Die Hexe und der Herzog
lange nicht mehr erlebte Erfrischung.« Er wuchtete sich aus dem Sessel. »Ich lasse Euch jetzt allein, Euer Hoheit.«
»Halt! Wartet! Da gibt es noch etwas, das ich mit Euch bereden muss.«
Van Halen war stehen geblieben.
Sigmund räusperte sich. »Nun ja, es fällt mir nicht leicht, davon anzufangen, aber es muss sein. Ich brauche diesen Erben, versteht Ihr? Ich kann es mir nicht leisten, bei meinem jungen Weib zu versagen. Helft mir dabei!«
Der Medicus begann erneut zu lächeln.
»Und das ausgerechnet aus Eurem Mund, Hoheit? Landauf, landab wüsste ich keinen Einzigen, der seine Manneskraft deutlicher unter Beweis gestellt hätte«, sagte er. »Zeugen nicht Dutzende kräftiger Knaben und Mädchen davon? Warum also solltet Ihr an der Kraft Eurer Lenden zweifeln?«
»Genau das tue ich aber«, rief der Herzog. »Natürlich gibt es all diese Bankerte, aber die meisten von ihnen stammen aus früheren Zeiten, und heute bin ich nicht mehr jung. Meiner geliebten Leonora konnte ich kein Kind machen, so sehr wir uns auch bemüht haben. Kein einziges Mal war sie schwanger, in all den langen Jahren, obwohl wir immer wieder neue Hoffnung schöpften. Wie traurig uns das beide gemacht hat!«
»Es kann an der Frau liegen, wenn sie kein Kind empfängt.« Die Stimme des Medicus war ruhig. »Eine Erkrankung der inneren Organe möglicherweise, eine Schwächung der Säfte...«
»Nein, das war es nicht!«, fiel der Herzog ihm ins Wort. »Meine Leonora trug keinerlei Schuld. Es lag allein an mir, das weiß ich heute. Es ist der Teufel, der meinen Samen vergiftet hat.«
»Wie kommt Ihr ausgerechnet darauf?«
In seiner wachsenden Erregung hatte der Herzog alle ärztlichen Ermahnungen vergessen und sich aufgesetzt.
»Weil ich Schuld auf mich geladen habe«, sagte er. »Und dafür lässt Gott mich büßen. Es sind die Jungfrauen, wenn Ihr versteht, was ich meine. Die Jungfrauen, die mich um den Verstand bringen. So war es, seit ich zum Mann geworden bin. Und so ist es noch heute.« Sein Gesicht zeigte rötliche Flecken, der Blick flackerte.
»Wenn Ihr Euch weiter so ereifert, werden die schlechten Säften gleich wieder zu fließen beginnen, und all die mühsame Entlastung war umsonst«, rief van Halen besorgt. »Mit welch seltsamen Gedanken Ihr Euch doch quält, Euer Hoheit! Lasst die Jungfrauen doch Jungfrauen sein!«
»Genau das aber kann ich nicht«, flüsterte Sigmund. »Versteht Ihr? Es gibt da etwas, das stärker ist als ich. Ich muss der Erste sein, der diese zarte Pforte bezwingt. Sogar mit Gewalt. Auch, wenn sie sich mit aller Macht dagegen wehren, wie es …« Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als wolle er etwas wegwischen.
»Und jetzt habt Ihr Bedenken, obwohl bald eine Jungfrau im Brautbett auf Euch wartet?«
»Warum begreift Ihr denn nicht, was ich Euch beibringen will? Bei Katharina verhält es sich anders. Bei ihr muss es gelingen, sie zu schwängern, auch wenn diese Teufelsstrafe auf mir lastet.« Sein Blick wurde flehend. »Ein Mittel, irgendein probates Mittel, van Halen! Eine kleine Stärkung. Mehr ist es ja gar nicht, was ich von Euch verlange.«
Van Halens Gesicht war unbewegt.
»Lasst mich nachdenken, Euer Hoheit!«, sagte er. »Meine Bücher bergen viele Geheimnisse. Ich bin sicher, sie werden mir das Richtige offenbaren.«
Wie munter er beim Saltarello hüpfte und sprang, wie ein Junger, der noch allen Übermut in den Beinen hatte! Etwas musste mit Sigmund geschehen sein, das Alma nicht ganz verstand. Ob er auf einen Jungbrunnen gestoßen war, der ihn die Last der Jahre über Nacht vergessen gemacht hat?
Sie war froh, dass die Mumme ihr Gesicht verbarg, denn so war es leichter, den Herzog ungestört zu beobachten. Er war allerbester Laune, hatte sich zuvor an der Tafel mit Essen und Trinken allerdings auffallend zurückgehalten, schien aber umso entschlossener, allen anwesenden Damen den Hof zu machen. Mit der kleinen Gräfin hatte er schon dreimal getanzt, ihre pummeligen Hände dabei an sein Herz gedrückt, als habe er es an sie verloren. Doch von diesen Gesten ließ Alma sich nicht beeindrucken.
Sie wartete auf ihren Augenblick und sie wusste, er würde bald kommen. Ihr schönstes Kleid hatte sie für dieses Fest bereitlegen lassen, ein Gewand aus rotem Samt mit üppigem Faltenwurf, das tief ausgeschnitten war und so eng geschnürt, dass ihre schmale Taille perfekt zur Geltung kam. Breite Brokatbänder in Weinrot und Gold zierten es, die sich auch auf den bauschigen Ärmeln
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