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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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verlangen uns einiges ab, und dennoch leisten wir es mit freudigem Herzen, um Seiner Hoheit zu dienen, dem Erzherzog von Tirol, der uns so großzügig tränkt und speist. So ist es doch?«
    Er ließ von der Tür ab, ging in aller Ruhe zum Tisch, nahm einen Holzlöffel, tunkte unbefangen ein, als sei er einer der Küchenleute, und begann zu essen. Nach den ersten Bissen schloss er die Augen. Ein Ausdruck reinster Verzückung erschien auf seinem Gesicht.
    »Eines nur kenne ich auf der Welt, was mich noch glück licher machen könnte«, sagte er und leckte sich über die Lippen. »Frische Krapfen zur Nachspeise.«

     
    »Ich verbrenne! Seid Ihr wahnsinnig geworden?«
    »Ein kleines Weilchen noch, Euer Hoheit!«
    »Wollt Ihr mich bei lebendigem Leib rösten?«, schrie der Herzog.
    »Wenn Ihr ruhig liegen bleibt und schweigt, schont Ihr Eure Kräfte. Dann könnt Ihr es in der Schwitzkammer sogar noch länger aushalten. Denn wenn jetzt all die Festlichkeiten auf Euch zukommen, solltet Ihr doch …«
    »Ihr seid dazu da, um mich zu kurieren, nicht, um mich zu erziehen! An Letzterem hat sich schon mein Onkel die Zähne ausgebissen, als ich noch ein unreifer Knabe war. Ein Sigmund von Tirol tut, was immer er will, so hat er schon immer gelebt – und genauso wird er eines Tages auch sterben.« Seine Stimme wurde schrill. »Jetzt holt mich hier gefälligst raus, sonst könnt Ihr was erleben!«
    Cornelius van Halen öffnete die Tür. Ein Schwall heißer Luft kam ihm entgegen, der ihm sofort Schweißperlen auf die Stirn trieb.
    »Ich hätte gar nicht gedacht, dass Euer Tiroler Zirbelholz die Wärme so gut hält«, sagte er. »Muss sagen, ich bin mehr als zufrieden.«
    »Zufrieden – womit? Mit dieser hässlichen Kammer, in der man verrückt wird, weil sie so eng und heiß ist? Oder vielleicht damit, dass ich schwitze und stinke wie ein brünstiger Bock?«, rief der Herzog aufgebracht. »Wenn das die Gicht vertreiben soll …«
    »Es gibt nichts Besseres! Die schlechten Stoffe werden ausgeschwemmt, Eure Gelenke dadurch gespült und somit erleichtert. Wenn Ihr anschließend ausreichend trinkt, kann Euer Körper neue Kräfte tanken.« Der Medicus rief die Diener herbei, die Sigmund nun mit kaltem Wasser aus irdenen Krügen begossen, abtrockneten und anschließend in weiche Tücher hüllten. »Jetzt noch das lauwarme Fußbad!«, befahl er. »Ja, genauso ist es richtig.«
    »Ihr macht einen rechten Tropf aus mir«, klagte der Herzog und starrte auf seine mageren, blaugeäderten Beine. »Wenn meine junge Braut mich so sehen könnte – Reißaus würde sie auf der Stelle nehmen, das ist gewiss. Wieso gebt Ihr mir nicht einfach jenes Mittel, das neulich so schnell gegen die Gicht geholfen hat?«
    »Weil die Teufelswurz äußerst giftig ist und nur selten und dann in winzigen Dosen verabreicht werden darf. Außerdem wirkt sie nur bei einem akuten Anfall. Aber genau dem wollt Ihr doch jetzt mit aller Kraft vorbeugen.« Van Halen streckte sich, und der Sessel, auf dem er Platz genommen hatte, schien zu eng für seine gewaltige Leibesfülle. »Im Norden schwören die Leute auf dieses Mittel. Dort haben sie alle kleine Hütten aus Holz, in die sie sich regelmäßig zum Schwitzen zurückziehen. Damit lassen sich die meisten Krankheiten erfolgreich austreiben.«
    »Diesen Bären könnt Ihr getrost anderen aufbinden!«
    »Das hab ich mit eigenen Augen gesehen. Viele Male. Als ich jung war und zur See gefahren bin«, erwiderte van Halen gelassen. »Ich kenne den Norden, müsst Ihr wissen.«
    »Zur See? Ausgerechnet Ihr?«, spottete der Herzog.
    Van Halens Lächeln verschwand.
    »Ich bin nicht als Fass auf zwei Beinen zur Welt gekommen, falls Ihr das meint, Euer Hoheit. Es gab durchaus Zeiten, da selbst ich rank wie eine Tanne war. Und dazu so wendig und behände, dass ich so manchen das Fürchten gelehrt habe.« Ein Wink von ihm, und die Diener schafften das Fußbad wieder fort. »Jetzt trinkt, und zwar so viel Ihr nur könnt!«
    Der Herzog setzte den Becher an, ließ ihn jedoch nach wenigen Schlucken wieder sinken.
    »Ich bin nun mal kein Freund des Gänseweins«, murrte er. »Wenn Ihr mir allerdings stattdessen einen schweren Tokaier offeriert, sage ich nicht Nein.«
    »Trinken«, beharrte van Halen, »nicht reden!«
    Missmutig gehorchte Sigmund.
    »Und jetzt streckt Euch aus und ruht eine Weile! Ihr werdet Euch vielleicht ein wenig müde fühlen und anschließend wunderbar schlafen. Morgen dann, das verspreche ich Euch, verspürt Ihr eine

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