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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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glitschigen Stein und betete ohne Unterlass, dass die Kerze lang genug brennen möge, bis sie zum Weiher kam. Je tiefer sie in den Bauch der Erde gelangte, umso höher stieg das Wasser. Sie war mittlerweile bis zur Taille durchnässt. Und immer wieder der Schmerz! Er wurde ihr schließlich zum Verhängnis. Als sie sich krümmte, stolperte sie, und dabei erlosch die Kerze.
    Sonderbarerweise wurde es trotzdem nicht dunkel. Sie rappelte sich auf und starrte den Gang hinab. Ein anderes Licht kam auf sie zu. Es schwankte, wurde also von jemandem getragen. Nein, flüsterte sie. Nicht noch mehr. Kein weiterer Schrecken.
    Ihr war nicht klar, was sie erwartete, aber auf keinen Fall das Wolfsgesicht, das plötzlich hinter dem Licht sichtbar wurde. Sophie blickte in eisblaue Augen, die in dem Fell eingebettet lagen. Einen Atemzug lang stand sie wieder vor dem Tor der Wildenburg und sah den Schimmel und seinen teuflischen Reiter – und genau diese Augen. Das Grauen verschloss ihr den Mund. Der Wolfskopf wuchs auf einer menschlichen Gestalt. Er stimmte also. Marx von Mengersen war ein Gestaltwandler. Und gerade jetzt ein Werwolf. Die Kreatur rief in einem gotteslästerlichen Fluch den Teufel an und warf sich auf sie.

   uerst dachte Julius, er hätte ein Tier vor sich – eine angeschossene Wildsau oder etwas Ähnliches. Das Ding besaß ein zottiges Fell und zuckte und stieß unartikulierte Schreie aus. Dann erblickte er einen kleinen, weißen Fuß und schließlich den Zipfel eines rosafarbenen Kleides und begriff: Dort in der Schlammkuhle am Ufer des stinkenden Weihers, halb verborgen vom Schilf, lag eine Frau. Sie kreischte sich die Seele aus dem Leib.
    Verstört fuhr er mit den Händen durch sein Haar und schaute durch den Schleier aus silbriger Luft, der das Tal nach dem nächtlichen Regenguss erfüllte, den Hang hinauf. Irgendwo hinter den Bäumen lag das Dorf Hecken, das Ziel seiner Reise. Alles drängte ihn voran. Und plötzlich hatte er eine schreiende Frau am Hals. Er fühlte sich hilflos. War sie vielleicht verletzt?
    Gut, genau genommen hatte er ja keine Eile. Heinrich war tot, und er wollte herausfinden, aus welchem Grund der Junge sterben musste, aber dabei kam es auf den einen oder anderen Tag nicht an. Außerdem hatte er gar keine Wahl. Er konnte die arme Kreatur schließlich nicht ihrem Schicksal überlassen.
    Als er sich über sie beugte und versuchte, ihr das Fell vom Körper zu ziehen, schrie die Frau noch lauter. Er brauchte Kraft, um ihr das stinkige Stück aus den Händen zu reißen. Dann sah er, dass sie schwanger war. Allgütiger, sie brachte gerade ein Kind zur Welt. Entgeistert starrte er auf sie herab. Natürlich berührte ihn ihr Leid, aber er hatte keinen blassen Schimmer, wie er ihr helfen sollte. Kreischten alle Frauen bei der Geburt so gotteserbärmlich? Deutete das auf Komplikationen hin? Starben sie, wenn man nichts unternahm? Herr im Himmel!
    Er versuchte die Frau auf den Rücken zu drehen, aber das war gar nicht so einfach. Sie wehrte sich, beschimpfte ihn und trat ihm die Beine weg, so dass er ebenfalls im Tümpelufer landete. Es war eine junge, nicht besonders hübsche Frau – zumindest so viel konnte er jetzt erkennen. Ihr Gesicht war spitz wie das einer Feldmaus und krebsrot.
    »Hilf mir!«, gurgelte sie in einer Panik, die ihm an die Nieren ging. Offenbar hatte sie begriffen, dass er ihr beistehen wollte.
    »Was soll ich tun?«
    Die Antwort war ein Fluch, von dem man nur hoffen konnte, dass er nicht in himmlische Gefilde vorstieß. Die Schlammmulde war kein geeigneter Aufenthaltsort für ein Menschlein, das das Licht der Welt erblicken sollte – so viel zumindest war gewiss. Julius schaute sich um. Die Regenwolken waren abzogen, aber aus dem Laub pladderte immer noch Wasser zur Erde, und der Wind pfiff scharf. Er brauchte für die Frau einen Unterschlupf. Resignierend stapfte er aus dem Tümpel und zog die Gebärende hinter sich her. Leider schien sie nicht in der Lage zu sein zu laufen. Und er war nicht Herkules, der sie meilenweit schleppen konnte. Er musste zusehen, dass er etwas in der Nähe fand.
    Tatsächlich entdeckte er eine gefällte Buche, deren Wurzelwerk wie ein riesiger Schirm über der Kuhle hing, die sie bei ihrem Sturz gerissen hatte. Holunderbüsche und Schneeballsträucher hatten die Wurzelstränge überwuchert, weiches Moos sich in der Kuhle breitgemacht. Es war nicht vollkommen, aber das Beste, was sich anbot. Julius drehte sich zu der Frau um. Ihr Geschrei

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