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Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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durch das dichte Nadelgewächs und ließ ihre helle Haut
schimmern. Er hörte sich selbst atmen und spürte sein Herz wild gegen die Brust
hämmern. »Komm mit«, wisperte sie schließlich.
    Antonella verließ den Pfad in den Wald hinein und musste mit jedem
Schritt die Beine noch weiter anheben, als es auf dem bisherigen Weg nötig gewesen
war. Hier lag der unberührte Schnee noch einige Zoll höher. Lorenz’ Beinkleider
waren feucht und seine Schuhe mittlerweile durchnässt, trotzdem versuchte er, Schritt
zu halten mit ihr, die ihn immer tiefer in den Wald zog. Es war ihm egal, solange
sie seine Hand hielt.
    »Schau!«, forderte Antonella ihn schließlich auf und ließ seine Hand
los.
    Lorenz blickte sich um. Kein Geräusch, kein Ton,
kein Laut schien an diesem Ort zu existieren. Sie standen inmitten einer Lichtung,
die von großen Tannenbäumen gesäumt war. Vor ihnen lag ein kleiner, zugefrorener
Weiher, aus dessen Mitte ein Hügel mit einem einzelnen Baum herausragte. Sein Blättergewand
hatte er abgelegt, so thronte der König der Lichtung ohne seinen Schmuck über dem
Wasser. Die abstehenden Äste ragten gespenstisch in alle Richtungen. Und über allem
hing die helle Sichel des Mondes, der sein fahles Licht nur auf diese kleine Lichtung
zu werfen schien. Ein gespenstischer und doch magischer Ort.
    »Hier gibt es die besten Kräuter für die wirksamsten Mixturen«, flüsterte
sie.
    »Es ist … atemberaubend.«
    Lorenz konnte sich gar nicht sattsehen an dem Anblick, den das glitzernde,
zugefrorene Gewässer bot. Am Rande des Gewässers stand eine kleine Hütte. Sie war
aus Holz und Lehm gefertigt und wirkte wie ein Fremdkörper in der Idylle. Zusammen
schritten sie auf die mit Tannenästen verdeckte winzige Bleibe zu. Nur widerwillig
öffnete sich knarrend die Tür.
    »Was ist das?«, fragte Lorenz, seinen Blick schweifen lassend.
    »Mein Refugium«, antwortete Antonella leise.
    Fragend und mit Falten auf der Stirn blinzelte Lorenz sie an.
    »Es ist mein Zufluchtsort«, schob sie nach. »Hier stelle ich die Arzneien
und Mixturen her. Es ist zu gefährlich in Vaters … des Bürgermeisters Anwesen.«
    Als würden Zwerge diese Hütte bewohnen, schien
in ihr alles winzig zu sein. Ein winziger Tisch mit einem einzigen Dreibeinhocker,
ein kleines Bett und ein Ofen, der behelfsmäßig zusammengeflickt war. Lediglich
durch ein Fenster konnte man nach draußen sehen. Lorenz musste sich bücken, um nicht
mit dem Kopf gegen die Decke zu stoßen. Überall drangen Pflanzen und Sträucher in
die Hütte ein und verschlangen bereits einige kleine, übereinandergestapelte Kisten.
Phiolen und kleine Schalen lagen allerorts verstreut, sogar der Boden war mit ihnen
bedeckt. Doch Antonella lächelte ihn aus großen Augen an, als würde sie ihm gerade
ein Märchenschloss zeigen.
    »Es ist wunderschön«, sagte er. »Ich fühle mich geehrt, dass du mir
dein so wohl gehütetes Geheimnis anvertraut.«
    Antonella kicherte. »Nun ja, so gut gehütet ist es dann wohl doch nicht.
In Kindertagen haben Elisabeth und ich uns oft hierhin weggeschlichen. Wir haben
gespielt und Kräuter gesammelt, wollten den Menschen helfen und sie heilen.« Plötzlich
versteinerte sich ihre Miene. Ein Hauch von Enttäuschung lag in ihrer Stimme. »Doch
irgendwann hat sie andere Interessen entwickelt.«
    Gemeinsam traten sie aus der Hütte hinaus. Lorenz machte einige Schritte
in Richtung des einzelnen Baums, wollte ihn näher sehen, berühren. Doch schon nach
wenigen Schritten verlor Lorenz auf der rutschigen Fläche das Gleichgewicht. Mit
den Armen rudernd, versuchte er sich noch zu fangen, doch es war zu spät. Mit einem
dumpfen Knall landete er auf dem Hosenboden.
    Antonellas helles Lachen schien den ganzen Wald zu erfüllen, sie konnte
sich kaum mehr halten. Lorenz verdrängte den Schmerz seines Hinterteils und musste
nach wenigen Sekunden mitlachen.
    »Na warte«, rief er, als er schon auf dem Weg zu Antonella war.
    »Nein!«, schrie sie noch lachend, doch schon hatte er ihre Hand ergriffen
und sie auf die Eisfläche gezogen. Ein weiteres Mal verlor er das Gleichgewicht
und fiel, einige Meter schlitternd, auf die Brust. Als er den Kopf hob, hatte sie
grinsend die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Grazil nahm sie ein paar Schritte
Anlauf und ließ sich rutschen. Ihr Haar wehte dabei wie ein Schweif hinter ihr her
und glitzerte mit der Eisfläche um die Wette. Gerade als Lorenz sich wieder aufgerappelt
hatte, bekam er einen Schneeball mitten ins

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