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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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keineswegs eine Spiegelung war.
    »Einen hübschen Bannkreis hast du da gezogen, Ravenna!«, rief der Dämon. »Einen mächtigen Schutzkreis gegen den Teufel, nur hast du leider vergessen, dass ich Herr in meinem Hause bin. Durch meine Magie verwandelt sich dein Werk nun ins Gegenteil: Was einst die Macht der Hexen war, ist jetzt der Hexen Bann.«
    Als Beliar die Fäuste gegeneinander schlug, verschmolzen die Schlangenleiber miteinander und verwandelten sich in ein Schwert mit geschuppter Klinge. Das Eisen fuhr durch die Lichtstäbe, in denen das Regenbogenfeuer wirbelte, und sie splitterten wie Eis. Der Bannkreis brach zusammen.
    Beliars nächster Hieb war beinahe tödlich, denn er kam senkrecht von oben. Die Teufelsklinge schlitzte Lucian das weiße Shirt vom Schlüsselbein bis zum Gürtel auf und prallte dann von der Gürtelschnalle ab. Den zweiten Hieb parierte der junge Ritter blitzschnell, doch von nun an prasselte Schlag auf Schlag auf ihn nieder. Beliar trieb ihn durch den Raum – hinter den Schreibtisch und von dort zur Tür, von der Tür zum Fenster und wieder zurück.
    Die Schuppenklinge fauchte und bohrte sich in den Holzrahmen. Einen Herzschlag lang steckte die Spitze fest. Ein Rauchfaden stieg auf und Lucian nutzte die Gelegenheit augenblicklich aus: Sein Schwert durchstach die Deckung des Marquis und das wäre, hätte Beliar nicht hastig den Kopf nach hinten geworfen, sein Ende gewesen. So aber ritzte Lucians Klinge seine Lippe nur, glitt am Nasenflügel entlang und schnitt ihm tief in die Augenbraue.
    Der Handballen des Marquis traf Lucian mitten ins Gesicht. Sein Kopf stieß gegen den Türrahmen. Er taumelte und wehrte nur noch ab, als die Drachenklinge von rechts und von links auf ihn zuflog. Dem letzten Hieb entging der junge Ritter nur, indem er sich duckte, die Tür aufriss und sich abrollend auf den Flurboden fallen ließ. Hastig sprang er wieder auf die Füße.
    »Du verliebter Idiot, wärst du nur auf Burg Landsberg geblieben!«, rief der Marquis. »Ich habe über siebenhundert Jahre Übung, du dagegen kein Dutzend. Schade, dass unser Zweikampf diesmal nicht lange dauern wird.«
    Er hob das Schwert. Ravenna packte den Kerzenhalter, der auf dem Schreibtisch vor sich hin brannte, nahm Anlauf und rammte Beliar die Arme des Kandelabers in den Rücken. Die Robe des Marquis begann zu brennen, doch er nahm keine Notiz davon. Knisternd entflammte das Haar auf seinem Hinterkopf, aber es störte ihn kaum.
    Feuer war das Element des Teufels.
    Durch Beliars nächsten Angriff wurde Lucian fast das Heft aus der Hand gerissen. Verbissen wich der junge Ritter auf die Empore zurück und suchte einen neuen Stand. Er machte Boden gut, doch es gelang ihm nur einige Augenblicke lang, Beliars Wut zu parieren. Als der Marquis ihn mit der Breitseite der Klinge traf, verlor er das Gleichgewicht. Sein Gesicht war verzerrt vor Schreck, als er nach dem Handlauf griff, doch der Schwung war zu groß: Lucian prallte gegen das Geländer, überschlug sich und stürzte rücklings auf die Treppe.
    Unter Getöse gab das Glas nach. In einem Regen aus Kristall stürzte der junge Ritter auf die Steinplatten in der Eingangshalle, schlug hart auf und blieb in einem merkwürdig verrenkten Winkel liegen.
    »Lucian!« Mit einem Aufschrei stürzte Ravenna an das Geländer. Seine Augen waren offen, das Schwert lag griffbereit neben ihm, doch sein Gesicht war weiß wie eine frisch gekalkte Wand und mit Bluttropfen gesprenkelt. Wieder schrie Ravenna auf. Sie eilte zu der Stelle, an der die Treppe ansetzte, doch da war nichts außer einer scharfen Kante und einer Fallhöhe von mehreren Metern. Sie konnte nicht zu Lucian gelangen, außer indem sie sich selbst über die Brüstung warf.
    Jetzt hätte sie etwas Magie gut gebrauchen können, doch was hatte sie schon gelernt in ihren vier Tagen auf dem Hexenberg? Sie hatte bloß mit den Siegeln der anderen Zauberinnen herumgespielt, während die Schülerinnen des Konvents viele Jahre brauchten, um die Geheimnisse der Magie zu begreifen. Sie hatte nie erfahren, was Viviale und Mavelle ihr beibringen konnten, und sie war der Hexengöttin nie begegnet. Sie war tatsächlich eine Anfängerin, eine anmaßende Unruhestifterin, mehr nicht. Sie spielte nur, während das Leben ihres Geliebten von ihr abhing: Lucians Leben, das er mit seinem Schwert in ihre Hände gelegt hatte.
    Beliar packte sie am Handgelenk. Sein Gewand qualmte, und der Gestank von verschmortem Leder umhüllte ihn, doch auf seinem

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