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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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den sie verströmte. »Ich kann neue Freunde gut gebrauchen. Und hoffe, dass ich von nun an auch Euch zu ihnen zählen darf.«
    Sie hatte Leopold von Spiess beeindruckt, das spürte Katharina, als er sich unter Verneigungen zurückgezogen hatte. Aber hatte sie ihn tatsächlich für sich gewinnen können?
    Jetzt tat es gut, ein paar Momente ganz allein zu sein, in diesem schäbigen Zimmer, in dem ihre Jungmädchenträume soeben mit einem Knall zerplatzt waren. Man hatte sie getäuscht – vorsätzlich und mit gehöriger Raffinesse. Sogar ihr misstrauischer Vater war diesen heuchlerischen Brautwerbern aus dem fernen Tirol auf die Leimrute gegangen. Natürlich würde sie ihm schriftlich darüber berichten – aber erst, sobald sie sich gänzlich Klarheit verschafft hatte.
    »Merwais. Merwais...« Sie murmelte diesen Namen vor sich hin, und ganz allmählich tauchte das dazu passende Gesicht vor ihr auf: ein blasser, junger Mann mit schütterem Haar und freundlichen Augen. Vielleicht demnächst schon ihr wichtigster Verbündeter.
    Fee war aus ihrem Schlummer erwacht und kam wedelnd angelaufen. Die Herzogin bückte sich, um sie zu streicheln, und war erstaunt über sich selbst, als sie sich wieder aufrichtete. Noch vor wenigen Monaten wäre sie bei sehr viel geringeren Anlässen in Tränen ausgebrochen und hätte sich schmollend tagelang im Zimmer eingeschlossen, heute aber verspürte sie vor allem eines: nagenden Hunger.
    »Babette«, rief sie, »lass Lena rufen! Und sie soll so viel wie möglich von dem köstlichen Osterkuchen mitbringen.«
    Das Mädchen, jüngste Tochter des Kämmerers Michel von Freiberg und von den dreien die angenehmste Hofdame, gehorchte sofort. Nicht lange, und Lena erschien, in den Händen ein Tablett mit verschiedensten Backwaren.
    »Von diesem Kuchen hier!« Katharinas rundlicher Finger deutete auf die torta della nonna . »Und den bäckst du ab jetzt gefälligst jeden Tag! Ich möchte, dass er immer für mich bereitsteht.«
    »Sehr gern, Euer Hoheit«, sagte Lena. »Doch meint Ihr nicht, er könnte Euch bald schon über werden?«
    Die Herzogin lachte und machte sich über den Kuchen her.
    »So wie den meisten Ehemännern tagaus, tagein dieselbe Frau?«, fragte sie mit vollem Mund. »Glaubst du, Lena, es gibt überhaupt noch Treue auf dieser Welt?«
    »Ich denke schon«, sagte Lena. »Wenngleich sie Frauen meist um einiges leichter fällt als Männern.« Dann aber musste sie an Hella denken, die ihren Andres ständig hinterging, und sie zog unschlüssig die Schultern hoch.
    Katharina schien ihre Geste misszuverstehen. »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte sie. »Ich will dich gar nicht ausfragen. Jeder braucht doch etwas, das nur ihm gehört. Eine Freundin zum Beispiel, damit man nicht so allein ist. Du hast doch sicher so eine Freundin?«
    Das Mädchen nickte. »Ihr kennt sie sogar«, sagte Lena. »Sie hat bei Eurer Hochzeit aufgetragen. Die junge Frau mit den geschlitzten Ärmeln.«
    »Diese hübsche Blonde? Warum bringst du sie nicht einmal mit hierher an den Hof? Sie machte den Eindruck, als könne man viel Spaß mit ihr haben.«
    »Ich fürchte, das ist keine so gute Idee, Euer Hoheit.«
    »Weshalb?«
    »Hella ist verheiratet. Mit einem sehr eifersüchtigen Mann.«
    »Dann kann er doch froh sein, wenn sie hier bei uns ist!«, rief Katharina. »Das Frauenzimmer der Herzogin ist über jeden Verdacht erhaben. Dieser …«
    »Andres Scheuber«, ergänzte Lena.
    »Der Münzschreiber in Hall?«
    »Genau der.«
    »Dieser Andres Scheuber«, fuhr die Herzogin fort, »kann es als Ehre betrachten, wenn ich sein Weib zu mir einlade. Wirst du deiner Freundin Bescheid geben?«
    Lena schluckte. »Das werde ich, Euer Hoheit«, sagte sie dann. »Müssen wir eigentlich noch lange die Speisen für den Pater zubereiten? Von den Küchenjungen will schon keiner mehr zu ihm hinaufgehen.«
    Die Herzogin schob ihren nahezu leeren Teller beiseite.
    »Ich kann sie gut verstehen«, sagte sie. »Auch mir ist alles andere als wohl in seiner Gegenwart, obwohl er uns ja allen noch die Beichte abnehmen möchte. Von den Gespenstern hat er uns gottlob befreit, aber ich werde trotzdem erst aufatmen, wenn er die Hofburg verlassen hat.« Jetzt wanderte auch das letzte Stückchen Kuchen vom Teller in ihren rosigen Mund. »Van Halen hat gesagt, der Pater sei bald wieder auf den Beinen. Es kann also nicht mehr allzu lange dauern.« Sie wischte sich die Lippen sauber. »Es hat wieder einmal überaus trefflich gemundet. Davon

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