Die Hexe von Freiburg (German Edition)
der Stadt Freiburg?»
«Ja, Euer Ehren.»
«Wie ernährt Ihr Euch?»
«Ich arbeite als Buchhalter im Kornhaus, im Dienst der Stadt also.»
«Wiederholt jetzt bitte dem anwesenden Gericht die Aussage, die Ihr vorgestern vor den Herren Statthalter und Schultheiß gemacht habt.»
«Ich hatte den hochwohlgeborenen Herren vorgebracht, dass ich zu Lebzeiten des Schlossermeisters Bantzer, in dessen Diensten ich jahrelang als Buchhalter stand, Zeuge einer schlimmen Anschuldigung geworden bin.»
«Was war das für eine Anschuldigung?»
«Mein Brotherr warf seiner Gattin, Catharina Stadellmenin, ehemals Bantzerin, vor, sie habe ihn verhext und mittels eines Zaubers seiner männlichen Kraft beraubt. Bantzer war nicht nur mein Brotherr, sondern hat mir auf allen Gebieten immer großes Vertrauen entgegengebracht und –»
«Bleibt bei der Sache, Siferlin!»
«Nun ja, er hat sich tatsächlich mehrmals bei mir beklagt, er könne bei keiner Frau mehr liegen.»
«Wussten außer Euch noch andere Leute davon, dass die Stadellmenin ihren Mann verhext haben sollte?»
«Sicher!» Siferlin nickte eifrig. «Ich kann Euch leider keine Namen nennen, doch ging diese Anschuldigung damals durch alle Gassen. Ihr könnt Elsbeth Lauberin, die Magd, fragen. Sie hat seinerzeit bitterlich gejammert über das Gerede der Leute.»
«Also wusste auch die Stadellmenin, was über sie geredet wurde?»
«Ja.»
Der zweite Vorsitzende wandte sich an Renner: «Hat sich die Stadellmenin gegen diese Ehrverletzung jemals öffentlich gewehrt?»
«Nein, es fand niemals eine Eingabe statt.»
«Ein Indiz, eindeutig ein Indiz», murmelten einige Schöffen.
«Nun zu dem anderen Punkt, Siferlin. Ihr könnt also bezeugen, dass die Stadellmenin zu Bantzers Lebzeiten ein fleischliches Verhältnis mit einem anderen Mann eingegangen ist?»
«Ja, Euer Ehren, und zwar über mehrere Jahre hinweg.»
«Wer war dieser Mann?»
«Benedikt Hofer, einer unserer Gesellen, ein hoffärtiger Bursche.»
«Wo fanden die geschlechtlichen Vereinigungen statt?»
«Meist in Hofers Kammer am Lehener Tor, zu später Abendstunde. Mitunter aber auch in der Küche meines Herrn, sozusagen direkt vor seiner Nase.»
Ein empörtes Raunen ging durch die Stuhlreihen. Der zweite Vorsitzende blieb unbeeindruckt.
«Lebt dieser Hofer noch in Freiburg?»
«Nein, Euer Ehren, er hat die Stadt vor vielen Jahren verlassen.»
«Danke, Siferlin, Ihr könnt gehen.»
Doch Siferlin blieb stehen. «Wenn Ihr erlaubt, Euer Ehren – da ist noch etwas, das ich vorgestern zu erwähnen vergaß.»
«Dann sprecht!»
«In den letzten Jahren meiner Dienste entdeckte ich im Bantzer’schen Haus allerlei magische Zeichen und Gegenstände. Die Stadellmenin muss sich in diesem Handwerk also sehr wohl auskennen.»
In diesem Moment trat ein Gerichtsdiener mit einem Blatt Papier in der Hand ein und übergab es an Renner.
«Aha, eine Bittschrift in Sachen Stadellmenin», murmelte er, und zu Siferlin gewandt: «Ihr könnt gehen!»
Er faltete das Papier auseinander.
«Von einem gewissen Christoph Schiller, Gastwirt aus Villingen. Ein Vetter der Angeklagten.» Seine Stimme wurde lauter. «So möge doch das hohe Gericht die untadelige Lebensweise der Angeklagten überprüfen – ihre Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft – dies als Zeugen könnten bestätigen – meine Schwester Lene Schillerin, wohnhaft zu Konstanz, der Freiburger Schneckenwirt und seine Frau, Georg Matti, Stellmacher zu Lehen, Babett Heißlerin, Unfreie zu Lehen, des Weiteren –»
Renner sah auf. «Uninteressant.»
Er wollte das Papier schon zur Seite legen, da stutzte er.
«Babett Heißlerin aus Lehen? Die hat doch vor langer Zeit hier vor Gericht gestanden wegen Kindsmord?»
Einige Schöffen nickten.
«Allerdings freigesprochen», beeilte sich Textor einzuwerfen. «Sie hatte mehrere Fehlgeburten hintereinander, doch eine Beihilfe zum Tod ihrer Kinder konnte ihr nicht nachgewiesen werden. Was schreibt dieser Schiller über sie?»
«Die Stadellmenin habe ihr als junges Mädchen bei der Geburt ihres Sohnes Hieronymus auf freiem Feld zur Seite gestanden und sie und ihren Sohn dann regelmäßig besucht und mit allerlei notwendigen Dingen unterstützt.»
Renner sprang auf. «Wenn da nicht ein Zusammenhang besteht zwischen den Fehlgeburten und den Hexenkünsten der Angeklagten. Gerichtsdiener, lasst die Heißlerin vorladen. Sie muss examiniert werden!»
Am dritten Tag ihrer Haft wurde Catharina abermals in den Raum mit der Eisentür
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