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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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habe so ein liebes Wesen und eine hübsche Taille. La Montespan hielt ihn von Abwegen ab, indem sie ihm eine ihrer Damen opferte – diese Des Œillets. Ich habe sie hier im Laden gesehen, sie ist überhaupt nicht hübsch! Aber oh, sie trägt die Nase hoch, weil sie dem König ein Kind geboren hat. Ja, seine Beachtung geht auf Wanderschaft – nicht lange, und eine wird sehr, sehr großes Glück haben.«
    »Ihr habt hier eine elegante Kundschaft«, sagte ich so ruhig wie möglich. Ein Schauder erfaßte mich. Es war also Onkel, der eine Kleinigkeit für eine Freundin in Auftrag gab. Aber als ich sah, wie kunstvoll die kleine Liebesgabe zusammengestellt wurde, fragte ich mich, warum sie so sorgsam mit dem Inhalt einer grünen Liebestrankphiole besprengt werden mußte, wenn sie doch von einem Abschiedsgedicht begleitet wurde? Wenn ich jetzt, da ich dies schreibe, an jene Tage zurückdenke, kann ich meine Unwissenheit nur damit entschuldigen, daß ich Bücher weit besser verstand als die Gepflogenheiten der Welt.
    Dieselbe klapprige kleine Mietdroschke, im Schneckentempo von einem knochigen alten Klepper gezogen, brachte mich am späten Nachmittag dieses merkwürdigen Tages zu La Trianons Etablissement zurück. Ich hatte mich daran gewöhnt, daß der Kutscher, ein einäugiger Mann in einem abgetragenen Rock, nie Bezahlung verlangte. Aber heute nachmittag zögerte er, mir in die kleine Kutsche zu helfen; er betrachtete mich blinzelnd von oben bis unten wie eine Fremde. Meine alten Kleider schlotterten über dem neuen Korsett; mein neu gestaltetes Gesicht war weiß und angespannt vor Schmerz unter den rosigen Rougetupfern, die meine Wangenknochen zierten. Meine wilden schwarzen Locken waren in der Mitte gescheitelt und an den Seiten mit Bändern zusammengefaßt, der Rest am Hinterkopf geknotet, eine Haartracht, wie sie jetzt bei Ladenmädchen und Bürgersfrauen beliebt war, nachdem sie bei Hofe aus der Mode geraten war.
    »Nanu, nanu«, gackerte der alte Kutscher. »Dieselben Kleider, muß wohl dasselbe Mädchen sein. Sieht beträchtlich weniger wie ein grauslicher Wasserspeier aus, aber mir persönlich ist eine Dicke mit ein bißchen mehr was zum Drücken dran lieber.« Als der alte Gaul loszockelte, verbarg ich mich in den Tiefen der Kutsche und weinte vor Wut und Schmerz, wenn die Droschke auf der schmalen Straße über eine Furche holperte.
    Aber als die Straße breiter wurde, mußten wir plötzlich auf den Ruf des Kutschers einer erlesen bemalten und vergoldeten schweren Kalesche anhalten, die, in geschwindem Trab von sechs Pferden gezogen, die Fußgänger beiseite springen ließ und alles, was in der Nähe war, mit Schlamm bespritzte.
    »Platz da! Platz da!« Wir hörten weitere Stimmen aus der entgegengesetzten Richtung, als eine zweite Equipage, von vier schweren Braunen gezogen, in voller Fahrt aus den schmalen Straßen des Marais hervorstob. Man hörte Pferde wiehern, wilde Flüche und ein knirschendes Geräusch, als die Räder der sausenden Kaleschen blockierten und die Lakaien einer jeden Equipage ausschwärmten, um die Kränkung zu rächen, die der Ehre ihres Herrn zugefügt worden war. Der Rang war es schließlich, der bestimmte, welche Kalesche zuerst fuhr, und nach der Karambolage mußte der Vorrang nun mit dem Schwert entschieden werden. Zeugen erschienen an den Fenstern und strömten aus den Gassen zusammen. Die, deren Kleider beschmutzt worden waren, blieben schadenfroh stehen.
    »Na, so ein Spaß«, brummte mein Kutscher. »Wir sitzen hier fest, bis sie die Straße räumen.«
    Die livrierten Lakaien hatten ihre Schwerter gezogen, und wir konnten sie schreien hören: »Du Esel, du hast meinen Herrn beleidigt, den Marquis de Paulmy.«
    »Gemeiner Straßenkehricht, du hast die Kutsche des Milord Anglais demoliert.«
    »Meinem Herrn gebührt der Vorrang, kannst du nicht zählen? Sein Rang gestattet ihm sechs Pferde, und nicht nur vier.«
    »Meinem edlen Herrn gebührt der Vorrang. Er wurde vom König berufen. Ihr hättet weichen müssen.«
    Die Zuschauer feuerten die Beteiligten an. Rauhe Zurufe für den kleinen Burschen in Blau oder den großen Lakai in Grün vermischten sich mit dem Fluchen und Stöhnen der Verletzten. Ein Hochruf ertönte, als der Herr der ersten Kalesche, ungeachtet des Schadens, den seine Seidenstrümpfe und feinen Schuhe nahmen, aus seinem Gefährt sprang, den Wagenschlag der zweiten Equipage gewaltsam öffnete und ihren Insassen herauszerrte, um ihm mit seinem Spazierstock eine

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