Die Hexe von Freiburg (German Edition)
können.
«Dass ich es in der Stadt nicht mehr aushalten würde, mit dem Gestank und den engen Gassen voller Bettler und Krüppel. Hier muss niemand Hunger leiden, und man hilft sich gegenseitig, so wie ihr dem Heißler Bauern.»
«Du vergisst nur, dass die meisten Bettler in der Stadt aus den Dörfern stammen. Wer hier kein Auskommen findet, sucht sein Glück eben in der Stadt, und viele scheitern dann.»
«Trotzdem – das Leben hier scheint mir gerechter. In den Genossenschaften wird alles abgesprochen, und die Pfarrei und die Gemeinde kümmern sich um die Kranken oder Schwachen.»
Die Frau des Heißler Jakob wartete bereits auf sie. An ihren Rockzipfel klammerten sich zwei magere, kränklich aussehende Mädchen. Die Heißlerin war in letzter Zeit unglaublich dick geworden, und jetzt erst kam Christoph der Gedanke, dass sie hochschwanger sein musste.
«Wo ist denn dein Mann?», fragte er, während er das Pferd vor den Pflug spannte.
«Ach herrje, ausgerechnet jetzt hat ihn der Herr zum Grabenziehen auf die überschwemmten Uferwiesen abkommandiert», klagte die Frau.
Catharina zog die Augenbrauen hoch. «Aber in Eurem Zustand könnt Ihr doch nicht diese schwere Arbeit machen?»
«Es wird gehen müssen. Außerdem ist es erst in zwei Wochen so weit.»
Die Frau stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht in den Sterz und schob den Pflug vorwärts, während Catharina das Pferd lenkte und Christoph sich mit dem älteren Mädchen seitlich von ihr in die Seile hängte. Schon nach kurzer Zeit stand der Frau der Schweiß auf der Stirn, und sie atmete schwer. Sie tat Christoph Leid.
«Lass mich mal versuchen, wir wechseln uns einfach ab. Heißlerin, nimm du das Pferd am Zügel, und du, Cathi, gehst ans Seil.»
Die Schar zog eine tiefe Furche in den schweren Ackerboden, doch soviel Mühe sich Christoph auch gab: Sie wurde krumm und schief. Die Bäuerin bat ihn anzuhalten.
«Lass gut sein, Christoph, du bist eben kein Bauer. Ich werde es schon schaffen, wenn auch ein bisschen langsamer.»
Bis Mittag hatten sie noch nicht einmal ein Drittel des Ackers gepflügt. Ganz blass war die Bäuerin im Gesicht, und sie beschlossen, eine Pause einzulegen. Während sich die schwangere Frau mit ihren Töchtern in den Schatten setzte, spannten Christoph und Catharina das Pferd aus und führten es an den Wegrand zum Grasen.
Catharina war empört: «Wie kann der Herr den Bauern wegholen, wenn er doch ganz genau weiß, dass die Frau ein Kind erwartet.»
«Ob krank oder schwanger – das spielt keine Rolle, wenn man unfrei ist. Du hast doch gehört, dass selbst die Aufstände damals nichts ändern konnten. Diese Bauern haben eben kein eigenes Land, alles, was sie säen, gedeiht auf dem Land des Grundherrn. Und dafür müssen sie Abgaben und Dienste leisten. Da hast du deine Gerechtigkeit.»
Wie um seine Worte zu unterstreichen, kam in diesem Moment der alte Freiherr auf seinem Rappen angetrabt.
«Aha, hier wird palavert statt gearbeitet.» Der Alte zügelte sein Pferd knapp vor Christophs Füßen und verzog sein feistes Gesicht zu einem verächtlichen Grinsen. «Abends rottet ihr euch dann zusammen, um darüber zu lamentieren, dass euch die Arbeit das Kreuz bricht. Faules Pack.»
Christoph wich keinen Zoll vor dem tänzelnden Pferd zurück. «Die Heißlerin steht kurz vor der Niederkunft. An ihrer Stelle sollte ihr Mann den Acker bestellen.»
«Du wagst es, ungefragt deine nichtsnutzige Meinung kundzutun? Hast du mir noch mehr zu sagen?»
Die Augen des Freiherrn funkelten vor Zorn. Christoph biss sich auf die Lippen und warf einen Blick zur Bäuerin hinüber, die gerade unter großen Mühen wieder auf die Beine kam. Ihre Töchter stützten sie.
«Es ist nicht recht», sagte er leise, aber mit fester Stimme. Da holte der Freiherr aus und zog ihm seine Reitgerte über die Schulter. Christoph hörte Catharinas Aufschrei und spürte einen kurzen brennenden Schmerz, doch er presste die Zähne zusammen.
«Das soll dich lehren, künftig weniger vorlaut zu sein, Schillersohn. Und grüß deine Mutter von mir.»
Er schlug seinem Pferd die Sporen in die Flanke und galoppierte davon.
«Tut es sehr weh?» Catharina sah ihn besorgt an. Der Schreck stand ihr noch ins Gesicht geschrieben.
«Es geht schon.»
«Aber du blutest. Du musst das Hemd ausziehen.»
Er schloss die Augen, als sie ihm das Hemd vom Oberkörper zog. Die behutsame Berührung ihrer Hände, der Geruch ihrer Haare, die warme Märzsonne, die jetzt auf seinen bloßen Rücken
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