Die Hexe von Paris
Dufontet wünscht, daß Duc de Luxembourg ihrem Gatten einen Posten gibt, n. v. sie schwört, sie wird es auf jeden Fall erreichen. Comtesse de Soissons wünscht sich einen Liebhaber höchsten Ranges – ‹ den König, nehme ich an? Diese Niederschrift allein könnte Euch lebenslänglich in die Bastille bringen, wenn sie in den richtigen Kreisen bekannt würde. Muß ich noch weiterlesen?« Ich schwieg.
»Nicht nur, daß Ihr die Geheimnisse der Stadt kennt, bevor sie in die Tat umgesetzt werden, Ihr könnt mittels Eurer Voraussagen die Taten gestalten«, fuhr er fort. »› v.‹ bedeutet ›sehe ich‹, nicht wahr? Und ›n. v.‹ für ›sehe ich nicht‹? Eure Voraussagen im betreffenden Falle, nicht wahr? Ich will diese Leidenschaften kennen, die Prophezeiungen, diese Fehden.« Sein Gesichtsausdruck gefiel mir nicht. Hart, unfreundlich, überheblich, als hielte er eine Spinne in der Hand, die er gleich zerquetschen würde. Ich blickte mich in dem dunkel getäfelten Raum um, sah die nicht angezündeten Kerzen in eisernen Leuchtern an den Wänden. Ich gewahrte denselben Gesichtsausdruck bei Desgrez, bei dem Schreiber, den Polizisten.
»Ihr wollt, daß ich Polizeispitzel werde? Und wenn ich es nicht tue?«
»Dann werdet Ihr feststellen, daß die Strafe für Mord rasch und ungewiß ist. Ich bin stolz darauf, daß meine Reformen die Rechtsprechung in dieser Stadt zu einer Sache von Tagen gemacht haben.«
»Und was für ein Mord soll das sein?« fragte ich. Ich mußte erfahren, was sie wußten.
»Ha, ich sehe, Ihr erfordert einen straffen Zügel. Ihr seid ebenso kühn wie klug. Aber ich denke, wir werden uns verstehen. Von diesem Augenblick an werde ich Euch, solltet Ihr mich ein einziges Mal zu täuschen versuchen, wegen der Ermordung von Geneviève Pasquier hängen lassen.« Er machte eine wirkungsvolle Pause. Desgrez verengte die Augen. Ich konnte es nicht fassen. Bei allem, was ich getan hatte, bei allem, was ich mit angesehen oder woran ich teilgehabt hatte, wollten sie mich wegen der Ermordung meiner selbst in Gewahrsam nehmen! Ich begann zu lachen. Der Klang hallte unheimlich in dem fast leeren Gelaß. Ich beugte mich vornüber, Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich erstickte fast vor Heiterkeit. Mein Gesicht wurde heiß und fiebrig, ich konnte kaum atmen. La Reynie erhob sich wütend und ballte die Fäuste.
»Madame, wenn Ihr Euch nicht beherrschen könnt, sperre ich Euch ein, bis Ihr Euch wieder in der Hand habt.«
Als der Anfall vorüber war, wischte ich mir mit dem Handrücken die Augen. Das Gelächter war in Schluckauf übergegangen.
»Ich bitte um Vergebung – Monsieur de la Reynie – hicks – seht Ihr, es ist unmöglich – hicks – weil ich selbst – hicks – Geneviève Pasquier bin.«
»Das ändert nichts«, fauchte Desgrez.
»Gewiß, Desgrez, obwohl es die Lage ein wenig komplizierter macht. Sagt mir, Madame, welchen Beweis habt Ihr für Eure Behauptung?« La Reynies Stimme klang unheilvoll.
»Beweis? Seine Majestät persönlich weiß es. Als ich vor ihm erschien, verlangte er meine wahre Identität zu wissen, sodann verhieß er, mich hinrichten zu lassen, wenn er je wieder höre, daß ich aus dem Wasser wahrsage. Ihr kommt leider zu spät, Monsieur de la Reynie. Der Sonnenkönig hat mir bereits das Handwerk gelegt.« La Reynie blickte wütend.
»Leider müssen wir Euch festhalten, bis wir Eure Aussage überprüft haben, Madame. Oder Mademoiselle, je nachdem.«
»Dann laßt mir mein Labsal, ich bitte Euch.«
»Euer Labsal und einen Band mit Père Clements exzellenten Predigten zur Heilung Eures störrischen Geistes. Und ich versichere Euch, falls Ihr die geringste Täuschung verübt habt, lasse ich Euch Euer Opium fortnehmen, bis Ihr mir die ganze Wahrheit enthüllt habt. Bringt sie fort, Desgrez. Einzelhaft. Gebt den Wärtern Anweisung, daß sie mit niemand sprechen darf, auch nicht mit ihnen.«
Eine Woche später kam ich mit erheblich erleichtertem Geldbeutel hinaus, denn in Pariser Kerkern ist es Brauch, für eine anständige Unterbringung zu kassieren, gerade so, als handele es sich um eine teuflische Herberge. Nur Brot und Wasser sind kostenlos, und ein Strohbündel auf den Steinen. Ich konnte mir nicht vorstellen, in solch unzivilisierten Umständen zu leben, zumal wenn ich ohnehin bald sterben würde. So zahlte ich zusätzlich zum droit du géôlage die unverschämte Gebühr für anständigen Wein und gutes Geflügel und ließ mir zu einem noch höheren Preis eine Bettstatt
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