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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und Mäusen und von irgendwo war das Tropfen von Wasser zu hören. Magie war kürzlich hier gewirkt worden, das konnte sie spüren. Das Gefühl legte sich wie ein dumpfer Druck auf ihre Ohren.
    »Das sieht wie in einem Spukschloss aus«, murrte sie. »Wie soll man sich hier zurechtfinden?«
    »Die Zimmer sind im ersten Stock«, erklärte Florence, während sie ihr Bündel vom Boden aufhob. »Du hast Glück, weil du Ravennas Schwester bist und dir eine Kammer mit ihr teilst. Wir anderen müssen mit dem Schlafsaal vorliebnehmen.«
    Als sie sich nach ihrem Gepäck bückte, klaffte ihr Mantel an der Brust auseinander und Yvonne erkannte, dass Florence ein ähnliches Büßergewand trug wie sie selbst, ein Kleid aus grober, grauer Wolle. Das Mädchen war ihr sofort aufgefallen, weil sie anders als die anderen Schülerinnen des Konvents wirkte. Sie schien bekümmert und ihr Haar war kinnlang gestutzt, als hätte ihr jemand den Zopf mit einem Messer abgetrennt.
    Neugierig geworden, streckte Yvonne die Hand nach den Satteltaschen aus. »Komm, ich helfe dir«, bot sie an. Beiläufig deutete sie auf die gestutzten Haare der Hexe. »Was ist denn mit dir? Warum hat man dir das angetan?«
    Florence wurde rot und senkte den Kopf. »Ich habe gegen die Regeln des Konvents verstoßen und mich mit schwarzer Magie befasst«, erklärte sie, während das Haar über ihre Wangen glitt. »Das heißt … Lynette hat Schadenszauber gewirkt. Ich war nur dabei. Deshalb durfte ich bleiben, während sie den Konvent verlassen musste.«
    »Ach«, sagte Yvonne. Leise pfiff sie durch die Zähne. »Dann bin ich also nicht die Einzige, die irgendwelche Regeln missachtet? Erzählst du mir, was Lynette getan hat? Vielleicht hilft es mir, das alles hier ein bisschen besser zu verstehen.«
    Die Stiegen knarrten, als sie das Gepäck in den obersten Stock brachten. Aufmerksam hörte Yvonne zu und erfuhr, wie es gekommen war, dass Lynette von den Hexen verstoßen wurde. Tief im Innern empfand sie Mitgefühl mit der jungen Hexe. Regelwerke und Hierarchien widerstrebten ihr und sie empfand ihre eigene Prüfung durch die Sieben als Zumutung. Die Flamme des Gewissens hätte sie beinahe versengt und sie hatte ihre gesamte Geistesgegenwart aufbieten müssen, um das Zauberfeuer im Zaum zu halten, als es sich in ihre Knochen und Gedanken zu fressen drohte. Beinahe hätte die Flamme ihr Geheimnis offenbart.
    »Mordgesellen«, brummte eines der Mädchen, als Yvonne den Schlafsaal betrat. Bettgestell reihte sich an Bettgestell, zusammengezimmert aus rohen Brettern. Für jedes Mädchen lag ein Strohsack bereit. »Vermutlich wird der Wirt von den Geistern der armen Wanderer heimgesucht, die er eigenhändig um die Ecke brachte. Ich wette, eines seiner Opfer hat sich gewehrt – daher die Narbe.«
    »Das glaube ich kaum«, erwiderte ein großes, kräftiges Mädchen. Sie stand vor einer Tür, die in den Anbau führte. Der Durchgang war vernagelt. Die Augen der jungen Hexe waren geschlossen und sie bewegte ihre Lippen und murmelte leise vor sich hin. Von irgendwo rieselte ein schwaches Licht auf sie herab. »Etwas anderes ist hier passiert«, flüsterte sie nach einer Weile. »Ich spürte etwas Tragisches … ein Unglück, das sich in diesem Haus zugetragen hat. Und eine unglückliche Seele, die hier gefangen ist.«
    Eine gefangene Seele – Yvonne lief ein Schauer über den Rücken. Dasselbe hatte Oriana über sie gesagt.
    »Millie!«, zischten die anderen Hexen. »Du hast den Wirt doch gehört: keine Magie!«
    Das Mädchen schlug die Augen auf. Der bläuliche Sternpuder, der auf ihre Gestalt herabgestaubt war, verschwand, und Yvonne schien es, als lege sich plötzlich ein Tuch über ihre Augen – so dunkel wurde es in dem Schlafsaal. Als sie erschrocken zurückzuckte, stieß sie sich den Kopf an einem der Bettgestelle.
    »Au … verdammt!« Fluchend rieb sie sich die getroffene Stelle. Ringsum flackerten Lichter auf. Gewöhnliche Lampen und Kerzendochte beleuchteten die Gesichter der jungen Hexen.
    »Wie man sich im Stockfinstern zurechtfindet, lernen wir im ersten Jahr«, brummte Millie. »Wichtig ist, dass man niemals eine unbesonnene Bewegung macht.«
    »Danke für den Hinweis«, knurrte Yvonne. Ihre Schläfe schmerzte. Sie ließ Florences Bündel unsanft zu Boden fallen. Dichte Staubflocken wehten über die Dielen und in der grauen Schicht entdeckte Yvonne die Spuren von winzigen Krallen. Nun wurde ihr bewusst, woher der strenge Geruch kam, der den Schlafsaal

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