Die Hexe und der Herzog
gern auf der Gasse fortsetzen!«
Verblüfft starrten die Trauergäste ihr nach, als sie mit schwingenden Hüften zurück in die Küche schritt, wo Bibiana über einem großen Kessel schwitzte. Eigentlich war ja heute Lenas freier Tag, den Küchenmeister Matthias Rainer einigen besonders Fleißigen großzügig eingeräumt hatte, weil sie von nun an wegen der bevorstehenden Fürstenhochzeit kaum noch zum Schlafen kommen würden. Doch ein Blick auf die rotgeränderten Augen der schwarzen Els, die schniefte, bellend hustete und die letzten Nächte kaum mehr als ein paar Mützen Schlaf abbekommen hatte, hatte sie dazu gebracht, eine saubere Schürze umzubinden und wortlos mit anzupacken.
»Einfach widerwärtig find ich ihn, diesen aufgeblasenen Gockel mit seinem Wanst und den Spindelbeinchen!«, sagte Lena, während sie aufmerksam dabei zusah, wie Bibiana behutsam den Reis umrührte, der in heißer Mandelmilch garte. »Und die Alte neben ihm könnte gut und gern als des Teufels Großmutter durchgehen. Seine tote Frau hat er auch schon ersetzt mit einer, die kaum halb so alt ist wie er!«
»Gundis, seine kleine Schwägerin«, kommentierte Rosin, die plötzlich in der Küche aufgetaucht war und von Els und Bibiana freudig begrüßt wurde, »die Stiefschwester der Toten.«
Nicht zum ersten Mal spürte Lena, dass diese Frauen etwas verband, was sie ausschloss, und die heftige Neugierde, die sie schon öfter geplagt hatte, meldete sich erneut.
»Ein Wunder, dass sie mich überhaupt eingeladen haben, aber der Brauch verlangt ja, dass die Totenwäscherin mit am Tisch sitzt. Die beiden scheinen es so eilig zu haben, dass sicherlich schon bald die Hochzeitsglocken läuten.«
Els warf einen Blick durch die halb angelehnte Tür in den Gastraum, der heute spärlicher als sonst besucht war.
»Die nächste Kindstaufe wird wohl auch nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen«, sagte sie. »Diese Kleine mit dem Flammenhaar und den prallen Hüften hat erst neulich Barbara auf Knien angefleht, ihr aus der Patsche zu helfen. Scheint aber, als hätte sich ihr Problem in der Zwischenzeit auf andere Weise erledigt.«
»Wenn das Margarete sehen könnte!« Rosin senkte die Stimme. »Dabei war sie noch vor wenigen Tagen putzmunter, voller Vorfreude auf das künftige Leben mit ihrem unerwarteten Nachzügler. Dann aber hat Ambros wohl endgültig die Lust am Warten verloren.«
»Du meinst, er hat sie noch im Kindsbett …« Els’ Augen schienen auf einmal noch dunkler.
»Darauf könnte ich wetten. Und die Nachfolgerin auch schon griffbereit. Was könnte praktischer sein?«
Rosin strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. Ihr feines Gesicht mit der hohen Stirn verzog sich unmutig.
»Barbara hat mir erzählt«, fuhr sie fort, »wie wutentbrannt er auf sie losging, als sie ihm auf den Kopf zusagte, dass wohl einzig und allein seine unvernünftige Geilheit Margaretes Wochenfieber hervorgerufen habe. Hinausgeworfen hat er sie, unter Flüchen, ihr Beelzebub und vieles andere mehr an den Hals gewünscht. Bin gespannt, wie weit er noch gehen wird. Wäre ja nicht das erste Mal, dass einer versucht, der Wehmutter etwas anzuhängen, wenn es eine Tote zu beklagen gilt.«
»Er soll noch einmal wagen, ein Wort gegen Sebi zu sagen!« Lena klang zornig. »Dann wird er mich kennenlernen!«
»Lena hat deinen Kleinen verteidigt wie eine Löwin.« Rosin lächelte. »Und dem eitlen Bader tüchtig eins aufs Maul gegeben. Besser hättest du es auch nicht machen können, Els!« Sie strich der Freundin über den Arm. »Du wirst jetzt ganz schnell wieder gesund, und ich geh zurück zum Leichenschmaus. Säcklin ist ein einflussreicher Mann – bis hinauf in die Hofgesellschaft. Kann mir leider nicht leisten, dass er seine schwarze Galle auch noch über mich ausgießt.«
Bibiana tauchte den Löffel in den Reis und kostete.
»Zucker und Mohn fehlen noch. Aber das Abschmecken machst jetzt du!«, befahl sie Lena. »In der Herzogsküche musst du ja schließlich auch zeigen, was du kannst, wenn du dich behaupten willst.«
Lena gehorchte, gab reichlich Zucker in die Mandelmilch und eine großzügige Handvoll gemahlenen Mohn. Dann probierte sie.
»Das Aroma könnte tröstlicher nicht sein.« Sie lächelte. »Ich lerne so gern von dir, Bibiana. Du weißt einfach alles übers Kochen. Zu schade, dass ich dich morgen früh nicht einfach mitnehmen kann, damit mir die Hechtsuppe auch wirklich gelingt!«
»Von mir aus brauchtest du nicht mehr zurück«,
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