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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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vergiftet worden? Messalina. Sie hatte es getan.
    »Oh, der Geschmack ist gar köstlich«, seufzte Abbé Mariette auf der anderen Seite der Tafel. »Eure Köchin ist eine wahre Künstlerin.« Ich fuhr zusammen. La Voisin warf mir einen durchdringenden Blick zu. Alles, nur nicht die Pilze, dachte ich. Die Angst verleiht jedem Gericht unbeschreiblich scharfe Würze. Mein Lebtag habe ich die delikat vermischten Aromen von Knoblauch und Kräutern, das feine Bouquet des Weines nicht so deutlich geschmeckt. Der hervorstechende, scharfe Geschmack war unglaublich delikat. Beinahe berauschend. Berauschend? Etwas in der Sauce? Einerlei, es war schon geschehen. Genieße die Aromen, Geneviève, du kannst sie dir getrost munden lassen. Es ist dein letztes Mittagsmahl auf Erden.
    »Die Pilze – Pfifferlinge – ganz köstlich –«, hörte ich. Totenköpfe wurden sie auch genannt. Hatten sie der Sauce den einzigartigen Geschmack verliehen? Kein Wunder, daß ich sie nie zuvor gekostet hatte.
    »Versucht die Pilze, liebe Marquise. Es gibt sie eigens Euch zu Ehren.« Vernahm ich eine Spur heimlicher Belustigung in ihrer Stimme?
    »O ja, sie sind ganz vorzüglich.« Kein Zweifel. Es mußten die Pilze sein. Ihr Geschmack war exquisit, delikat, unmöglich zu beschreiben. Nun gut, lieber Pilze als ein Erstickungstod im Hinterzimmer. Wie lauteten die Gebete in der Messe, während denen ich mich in Tagträumen ergangen hatte? Warum hatte ich nicht zugehört? Jetzt konnte ich mich auf kein einziges besinnen. O Gott, vergib mir. Kein einziges Wort. Das Vaterunser, war es die richtige Reihenfolge? Es half nicht, wenn die Reihenfolge nicht stimmte. Es war fort. Eine Seele. Hatte ich überhaupt eine Seele? Oh, ich wünschte jetzt, daß ich eine hätte oder wenigstens glaubte, eine zu haben. Ich wollte nicht sterben. Das Leben war zu schön, zu amüsant, voll neuer Dinge, die es zu sehen gab, und voller Hoffnung. Welche Ironie: Ich hatte versagt, als ich sterben wollte, und nun versagte ich, als ich leben wollte. Wein. Ein Trinkspruch. Auf die Künste von Le Sage. Auf meinen Triumph. Trinke, trinke. Es dämpft den Schmerz, wenn die Todeskrämpfe einsetzen.
    »Meine Güte, der Erfolg ist Euch zu Kopf gestiegen, Madame. Le Sage, Mariette, tragt sie hinauf.« Ich wurde in dem Zimmer mit dem düsteren Wandbehang aufs Bett gelegt. Der in sattem Grün und mit Goldbrokat drapierte Baldachin schwebte kreisend über meinem Kopf. Die dunkelrote Wand schwankte. Gut. Soll der Tod hier kommen. Ich konnte den Kopf nicht heben. Als mir die Augen zufielen, sprach ich das einzige Gebet, das ich konnte. Gott, nimm meine Seele zu dir, wenn ich eine habe.
    Mein Bewußtsein kam und ging, indes der Spätnachmittag verblaßte und die Dämmerung einsetzte. Ich vernahm Flüstern.
    »Hört sie uns?«
    »Sie ist volltrunken. Sie hört keinen Ton.« Le Sage.
    »Er wird mit jedem Tag schwächer. Seine Augen sind eingesunken. Er hustet. Ich kann es nicht ertragen.«»Nur noch eine kleine Weile, bis wir heiraten, meine Liebste.«
    »Ich sage Euch, ich halte es nicht aus. Es zerreißt mich.«
    »Die Liebe und das Verlangen nach mir, o erhabene Königin, oder die Trauer um den elenden Schwächling, den Ihr geheiratet habt? Was ist Euch? Ihr wolltet es so, ich habe ihn verhängt.«
    »Den Zauber. Er ist zu gräßlich. Ihr müßt ihn aufheben.« Endlich erkannte ich die Stimme. La Voisin.
    »Den Zauber über einem Widderhaupt aufheben? Das hat es noch nie gegeben.«
    »Grabt ihn aus, grabt ihn aus, sage ich. Ich halte es nicht mehr aus, ihn so dahinsiechen zu sehen!« Bei dem verzweifelten Geschrei schlug ich die Augen auf. Zum Glück besaß ich die Geistesgegenwart, sie wieder zu schließen und regungslos liegenzubleiben.
    »Ihr liebt mich nicht, wenn Ihr nicht einmal diese Kleinigkeit zu riskieren wagt. Ich wurde von größeren Frauen als Euch geliebt. Gemeinsam könnten wir über Europa herrschen. Ihr allein, was habt Ihr schon?«
    »Viel mehr, als Ihr je erreicht habt, Undankbarer! Wessen Einfluß hat Euch vor den Galeeren gerettet? Welcher Sträfling hat die Galeeren jemals verlassen, außer im Leichentuch? Ihr allein! Mein unermeßlicher Einfluß bei Hofe hat bewirkt, daß Ihr in Genua an Land gesetzt wurdet. Ich habe Euch geschaffen, ich kann Euch vernichten! Geht, geht und grabt ihn aus, wo immer Ihr ihn dort draußen verscharrt habt, und bringt ihn mir in dieses Zimmer! Ich werde den Zauber selbst aufheben. Was hat er denn getan, der Mann, den Ihr so verabscheut, außer

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