Die Hexe von Freiburg (German Edition)
schnurgeraden Reihen Rüben und Rettich, Zwiebeln, Mangold und Knoblauch.
«Sag mal, hat Anselm schon eine Freundin?»
Catharina zuckte die Schultern. «Ich habe ihn noch nie mit einem Mädchen gesehen. Ich glaube, er hat nur seine Bücher im Kopf.»
«Dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. So, wie er dich manchmal ansieht –»
«Jetzt hör aber auf», lachte sie. «Ich könnte seine Mutter sein.»
«Du bist immer noch sehr schön. Und klug obendrein.»
«Und du bist ein alter Schmeichler», gab Catharina zurück und legte ihren Kopf an seine Schulter.
Manchmal fragte sich Christoph, ob Catharina ihn noch liebte. Sicher, sie strahlte jedes Mal vor Freude, wenn sie sich wieder sahen, blieb immer in seiner Nähe und umarmte ihn hin und wieder. Doch wenn er sie berührte, spürte er eine innere Abwehr. Dies traf ihn umso schmerzhafter, als er selbst vollkommen überzeugt war, dass sie füreinander bestimmt waren.
Die Hoffnung auf ein gemeinsames Nachtlager hatte er fast aufgegeben, und diese erzwungene Enthaltsamkeit ließ ihn kaum noch schlafen. Ihre einzige gemeinsame Nacht kam ihm in den Sinn, damals in Lehen, als sie noch halbe Kinder waren und einander mit zitternden, unbeholfenen Händen gegenseitig erforscht hatten.
Er nahm seinen ganzen Mut zusammen.
«Cathi, wir sind einander wieder so vertraut geworden, und was ich für dich fühle, kann ich kaum in Worte fassen. Aber sobald ich dir näher komme, weichst du zurück. Als ob meine Berührung dich erschrecken würde. Wovor hast du Angst?»
Catharina sah zu Boden.
«Es ist nicht Angst, es ist eher – wie soll ich das erklären? Ich komme mir manchmal vor wie eine vertrocknete alte Jungfrau. Verstehst du, ich habe seit dem Jahr, in dem Tante Marthe starb, bei keinem Mann mehr gelegen, und wenn ich mir vorstelle, dir nahe zu sein, packt mich so etwas wie Scham.» Sie zögerte, und ihre Stimme wurde leiser. «Mein Körper ist mir fremd geworden. Und du – du hast mich zuletzt als junges Mädchen gesehen. Ich könnte deine Enttäuschung nicht ertragen.»
«Was redest du da für einen Unsinn.» Christoph war blass geworden.
Sie stand auf. «Komm, gehen wir noch ein bisschen am Fluss spazieren. Ich muss ab und zu raus aus dieser Stadt.»
Da kam Christoph ein Gedanke. Ein verrückter, zugegeben, aber damit würde er Catharina einen großen Traum erfüllen. Und wer weiß, vielleicht hätte er bei diesem Vorhaben endlich Gelegenheit, Catharina einmal vorbehaltlos umarmen zu dürfen und ihr zu beweisen, dass er sie so liebte und begehrte, wie sie war.
27
«Jetzt geht es wieder los!» Anselm ging in der Küche auf und ab und war außer sich. «Gestern haben sie die Witwe eines Fischers in den Turm gesteckt. Man sagt, der Scharfrichter bereite sich schon auf seine Arbeit vor, denn die alte Frau sei so gut wie sicher als Hexe überführt.»
Catharina sah ihn erschrocken an. Sie war jedes Mal aufs Neue erschüttert, wenn in Freiburg die Nachricht einer anstehenden Hexenverbrennung die Runde machte. Die letzten drei Jahre war in dieser Hinsicht allerdings Ruhe eingekehrt.
«Bist du sicher, dass es um Hexerei geht?»
«Ich habe doch meine Verbindungen zur juristischen Fakultät. Dort bereiten sie schon das Gutachten über die arme Frau vor. Und ich Esel hatte geglaubt, dass unsere Fakultät vernünftiger ist als andere.»
Er blieb vor Catharina stehen. «Wisst Ihr, was gegenwärtig im Erzstift Trier geschieht? Dort wird ein Scheiterhaufen nach dem anderen angesteckt. Wer sich der Stadt nähert, riecht schon von weitem das verbrannte Fleisch. Und in vorderster Reihe der Hexenjäger steht dieser saubere Weihbischof Binsfeld. Mit seiner Verfügung, dass eine einzige Anzeige die fortgesetzte Folter rechtfertige, verstößt er eindeutig gegen geltendes Reichsrecht. Und niemand wagt es, diesem Fanatiker Einhalt zu gebieten.»
Anselm hatte sich jetzt vollends in Rage geredet.
«Glaubst du denn, dass es Hexen gibt?», fragte Catharina.
«Hexen, Unholde – ich kann das bald nicht mehr hören. Die meisten Opfer sind doch arme, alte Frauen mit kranken Seelen, die einen Medicus oder meinetwegen auch Priester bräuchten. Ich kann nicht beurteilen, ob man tatsächlich mit Zauberei etwas bewirken kann, doch Magier gab es zu allen Zeiten und in allen Ländern. Wenn solche Leute Schaden anrichten, mag man sie meinetwegen dafür verurteilen. Aber was hier seit Jahren geschieht, ist doch etwas ganz anderes. Da kann jeder hergelaufene Trottel seine
Weitere Kostenlose Bücher