Die Hexe und der Herzog
fanden, deren zierliche Brokatmanschetten fast bis zu den Fingerspitzen reichten. Ein kleines Vermögen hatte Alma dafür investiert, Leopolds Vorhaltungen zähneknirschend auf sich genommen, denn sie wusste, es würde sich lohnen. Wie eine Königin sah sie in ihrer Robe aus, war die mit Abstand am prächtigsten gekleidete Dame des Abends.
Beinahe hätte sie aufgelacht, als sie mit ansehen musste, wie der Herzog nun die Farandole ausgerechnet mit der Frau seines Kämmerers anführte, einer fetten Kuh, die schon wieder schwanger zu sein schien. Sollte sie nur zirpen und locken, so viel sie wollte – Weiber wie sie waren garantiert nicht nach Sigmunds Geschmack.
Alma hatte mehr getrunken als gewöhnlich, um ihre Aufregung hinunterzuspülen, und merkte plötzlich, dass sie nicht mehr ganz sicher auf den Beinen war. Dafür dröhnte die Musik der Flötisten, Trommler und Trompeter umso lauter in ihren Ohren. Zum Glück hielt mittlerweile wenigstens dieser Spielmann sein freches Maul, der zuvor an der Tafel derart unverschämte Verse auf den Herzog und seinen Hof geschmiedet hatte, dass sie geglaubt hatte, nicht richtig zu hören. Seinen Dreistigkeiten würde sie als Erstes das Handwerk legen, sobald sie nur wieder den Rang einnahm, der ihr als Einziger gebührte.
Sie musste für einen Moment etwas abwesend gewesen sein, denn plötzlich stand der Herzog vor ihr, ohne dass sie sein Kommen wahrgenommen hätte. Durch die schmalen Schlitze der Maske sah sie seine Augen funkeln. Er verneigte sich förmlich, nahm ihre Hand und führte sie zum Tanz.
Almas Herz schlug so heftig, dass sie schon fürchtete, es könne das enge Mieder sprengen. Zum Glück hatten die Musiker soeben mit der Pavane begonnen, einem langsamen Schreittanz, der ihr halbwegs Luft zum Atmen ließ. Zuerst blieben sie beide eine Weile stumm, schließlich aber neigte Sigmund den Kopf zu ihr und begann zu reden.
»Ich muss mich entschuldigen«, sagte er. »Ich war in letzter Zeit nicht immer freundlich zu Euch.«
Es wirkte! Der Zauber dieser alten Hexe hatte sich über ihn gelegt. All ihre Mühe trug Früchte.
Alma rang nach den passenden Worten.
»Es macht mich unendlich glücklich, dass Ihr zu dieser Einsicht gelangt seid«, sagte sie. »Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie glücklich.«
»Ich bin in mich gegangen und habe mich gefragt, womit ich Euch versöhnen könnte. Ich wünsche mir so sehr, wieder Euer fröhliches Lachen zu hören. Mein Herz schmerzt, wenn ich Euch so niedergeschlagen und verbittert sehe, Alma.«
»Das bin ich doch gar nicht«, widersprach sie heftig und musste an der Schleppe zerren, die sich zwischen ihren Beinen verheddert und sie beinahe zu Fall gebracht hatte. »Und wenn Ihr mich wieder lachen hören wollt, so gibt es nichts Einfacheres als das. Ihr allein kennt meine Gefühle, allerliebster Sigmund. Ihr wisst, dass ich Euch stets und immer gehören …«
Er war so plötzlich stehen geblieben, dass die ganze Reihe der Tanzenden ins Stocken kam. Eine halblaute Entschuldigung murmelnd, setzte er sich erneut in Bewegung. Die anderen taten es ihm nach.
»Ich möchte Euch eine Freude bereiten«, begann er. »Ich habe nachgedacht, mit mir gerungen, und dabei ist mir schließlich das Richtige in den Sinn gekommen. Ja, ich denke, es könnte sogar Euer heimlichster Wunsch sein, den laut zu äußern Ihr bislang aus den verschiedensten Gründen noch nicht gewagt habt.«
Almas Hände waren plötzlich schweißnass. Diese ausgekochte Alte aus der Silbergasse! Recht gehabt hatte sie – mit jedem einzelnen Wort, das sie ihr prophezeit hatte.
»Wenn Ihr nur wüsstet, wie sehr ich diesen Augenblick herbeigesehnt habe!«, murmelte sie. »Ich fürchtete schon, er würde niemals mehr kommen.«
»Dann soll Euer qualvolles Warten nun ein umso rascheres Ende finden.«
Sigmund ließ sie los, klatschte munter in die Hände und riss sich danach die Mumme vom Gesicht. Sein Mund war zu einem breiten Lächeln verzogen. Die Augen strahlten.
»Und so lautet mein Geschenk: Ihr, Alma, sollt die künftige Hofmeisterin meiner Gattin sein.«
Lena biss die Zähne zusammen, als sie die schwere Kupferschüssel die Stufen hinauf zum Tanzsaal schleppte, und die Küchenjungen, die ihr folgten, machten es sicherlich nicht viel anders. Erleichtert stellte sie ihre Last auf den Tisch neben dem Eingang und sah sich verstohlen um.
All diese Kerzen, die den langen Raum fast taghell erleuchteten! Und die Gewänder der Damen, schimmernd und bunt wie eine
Weitere Kostenlose Bücher