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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Komm, Sebi, es ist allerhöchste Zeit!«
    Der Junge rührte sich nicht. Nach einer Weile rutschte er auf der Bank weiter, bis er ganz am Rand angelangt war. Dort erst öffnete er sein Kästchen, kramte lange darin herum, bis er endlich einen glatten, runden Gegenstand herauszog und ihn auf den Tisch legte.
    »Das ist für Euch«, sagte Els erstaunt. »Ein Geschenk.«
    Niklas nahm den Kieselstein, wog ihn in der Hand und steckte ihn dann in sein Wams.
    »Werd ihn stets und immer in Ehren halten«, sagte er mit breitem Lächeln. »Sei herzlich bedankt, kleiner Mann!«
    Er setzte sich wieder und leerte seinen Becher. Erst viel später stand er auf und verließ mit knappem Nicken zu Els den »Goldenen Engel«, während Lena immer noch in der Küche hantierte.
    »Kein Wort hast du mir von ihm erzählt«, sagte Els, nachdem die Gäste gegangen waren und sie zusammen die Wirtsstube sauber machten. Das Mädchen hatte das Fegen übernommen, während Els die Tische mit Pottasche reinigte. »Ist schon ein ausgenommen schmucker Kerl, dein Niklas! So einer hätte mir früher auch gefallen können. Und wie er dich ansieht – ich sage dir, Lena, der hat richtig Feuer gefangen.«
    »Er ist nicht mein Niklas. Und es war auch nicht meine Idee, dass er mir bis hierher gefolgt ist.«
    »Weil du lieber wieder einmal alles für dich behalten hättest?« Els unterbrach das Putzen und schaute auf. »Wie schon so oft.«
    Die Blicke der beiden trafen sich.
    »Muss ich irgendwie von dir haben«, murmelte Lena. »Diese Vorliebe für Geheimnisse.«
    Eine Weile war es ganz still.
    »Hat er aber auch ehrliche Absichten?«, fragte Els weiter. »Denn du musst wissen, Lena, diese Spielleute sind oftmals Männer, die es damit nicht so genau nehmen …«
    »Genau aus diesem Grund hab ich nichts gesagt«, unterbrach Lena sie. »Weil ich mir schon im Voraus ausmalen konnte, was ich zu hören bekommen würde. Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn ja kaum. Und geschehen ist auch noch nichts zwischen uns – wenn dich das ruhiger macht.« Jedenfalls fast nichts, setzte sie für sich hinzu.
    »Das tut es allerdings. Doch so schnell kommst du mir nicht davon. Einmal ganz ehrlich: Dein Herz schlägt schneller, wenn du ihn siehst, und du fängst an, lauter Dinge zu sagen, die du eigentlich gar nicht sagen wolltest …«
    Lena starrte sie an. Woher wusste Els das?
    »Ins Schwarze getroffen, habe ich recht? Sieh dich vor, Lena! Männer wie Niklas können einem im Vorbeigehen das Herz brechen. Es dauert sehr, sehr lange, bis es danach wieder heilt – wenn überhaupt. Falls dann noch ein Kind kommt …« Sie seufzte. »Deine Mutter beispielsweise …«
    »Meine Mutter hatte zuerst einen Mann und dann ein Kind, wenn ich es richtig sehe, und genauso werde auch ich es halten. Ich hab nur mit ihm geredet – geredet , Els!«
    »Dann ist es ja gut.« Els setzte die Säuberung fort. »Und ich hoffe, du bleibst auch weiterhin so klug, wenn du denn schon unbedingt deinen Dickschädel durchsetzen und weiterhin in dieser Hofburg kochen willst! Aber spielen und singen kann er, das muss man ihm lassen. Und wie behutsam er mit Sebi umgegangen ist! Der Kleine hatte sofort Vertrauen. Dass er für einen vollkommen Fremden sein Schatzkästchen öffnet, hab ich noch nie erlebt.«
    Sie war inzwischen ganz hinten angelangt, und Lena war froh, dass sie am anderen Ende war und beim Kehren zudem zu Boden schauen musste. Könnte dir noch eine ganze Menge über meinen Spielmann erzählen, dachte sie. Zum Beispiel, dass er einer der herzoglichen Bastarde ist. Ob dir das wohl gefallen würde? Und herrlich küssen kann er. Seine Augen sind so blau wie ein Junihimmel und seine Verse bisweilen so frech, dass man aus dem Erröten gar nicht mehr herauskommt …
    »Träumst du, Lena?« Els’ Stimme holte sie unsanft in die Gegenwart zurück. »Dann wach besser ganz schnell wieder auf!«
    Wieder ein langer stummer Blickwechsel.
    »Ich kann dir übrigens die Frage beantworten, die du mir vorhin im Vorübergehen gestellt hast«, sagte Lena dann. »Ja, stell dir vor, ich weiß, wo Pater Institoris abgeblieben ist: Er kuriert sein Leiden in der Hofburg aus. Unter der wachsamen Betreuung von Medicus van Halen.«

     
    Er saß auf einem Stuhl neben dem Fenster, als sie nach leisem Klopfen eintrat. Seine Augen waren geschlossen, als ob er schlafe. Für einen Augenblick zögerte Alma von Spiess, dann kam sie dennoch näher, nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte. Neben dem Bett standen mehrere

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