Die Hexe vom Niederrhein: Historischer Roman (German Edition)
Spaziergang machen.«
Lorenz nickte und machte sich wortlos daran, die Lache auf dem Boden
aufzuwischen.
»Ein wirklich hübsches Ding, dieses Mädchen«, bohrte sie weiter. »Du
solltest dich mit ihr mal unterhalten. Sie schien so nett und freundlich.«
Nur Maximilian sah, dass Lorenz die Augen verdrehte, als er gequält
»Ja, Mutter« hervorstieß.
Er hoffte, dass dieses Gespräch nun ein Ende finden würde, doch diese
Hoffnung wurde schnell begraben, als Marta erneut begann.
»Sie sagte, dass sie sich freuen würde, wenn du zu ihr kommen und ihr
beim Umstellen des Hausrats helfen könntest. Du wüsstest schon Bescheid.«
Nun konnte Maximilian sich sein Lachen nicht mehr verkneifen. Laut
prustend verschluckte er sich an der Milch, die ihm sogar aus der Nase wieder herauslief.
Helles Kinderlachen erfüllte den Raum, bis Vater seine Pranke auf den Tisch schmetterte
und so für Ruhe sorgte. Der Tag konnte nicht schlimmer beginnen, dachte Lorenz.
Seine Knochen ächzten bereits, als er die schwere Schürze anzog und
den Stahlhammer auf seine Schulter legte. Ganz zu schweigen von seinem Hinterteil,
das immer noch gehörig schmerzte. Ein Wunder, dass niemand am Frühstückstisch bemerkt
hatte, dass er ständig von einer Backe auf die andere rutschte. Eine gute Ausrede
wäre ihm nur schwerlich eingefallen.
»Was ist los mit dir am heutigen Morgen? So anstrengend waren die gestrigen
Übungen nun auch nicht.« Maximilian sah ihn fragend an. Eigentlich wollte Lorenz
keine Geheimnisse vor seinem Bruder haben, doch um ihn ins Bild zu setzen, dafür
benötigte es den rechten Zeitpunkt. Und dieser war bestimmt nicht, wenn Vater wenige
Ellen neben ihnen stand und die Musketen justierte.
»’n bisschen aus der Übung«, war das Einzige, was er erwidern konnte.
Die Zeit schien langsam zu vergehen, ja beinahe
stehen zu bleiben. Egal, wie oft er an diesem Morgen auf die Uhr des Kirchturms
blickte. Die Zeiger wanderten nur allzu gemächlich um das Ziffernblatt. Auch die
Sonne reihte sich in den Trott ein. Wolkenverhangen hatte sie sich an diesem Tage
kaum gezeigt und wenn, dann nur um Lorenz anzudeuten, dass sie immer noch nicht
weitergewandert war. Es kam ihm vor, als gäbe ihnen Vater heute besonders schwere
Aufgaben. In einer kurzen Trinkpause sprach ihn Maximilian an.
»Wir müssen es Vater heute sagen«, flüsterte er.
»Und wie?« Lorenz’ Stimme war schwach, beinahe brüchig. Nicht mal ansatzweise
konnte er sich vorstellen, dass Vater in ihr Vorhaben einwilligte. Es war abermals
Maximilian, der einen ersten Versuch wagte.
»Die Musketen sind für den Hauptmann, oder, Vater?«
»Mhh«, stimmte der seinem Sohn knurrend zu.
»Sind es die Waffen, die an die Freiwilligen ausgehändigt werden?«
Jetzt blickte Josef hoch und ließ die Schusswaffe langsam auf den Tisch
gleiten. »Warum interessiert dich das? Wir bekommen gutes Geld dafür, das ist das
Einzige, was du wissen musst.«
Doch so leicht wollte sich Maximilian nicht abspeisen lassen. Betont
lässig legte er den schweren Hammer zur Seite und trat ein paar Schritte neben seinen
Vater, begutachtete den polierten Lauf der Muskete.
»Weil es mich wundert, dass die Freiwilligen solche Waffen ausgehändigt
bekommen.«
Der Schmied zog einen Mundwinkel nach oben und versuchte, mit einer
Hand die Zündpfanne in die richtige Position zu richten. »Du hast recht mit deinem
Zweifel. Der Hauptmann will die neuen Waffen für seine Leute, für die Verteidigung
der Stadt haben. Die alten Waffen der Wache, die sind für die todgeweihten Partisanen
gedacht.« Er zog die Nase hoch und hatte allem Anschein nach Probleme mit der Befestigung
des Mechanismus. »Hat sich Bürgermeister Dannen gemeinsam mit dem Hauptmann ausgedacht.
Gerissene Köpfe, die beiden. Auch wenn sie damit etliche junge Burschen in den Tod
schicken, die dumm genug waren, sich für ein solches Unterfangen zu melden.«
Maximilian beugte sich zu dem Abschussmechanismus
der Waffe hinunter. Mit flinken Händen zog er die Zündpfanne fest und strich mit
einem Lappen über die nun fertiggestellte Muskete. »Wieso meinst du, dass diese
Männer dort den Tod finden werden? Immerhin ist es eine Ehre und zudem eine Pflicht,
seine Heimat zu verteidigen.«
Josef überprüfte mehrere Male die Vorrichtung, doch so sehr er sich
auch bemühte, er konnte keinen Makel feststellen. »Wisst ihr, meine Söhne, Ehre
ist eine Sache, Pflicht eine andere. Natürlich wäre es ehrenvoll, wenn ich mich
mit so einer Waffe hier
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