Die Hexe von Freiburg (German Edition)
sie wieder zusammengefunden hatten. Sie spürte, wie er erschauerte. Da schob sie ihn jäh von sich und stand auf.
«Was sagt dein Schwiegervater dazu, wenn du einfach eine Woche lang verschwindest?»
«Nun ja, halb musste ich flunkern, halb habe ich die Wahrheit gesagt. Unser Gewürzhändler hat uns ein paar Mal übers Ohr gehauen, und es ist längst an der Zeit, dass wir einen neuen finden. Vor einiger Zeit habe ich gehört, dass es in Konstanz einen Gewürzhändler gibt, der ein großes Sortiment zu günstigen Bedingungen anbietet. Und insofern dient unsere Reise jetzt geschäftlichen Zwecken.»
«Wozu braucht ihr einen Gewürzhändler?», fragte Catharina erstaunt. Sie dachte an Marthe und ihren liebevoll gepflegten Kräutergarten.
Christoph grinste. «Zu uns kommen Gäste, für die ist es mit Liebstöckel und Petersilie nicht getan. Die verlangen Speisen, die mit Pfeffer und Muskat, mit Ingwer, Safran und Zimt gewürzt sind.»
Als sie sich an diesem Abend vor ihren Schlafkammern verabschiedeten, schwankte Catharina für einen kurzen Moment, ob sie Christoph nicht bei der Hand nehmen und in ihr Bett führen sollte. Doch dann siegte ihre Furcht vor zu viel Nähe, und sie wandte sich ihrer Tür zu.
«Das ist die schönste Überraschung seit langem», flüsterte sie, um die anderen nicht zu wecken. «Du glaubst nicht, wie sehr ich mich auf unsere Reise freue. Schlaf gut, du verrückter Mann!»
Am Morgen der Abreise schien das ganze Haus Kopf zu stehen. Wie ein aufgescheuchtes Huhn rannte Catharina von einer Ecke in die andere, um ihren Regenumhang mit der Kapuze zu suchen. Elsbeth jammerte ununterbrochen, wie gefährlich dieses Unternehmen sei, und das alles nur, um einen läppischen See anzugucken, Anselm stand jedem im Weg, und Barbara türmte ein Paket mit Reiseproviant nach dem anderen auf den Esstisch.
«Bitte, Barbara, das reicht längst. Du brauchst doch kein Heer zu versorgen. Hilf mir lieber, meinen Umhang zu finden. Wo bleibt Christoph nur?»
Die Turmuhr des nahen Franziskanerklosters hatte eben sieben geschlagen, und um halb acht waren sie mit dem Fuhrmann am Kaufhaus verabredet. Wieso musste es Christoph kurz vor der Abreise noch einfallen, seinen Dolch und sein Messer schärfen zu lassen – das hätte er doch wahrhaftig früher erledigen können. In diesem Moment trat er ein, und Catharina atmete auf.
«Gehen wir», sagte Christoph, der die Ruhe selbst war, und hob den großen Leinensack von der Bank, um ihn sich auf die Schulter zu wuchten.
«Da ist ja mein Umhang – welcher Trottel hat denn den Reisesack darauf gestellt.»
«Ich glaube, das wart Ihr selbst», kicherte Barbara und verstaute den Proviant. «Jetzt aber los mit Euch, Fuhrleute warten nicht. Und vergesst nicht den Wasserschlauch.»
Herzlich umarmten die beiden Mägde erst Catharina, dann Christoph. Beide hatten Tränen in den Augen. Dann trat Anselm auf Catharina zu und küsste sie fast zärtlich auf den Mund. Mit einem frechen Grinsen meinte er: «Bei so einer Gelegenheit darf ich das, ja?»
Christoph schlug ihm derb auf die Schulter. «Pass lieber auf, dass du nicht Catharinas guten Ruf als Bierbrauerin ruinierst, kleiner Vetter. Und wehe, Barbara erwischt dich besoffen im Sudhaus!»
Der Fuhrunternehmer, der sich als Max Sommerer vorstellte, stand schon am Kaufhaus bereit. Er war ein freundlicher und, wie sich bald herausstellte, redseliger Mann, dessen wettergegerbtes Gesicht fast völlig von Bart und Haaren zugewachsen war. Er räumte ihnen die schmale Bank hinter dem Kutschbock frei.
«Das ist Euer Platz. Ihr könnt Euch aber auch neben mich auf den Kutschbock setzen. Nur Euer Gepäck dürft Ihr niemals aus den Augen lassen. Meine Ware ist fest verschnürt in schweren Kisten verstaut, Eure beiden Reisesäcke jedoch wären eine leichte Beute für Strauchdiebe und bettelnde Kinder. Habt Ihr Waffen dabei?»
«Einen Dolch und ein Messer», antwortete Christoph.
«Gut. Gebt Eurer Frau das Messer – für alle Fälle.»
Christoph strahlte. «Eine gute Idee, meine liebe Frau.»
Nachdem sie den Fuhrmann ausbezahlt hatten, machten sie es sich auf der Bank bequem. Dann zogen die beiden Braunen an, und der behäbige Wagen beschrieb eine breite Kehre über das holprige Pflaster des Münsterplatzes. Catharina war begeistert von dem Fuhrwerk, das mit einer riesigen Plane aus Rindsleder überspannt war. Ein ausgewachsener Mann konnte darunter stehen, ohne mit dem Kopf die Decke zu berühren.
«Was für ein prächtiger
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