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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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sich zur Andeutung eines Lächelns verzog.
    »Ich weiß nicht, was Ihr meint«, erwiderte ich steif.
    »Ach, nehmt Platz und seid nicht so muffig«, sagte La Vigoreux. »Hier, rückt Euch den kleinen Stuhl ans Feuer. Und nun wollen wir offen reden.« La Vigoreux beugte sich ganz nahe zu mir, als wolle sie mir ein großes Geheimnis anvertrauen. »Es ist keiner von uns. Das paßt ihr nicht. Eine Frau wie Ihr sollte sich mit einem Mann verbinden, der ein wenig Klasse besitzt – ein Alchimist oder ein Magier. Diesen Menschen aber wird sie nicht lange neben sich dulden.«
    Nun war es an La Bosse, sich vorzubeugen und in vertraulichem Flüsterton zu sprechen: »Wenn Euch wirklich an ihm liegt, mögt Ihr vielleicht eine andere Beschützerin in Erwägung ziehen. Eine, die mehr Verständnis für Eure persönlichen Bedürfnisse hat. Eine, die ebenfalls über eine bedeutende Organisation verfügt, die großzügig ist und eine weitaus größere Anhänglichkeit erwecken könnte.«
    »Ihr meint-?«
    »Meine Liebe, habe ich Euch nicht immer gesagt, die alten Methoden sind die besten?« sagte La Bosse. »Die große La Voisin wird bald passé sein. Ihr Ehrgeiz wird ihr Untergang sein, wie wir beide wissen, liebe kleine Marquise. Man kann sich nicht der Erlauchten bedienen und gleichzeitig versuchen, unter ihnen aufzusteigen. Sie bildet sich ein, einige von ihnen seien ihre Freunde. Und wie wir wissen, kann das nicht sein. Man muß stets zunächst an sich selbst denken. Diese Freundschaft mit einer großen Dame – dafür begibt man sich in Gefahr und wendet sich Leuten außerhalb der Schwesternschaft zu. Kommt zu mir, wenn Ihr ihrer überdrüssig seid. Ich weiß, wie Eure gottgegebene Begabung sich am besten verwenden läßt, Ihr liebes kleines Ding. Denkt daran, Ihr seid jederzeit willkommen –«
    »Ich werde darüber nachdenken«, erwiderte ich zurückhaltend.
    »So ist's recht, meine Liebe. Man soll nichts tun, ohne es zuvor bedacht zu haben.« Ihre Stimme ließ mich frösteln.
    »Um dieses Nachdenken ein wenig voranzutreiben, erlaubt mir, Euch für den kommenden Donnerstag zum Abendessen einzuladen«, fügte La Vigoreux hinzu. »Es kommen nur ein paar Freunde, aber es wird eine sehr elegante Gesellschaft sein. Ihr müßt einige von uns näher kennenlernen und sehen, wie groß unser Kreis von Freunden des Okkulten ist«, fuhr sie fort.
    Aber La Bosses listige Schweinsäuglein hatten meine verborgenen Gefühle wahrgenommen. »Ah, ich sehe Euren kühlen Blick. Sie hat Euch gut unterrichtet, in Überheblichkeit ebenso wie in der Wahrsagerei. Aber sie ist nicht die einzige, die große Unternehmungen aufzubauen vermag. Auch ich habe eine erstklassige Klientel, Herzoge, Fürsten – allein für meinen nächsten Auftrag hat man mir zehntausend Écus versprochen. Was hat sie dem gleichzusetzen? Ha, sie kann nicht einmal diesen langweiligen alten Kerl loswerden, den sie zum Ehemann hat.« Vorsicht, Vorsicht, dachte ich. Wenn du zwischen diese beiden rivalisierenden Hexen gerätst, wirst du nie wissen, welche dich vergiftet hat.
    »Oh, ich würde liebend gerne kommen – bitte mißversteht meinen Blick nicht. Ich bin nur enttäuscht, weiter nichts. Ich habe bereits eine Einladung für den Abend. Astrologie bei Madame de Villedieu. Es ist bedauerlich, wenn das Geschäft dem Vergnügen im Wege steht.« Unter tausend Entschuldigungen wand ich mich heraus, ohne zu ahnen, daß meine Überheblichkeit meine Rettung sein sollte.

    Eine Woche nach dem Gastmahl, dem ich mich hatte entziehen können, erhielt ich eine Vorladung ins Palais de la Reynie. Ich trat als Marquise de Morville auf, schwarze Seide und Trauergeschmeide aus Onyx. Diesmal wurde ich, zweifellos dank meiner eleganten Erscheinung, durch den Vordereingang in La Reynies mit Büchern gesäumtes Kabinett geführt. Er trug eine helle Vollperücke und die Alltagskleidung eines Edelmannes – ein schlichtes Habit aus rehfarbenem Samt mit einer silbern bestickten blauseidenen Weste, blauen Seidenstrümpfen und braunen Lederschuhen mit hohen Absätzen. Er saß an einem großen Pult, darauf lag ein amtlich aussehender Stapel Papiere unter einem Briefbeschwerer mit dem eingestanzten Abbild des Königs. Neben La Reynie standen Desgrez und zwei untergeordnete Amtleute, die ich nicht kannte. Ihre Mienen waren grimmig und angespannt. La Reynies Augen weiteten sich beim Anblick der Marquise. Er hatte sie nie zuvor in ihrer ganzen Pracht gesehen, noch dazu mit einer besonders gelungenen

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