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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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waren.
    «Schnell, gehen wir hinein.» Er zog sie in die Diele des Gasthofs, wo er sich den Schnee von den Schultern klopfte. Vor Aufregung sprach er sehr schnell. «Ich war in Emmendingen, als ich durch Zufall von Michaels Tod erfuhr, und wollte schon zur Beerdigung hier sein, aber bei diesem Wetter war es fast unmöglich, vorwärts zu kommen. Und jetzt – solange es schneit, kann ich nicht nach Villingen zurück.»
    Er blickte ihr fest in die Augen. «Ich habe also viel Zeit. Wenn du willst, bleibe ich ein paar Tage hier.»
    Vor Überraschung konnte Catharina immer noch nicht sprechen, und sie nickte nur. Verlegen sahen sie sich an. Da ging Christoph einen Schritt auf sie zu und berührte vorsichtig ihre Schultern.
    «Richtig zerbrechlich bist du geworden! Wie lange haben wir uns nicht gesehen?»
    «Ich weiß es nicht», murmelte Catharina. «Viel zu lange jedenfalls.»

26
    «Habt Ihr denn niemals Angst, so allein und ganz ohne Familie? Wollt Ihr nicht wieder heiraten, wo Ihr doch noch so jung seid?»
    Anstelle einer Antwort lachte Catharina, erst leise und verhalten, dann schallend laut, bis ihr die Tränen die Wangen hinunterliefen.
    «Entschuldige, Anselm.» Sie legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. Seine sonst so vorwitzigen grünen Augen blickten sie verunsichert an.
    «Habe ich etwas Dummes gesagt, Gevatterin?»
    «Nein, nein. Ich habe nur schon lange kein so nettes Kompliment mehr bekommen – dabei musst du mich nur richtig anschauen: die grauen Strähnen in meinem Haar, die tiefen Falten um die Augen. Lieber Anselm, ich bin eine alte Frau, und du machst mich noch älter, wenn du mich Gevatterin nennst. Und jetzt zeige ich dir deine Kammer.»
    In Wirklichkeit hatte Anselms erste Frage sie zum Lachen gebracht. Er konnte ja nicht wissen, dass sie sich wie neugeboren fühlte, dass sie zum ersten Mal seit Jahren morgens ohne Angst erwachte. Außerdem war sie nicht allein, sie hatte Barbara und Elsbeth, und jetzt war da auch noch Anselm, den sie vom ersten Moment an ins Herz geschlossen hatte.

    Wie gut, dass sie sich für einen Neuanfang entschieden hatte. In den ersten Tagen nach Michaels Tod hatte sie immer wieder mit dem Gedanken gespielt, die Schlosserei und das Haus zum Kehrhaken weiterzuführen – auch gegen den Widerstand der Zunft.
    «Seid vernünftig, Bantzerin.» Der neue Zunftmeister hatte sie nach der Beerdigungsfeier zur Seite genommen. «Wenn Ihr die Werkstatt ohne weitere Ansprüche abgebt, soll es Euer Schaden nicht sein. Unterzeichnet dieses Papier, und Ihr bekommt sofort eine hübsche Summe ausbezahlt.»
    «Wenn ich aber weitermachen will?»
    «Das geht nicht, Ihr habt kein Fortführungsrecht. Weder habt Ihr Söhne, noch hat Euch Euer Mann zu seinen Lebzeiten zur Meisterin gemacht. Ihr könnt natürlich auch einen unserer Schlossergesellen heiraten, allerdings innerhalb eines Jahres, sonst verliert Ihr alle Ansprüche auf das Meisteramt. Eine solche Heirat wäre ohnehin kein schlechter Gedanke, nicht wahr?»
    Ohne auf diesen Vorschlag auch nur mit einem Wort einzugehen, nahm sie das Papier an sich und faltete es zusammen. Sie konnte nicht glauben, dass sie keinerlei Rechte an der Werkstatt haben sollte.
    «Lasst mich eine Nacht darüber schlafen», sagte sie.
    Durch das dichte Schneegestöber lief sie nach Hause, wo Christoph auf sie wartete. Er verbrachte nun schon die dritte Nacht in Freiburg, und es sah nicht danach aus, als würde sich das Wetter in absehbarer Zeit bessern. Der Himmel hat ihn mir geschickt, dachte sie zum wiederholten Male, als er sie zur Begrüßung umarmte. Er ging ihr zur Hand, wo er nur konnte, kontrollierte die Inventarliste des Stadtschreibers, nahm alle Bücher aus dem Kontor an sich, begleitete Catharina zur Unterzeichnung des Erbscheins ins Rathaus. Dabei spürte sie seine zunehmende Unsicherheit.
    «Machst du mir noch Vorwürfe? Oder warum siehst du mich manchmal so an?», fragte er sie schließlich.
    «Nein, ich bin längst nicht mehr böse – ich kann mich nur einfach noch nicht daran gewöhnen, dass du hier bist, bei mir, in diesem schrecklichen Haus.»
    «Und daran, dass ich inzwischen ein zittriger Greis geworden bin!»
    «Hör auf», Catharina boxte ihn in die Rippen. «Für mich bist du immer noch der schönste Mann von ganz Vorderösterreich.»
    «Für einen schönen Mann hältst du mich aber reichlich auf Abstand.» Damit spielte er auf ihren ersten gemeinsamen Abend an, als Catharina ihn zu später Stunde vor das Schneckenwirtshaus geführt

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