so.
    Das musste für den Augenblick genügen.
    Vily hatte bereits zwei der Töpfe auf den Tisch gehievt, um die sich die ersten Hungrigen versammelten, als plötzlich Merwais in der Küche stand. Lena spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss, und war heilfroh, dass sie weiterrühren und ihm wenigstens den Rücken zudrehen konnte.
    »Lasst Euch nicht stören!«, rief er freundlich. »Ich brauche nur ganz kurz Eure Hilfe.«
    »Was habt Ihr hier zu suchen?«, knurrte Kassian. »Ich bin lediglich den beiden Herren Kämmerer und Hofmeister unterstellt. Falls also Meister Rainer glaubt, er könne …«
    »Genau der hat mich hergeschickt.« Merwais’ Blicke glitten durch den Raum. »In diesen Zeiten müssen wir alle mit anfassen, wenn es nottut. Seine Hoheit wünscht für die morgige Mummerei warme Weincreme, um die Damen und Herren während des anstrengenden Tanzens zu stärken. Allerdings befürchtet der Hofkoch, dafür nicht genug Eier zur Hand zu haben. Ihr könnt ihm doch sicherlich aushelfen?«
    »Und Ihr seid jetzt hier, um diese Eier höchstpersönlich zum Küchenmeister zu bringen?« Ein lautes, fröhliches Lachen.
    »Es genügt, wenn ich mich vergewissere, dass genug zur Verfügung stehen. Den Rest können dann freundlicherweise Eure Küchenjungen erledigen.«
    Kassian führte den Juristen zum Hintereingang.
    »Nichts als Eier«, sagte er. »Körbeweise. Genügend jedenfalls, um hungrige Hundertschaften zu beköstigen.«
    »Diese gute Nachricht will ich gern gleich weitergeben.« Merwais war einfach weitergegangen, hinaus in den kleinen Flur, geradewegs auf die Tür zu, die Kassian nach dem Vorfall mit Sebi besonders sorgfältig verschlossen hielt. »Und was befindet sich hier drin?«, fragte er. »Noch mehr Eier?«
    Lena spürte, wie ihre Nackenhärchen sich aufrichteten.
    »Unter anderem.« Kassian brachte das Kunststück fertig, mit fester Stimme zu antworten. »Leuten wie Euch, die sich Tag für Tag unter Aktenstaub begraben, fehlt vermutlich jegliche Vorstellung davon, wie viel Menschen bei einer Hochzeit vertilgen können. Wir dagegen in der Küche wissen es.«
    Merwais drückte auf die Klinke.
    »Abgeschlossen«, sagte er. »Weshalb? Fürchtet Ihr Diebe, Kassian? Oder wird hier etwas besonders Wertvolles gelagert?«
    »Schlechte Menschen gibt es überall.« Jetzt war die Stimme kurzatmig geworden. »Da ist es manchmal besser, gewisse Vorkehrungen zu treffen.«
    »Da habt Ihr recht. Könnt Ihr mir bitte aufschließen?«
    »Wozu die Umstände? Sind die Zeiten nicht ohnehin schon aufreibend genug – für jeden von uns? Wir stecken mitten in den Hochzeitvorbereitungen und wissen vor lauter Arbeit nicht mehr ein noch aus. Und außerdem sind wir gerade am Essen.« Kassian rang hörbar nach Luft. »Lena, der geschätzte Herr Doktor möchte doch sicherlich von deinem Mandelhuhn probieren. Bring sofort einen weiteren Topf zum Tisch! Warum haben wir überhaupt so lange damit gewartet? Der Ärmste ist ja schon ganz blass um die Nase herum.«
    Jetzt gab es keinen mehr in der Gesindeküche, der auch nur einen Mucks von sich gegeben hätte.
    Sie wissen es alle, dachte Lena, während sie tat, was er ihr aufgetragen hatte. Es gelang ihr, den Topf auf den Tisch zu platzieren, ohne etwas zu verschütten, obwohl sie so zittrig war wie selten zuvor. Und ich dumme Gans hab die ganze Zeit gedacht, ich wäre die Einzige. Wie töricht ich mich doch aufgeführt habe!
    »Da seid Ihr wohl im Recht«, sagte Johannes Merwais nach einer langen, langen Weile. »Die Zeiten

Weitere Kostenlose Bücher