Die Hexe und der Herzog
war!
Abwechselnd blass und rot war Lena geworden, als der Spielmann plötzlich in der Küche vor ihr stand, um ihr zu sagen, dass er sie zur Herzogin bringen sollte.
»Aber woher hast du gewusst, dass ich hier bin?« Sie schielte an sich hinunter. Heute war beim besten Willen kein Staat zu machen, das Kleid schmutzig, die Schürze zerrissen, nicht einmal die guten, aber unbequemen Stiefel hatte sie angezogen, weil sich in ihnen der Tag in der Gesindeküche noch länger anfühlte, als er ohnehin schon war.
»Dich finde ich überall, Lena. Weil ich so oft an dich denken muss. Und jetzt beeil dich! Die hohen Herrschaften warten schon auf dich.«
»Ist dein Vater auch dabei?« Jetzt war es heraus, bevor sie noch richtig nachgedacht hatte.
»Der Herzog?« Niklas lachte. »Ich glaube kaum, dass er einen wie mich als Sohn betrachtet. Wir sind seine Abkömmlinge – nicht mehr und nicht weniger. Ich hab ein paar von uns zusammengetrieben, damit sie dem jungen Paar ein Ständchen bringen. Schön, dass die beiden Hochzeiter sich jetzt so gut verstehen!«
Wie immer wusste er über alles bestens Bescheid. Und schmuck sah er aus in seiner blauen Schecke, die so knapp geschnitten war, dass sein festes Hinterteil besonders gut zur Geltung kam. Es machte sie verlegen, hinter Niklas die Stufen zum Frauenzimmer hinaufzusteigen. Plötzlich fühlte ihr Kopf sich ganz leer an, als seien alle klugen Gedanken daraus wie von Zauberhand verschwunden.
Vor einer breiten Tür blieb Niklas stehen.
»Die kleine Herzogin mag dich«, sagte er. »Was ich nur allzu gut verstehen kann. Und wenn du jetzt für sie kochst, können wir uns öfter sehen. Willst du das auch, Lena?«
Sie nahm ihren Mut zusammen und nickte.
Niklas hob die Hand, berührte zart ihre Wange. »Du kennst ja noch gar nicht mein neues Lied«, sagte er. »Dabei hab ich es nur für dich gedichtet. Ich bin vernarrt in deine Augen licht und warm …« Er lächelte. »Den Rest der Strophe muss ich dir ganz bald einmal ins Ohr flüstern.«
Er klopfte kurz an und schob Lena hinein.
Im ersten Moment blendete sie das Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel, so stark, dass sie die einzelnen Personen kaum erkennen konnte. Sie machte ein paar unsichere Schritte, da war der kleine weiße Hund schon bei ihr, sprang an ihr hoch und wedelte.
»Tritt näher, Lena!«, sagte die Herzogin. »Fee erkennt dich wieder, sie mag dich. Und auch ich freue mich, dich zu sehen.«
»Wie geht es Ihrer Hoheit?«, sagte Lena, weil ihr nichts Besseres einfiel. Nachts in der Küche hatte sie damals einfach drauf losgeredet, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Aber jetzt, wo alle sie erwartungsvoll anstarrten? Himmel – sie hatte nicht die geringste Ahnung, was man zu einer Herzogin sagen durfte.
Glucksendes, fröhliches Lachen war die Antwort. Katharina, die auf einem Ruhebett saß, strich ihren Rock glatt. Hinter ihr stand mager und groß eine andere Frau.
»Ich möchte dich in Zukunft gern in meiner Nähe haben.« Katharina lächelte. »Dass du gut kochen kannst, weiß ich inzwischen. Das sollst du ab jetzt für mich und das gesamte Frauenzimmer tun, das bald schon wesentlich größer sein wird, wenn ich erst einmal meine Hofdamen ausgewählt habe.« Sie drehte sich halb nach hinten um. Alma von Spiess traf ein scharfer Blick. »Bist du damit einverstanden, Lena?«
Mit einem Mal war Lena derart aufgeregt, dass sie nicht antworten konnte.
»Sie schweigt!«, rief Thomele, der unversehens unter dem Ruhebett auftauchte. Seine Narrenglöckchen bimmelten, als er einen ungelenken Purzelbaum schlug. »Dabei ist sie sonst ganz und gar nicht auf den Mund gefalle, wenn ich mich richtig entsinne.«
Er kam näher, stellte sich auf die Zehenspitzen und begann wie zuvor das weiße Hündchen übertrieben an Lena zu schnuppern. Am liebsten hätte sie ihn mit einem Klaps verscheucht, aber das wagte sie jetzt nicht.
»Aber stinken tut sie«, rief der Hofzwerg, »noch immer ein wenig nach Stall, unser kleiner Bauerntrampel.«
Niemand lachte. Thomele verzog sich schmollend nach hinten.
»Es ist mir eine große Ehre, Euer Hoheit.« Lena versank in einen tiefen Knicks. »Ich werde alles tun, um Euch …«
»Keine Umstände, meine Liebe!« Die vollen Wangen Katharinas hatten sich sanft gerötet. Wohlig und zufrieden sah sie aus in ihrem Kleid, das die gleiche Farbe hatte wie die blauen Edelsteine um ihren Hals.
»Darf ich Vily mitbringen?«, fragte Lena. »Das ist der Küchenjunge, mit dem ich am liebsten
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