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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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sehen, dass du gute Arbeit
ablieferst und dich mit Vater aussöhnst.«
    Er klang enttäuscht, nicht zornig.
    »Max …«, sagte Lorenz mit großen Augen.
    Bereits im Begriff, die Türe zu öffnen, stoppte dieser.
    »Wie findest du sie?«
    »Wie finde ich wen?«, wollte Maximilian wissen.
    »Antonella, das Adoptivkind des Bürgermeisters.«
    Maximilian rieb sich die Hände. »Hast du die Gerüchte nicht gehört?«
    »Welche Gerüchte?«
    Natürlich hatte er sie gehört. Doch er wollte es von ihm hören. Er
kam einige Ellen auf Lorenz zu und senkte seine Stimme, als würde er ihm ein Geheimnis
verraten wollen. »Nun, die Leute erzählen sich, dass sie sich ein wenig zu sehr
für die Kunde von Kräutern interessiert.«
    Kopfschüttelnd kicherte Lorenz abfällig. »Max, du glaubst doch nicht
etwa an so einen Humbug?«
    Entschuldigend erhob Maximilian die Arme. »Nein, Lorenz, ich nicht,
aber die Leute tun es.« Versöhnlich gab er ihm einen Klaps auf die Schulter. »Wenn
du dir etwas Gutes tun willst, dann nimm ihre Schwester. Also falls so eine traumhafte
Frau dich tatsächlich an sich ranlassen sollte.«
    Maximilian musste die Gedanken, die er in diesem Moment dachte, gar
nicht aussprechen, denn seine Augen taten es bereits. Die beiden grinsten sich an.
Nur Sekunden später wurde er wieder ernst.
    »Aber sie … Antonella … Vergiss es.«
    Lorenz nickte verstehend. Nachdem sein Bruder das Zimmer verlassen
hatte, machte er sich bettfertig und schlüpfte unter die Decke. Er merkte gar nicht,
wie die Anstrengungen des Tages ihren Tribut forderten und er schnell in einen unruhigen
Schlaf fiel.
     
    Die Stille erdrückt mich fast. Durch die dunklen
Bäume, die sich gerade wie Tempelpfosten dem Himmel entgegenstrecken, sehe ich kaum
noch etwas. Der schlammige, braune Boden schmerzt unter meinen nackten Füßen und
lässt mich trotzdem weitergehen. Weiter in den Wald, weiter in die Ungewissheit.
Nur weg von der Stille, die mich innerlich zerreißt. Ich möchte mich beeilen, versuche
meine Schritte zu beschleunigen, doch irgendeine innere Macht lässt mich nicht schneller
gehen. Äste bohren sich mit einem leichten Knacken in meine Fußsohlen, die Luft
riecht abgestanden und alt. Mein Atem wird ruhiger, als ich an eine Weggabelung
treffe. Ich halte die Luft an und versuche meinen Blick zu schärfen. Nur schemenhaft
kann ich die beiden Wege erkennen, die sich durch den bedrohlich wirkenden Wald
schlängeln. Dies ist ein unheilvoller Ort. Nichts Schönes, nichts Zärtliches scheint
hier zugegen. Und das allgegenwärtige Unheil liegt wie ein graues Leichentuch über
den dunklen Wipfeln der Bäume, die keinen Sonnenstrahl durchzulassen scheinen. Mein
Kopf dreht sich automatisch zu dem Weg zu meiner linken Hand. Ja, das wäre die richtige
Wahl. Im Gegensatz zu dem Dickicht wirkt der Weg freundlicher. Purpurrot strahlt
er mich einladend an. Es wäre einfach, ihn zu beschreiten, und ich bin mir sicher,
dass es mich glücklich machen würde, meine Reise fortzusetzen. Er strahlt eine atemberaubende,
helle Schönheit aus, die jeden Gedanken an das Schlimme und Unheilvolle sofort verdrängt.
Mit jedem weiteren Herzschlag ruft der Weg lauter. Es wäre so einfach. Fürwahr,
es ist die richtige, die gute Lösung. Wie von Seilen gezogen fällt mein Blick auf
den Weg zu meiner Rechten. Smaragdgrünes Moos wuchert überall und bedeckt den Boden
weich und hauchzart. Große Steine und gefallene Äste säumen den Pfad, der sich in
der Dunkelheit zu verstecken versucht. Dieser Weg ist nicht einladend, er ist schwierig
und mit Gefahren verbunden, doch er besitzt eine groteske Schönheit, der ich mich
nicht entziehen kann. Ein dunkles Reh kaut auf einem Ast und blickt in die Ferne,
ins Ungewisse. Das Schwarz seines Fells macht der Dunkelheit Konkurrenz und ein
leichter Windzug, der durch die Bäume pfeift, spielt damit. Jetzt neigt sich sein
Kopf zu mir. Durch seine dunklen Augen ruft das Reh mir zu, dass ich ihm folgen
soll. Ganz still und nur für mich gedacht.
     
    Das Krähen des Hahnes riss Lorenz mit einem Mal aus seinem Traum und
ließ ihn zusammenzucken. Eine undankbare Nacht, die mit der süßen Erholung des Schlafes
nicht viel zu tun hatte. Lorenz drehte sich auf die Seite und war dem Hahn sogar
dankbar, dass der Spuk ein Ende zu haben schien. Ächzend stand er auf und erledigte
die Routine des Morgens, nicht ohne einen Blick auf seinen schlafenden Bruder zu
werfen. Lorenz war am gestrigen Tage so schnell eingeschlafen, dass er nicht

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