Die Hexe und der Herzog
richtig gut!«
Niklas sang die nächste Strophe und die übernächste und gleich zwei weitere Lieder hinterher, die noch frecher waren und ebenfalls großen Beifall fanden.
»Den solltest du dir auf alle Fälle warmhalten, Els!«, rief ein anderer Gast. »Da zecht es sich ja noch viel besser bei dir als bisher!«
»Magst du mir deinen Begleiter nicht vorstellen, Lena?« Els’ schwarze Augen waren neugierig auf Niklas gerichtet.
»Niklas Pfundler, Trompeter«, sagte er mit einer artigen Verneigung. »Der aber auch einigermaßen die Laute schlagen kann, wie Ihr soeben gehört habt, die Flöte blasen, die Maultrommel zum Klingen bringen so gut wie jedes andere Instrument, das man ihm probeweise unter die Nase hält.«
Ein rascher Seitenblick zu Lena, die dastand wie versteinert.
»Es schien mir klüger, Eure Nichte nicht ganz allein durch die Nacht gehen zu lassen«, fuhr er fort, »sondern ihr stattdessen meine Begleitung anzubieten.« Er betrachtete Els eindringlich, dann begann er plötzlich zu lachen. »Nichte und Tante wollt Ihr beide sein? Für mich seht Ihr eher aus wie Schwestern.«
»Uns trennen auch nur dreizehn Jahre«, sagte Lena. »Das ist viel und wenig, je nach Betrachtung.«
Els schaute plötzlich so seltsam drein, dass Niklas nach einer Ablenkung suchte.
»Und nun, da wir sicher und heil hier angelangt sind«, rief er betont munter, »hätte ich allergrößte Lust auf einen anständigen Roten in Eurem schönen Gasthaus, werte Frau Wirtin.«
»Dann nehmt doch Platz, Trompeter!«, sagte Els. »Ennli wird Euch den Wein gleich bringen. Und du, Lena, kommst am besten erst einmal mit mir in die Küche.«
Niklas musste nicht lange warten, bis der Krug vor ihm stand, aus dem er sich großzügig bediente. Dabei beobachtete er, was um ihn herum geschah. Die Gäste schienen sich wohlzufühlen, und auch auf ihn übertrug sich die friedliche, satte Atmosphäre.
Nach einer Weile spürte er eine weiche Berührung an der Wade.
»Du bist das!« Er bückte sich, hob den schwarzen Kater zu sich auf die Bank und begann ihn zu streicheln. Pippo ließ es schnurrend geschehen.
Wieder eine Berührung, dieses Mal ein Zupfen am Ärmel und zwar von links.
Der kleine Junge mit dem zerzausten Blondhaar, der vorhin aufgewacht war, saß neben ihm, ein Holzkästchen fest an die magere Brust gepresst. Mit der freien Rechten tippte er vorsichtig auf das Holz der Laute.
»Du möchtest auch einmal spielen?«, fragte Niklas. »Dann komm, ich bring es dir bei!« Er wollte nach dem Jungen greifen, um ihn auf seinen Schoß zu ziehen, doch Sebi wich zurück.
Niklas begriff sofort. »Du willst nicht, dass ich dich anfasse? Meinetwegen, wir können es auch so versuchen. Schau mir zu, was ich tue, und mach es mir dann einfach nach! Aber zuerst muss ich dir meine Schöne erst einmal vorstellen, so gehört es sich bei uns: Das ist la Divina , die Königin aller Instrumente. Was so aussieht wie eine Birne, ist ihr Korpus, daran sitzt der schlanke Hals, auf dem die Saiten befestigt sind.«
Er schlug ein paar leise Töne an, dann gab er das Instrument an Sebi weiter. Dessen dünne Finger betasteten das Holz, danach die straff gespannten Darmsaiten. Der Junge zupfte, bekam aber nur Klägliches zustande.
»Ja, so einfach ist das nicht«, sagte Niklas. »Ich will dir auch sagen, warum. Noch bist du ihr sehr fremd, da hält meine Schöne sich natürlich vornehm zurück. Sie muss dich erst ein wenig besser kennenlernen, dann werdet ihr beide schon miteinander warm werden. Ich zeige dir, wie das geht.«
Er schlug den einfachsten Akkord. Sebi zögerte, dann versuchte er, es ihm nachzutun.
»Ausgezeichnet! Ich glaube fast, sie mag dich. Und gleich noch einmal.«
Die kleinen Finger griffen mehrmals kräftig daneben, doch beim letzten Versuch klang es fast rein.
»Was tut ihr hier?« Die schwarze Els stand plötzlich neben ihnen.
»Euer Junge lernt Laute spielen«, sagte Niklas. »Ich glaube fast, das könnte eine große Liebe werden.«
Els’ Gesicht verdüsterte sich. »Spottet nicht!«, sagte sie heftig. »Seht Ihr denn nicht, dass Sebi …«
»Ich sehe nur, dass er die Töne liebt und sie ihm guttun«, sagte Niklas sanft. »Nichts vermag so einfach und tief zu heilen wie Musik. Beim größten Kummer macht sie uns wieder fröhlich. Im ärgsten Leid schenkt sie uns neue Zuversicht. Das hat Euer Kleiner bereits verstanden.«
»Aber schlafen gehen muss er jetzt trotzdem«, sagte Els. »Er sollte schon längst in den Federn liegen.
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