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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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steigt noch ein Missionar zu, den wir mitnehmen müssen.«
    »Ein Katholik? An Bord dieses Holländers?«
    »Nein, natürlich nicht, ein Lutheraner. Die Jesuiten werden ja schon von den Spaniern und Portugiesen durch die Welt gesegelt.« Wolfhardt hielt inne. »Kann ich ohne Unterbrechung fortfahren?«
    Rosa nickte.
    »Und um Platz für mich zu schaffen, hat der Kapitän kurzerhand den anderen Schiffsarzt hinausgeworfen. Der war ihm sowieso ein Dorn im Auge, weil er ständig mit dem Profos gemeinsame Sache gemacht und die Leute mit unnötigen Prozeduren geschunden hat.« Der Arzt grinste jetzt und sah beinahe glücklich aus.
    »Deshalb schleicht er immer um uns herum?«
    Wolfhardt nickte. »Aber es wird ihm nicht gelingen, uns eine Verfehlung nachzuweisen.«
    »Was könnten wir denn Falsches tun?«
    Wolfhardt sah ihr direkt in die Augen, sodass Rosa ganz verlegen wurde, obwohl sie nicht hätte sagen können, warum. Es war ein merkwürdiger Blick, eine Art staunendes Fragen.
    Der Arzt räusperte sich, als wäre seine Stimme belegt, dann noch einmal, dann antwortete er: »Etwas Falsches tun … nun ja, fluchen zum Beispiel. Er ist imstande und lässt dir den Arsch versohlen, wenn er dich dabei erwischt.«
    »Aber ist Kartenspielen denn nicht viel schlimmer?«
    »Ja, schon. Solange sich das im Unterdeck abspielt, wird es geduldet. Wir hätten uns nicht oben an Deck erwischen lassen dürfen. Doch wenn du es wagen solltest, dich über das Essen zu beklagen, dann gnade dir Gott.«
    »Bis jetzt ist es essbar.« Rosa lachte unsicher, weil sie immer noch seinen forschenden Blick auf sich spürte. Sie warf einen Blick auf das seit Tagen stark bewegte Meer, das in der Abenddämmerung rotgolden schimmerte.
    »Es wird dunkel, ich haue mich jetzt aufs Ohr«, erklärte sie, weil sie sich auf einmal befangen fühlte, so, als hätte sie etwas falsch gemacht.
    »Gute Nacht.« Wolfhardt drehte sich um und verschwand in die Richtung seiner Kajüte.
     
    Stunden später krachte etwas Nasses klatschend auf Rosa. Sie schnappte nach Luft. Das Wasser war eiskalt und lähmte ihren Körper, während ihr Herz anfing zu rasen.
    Kupferrote, grün geränderte Blitze erhellten die tobende Nacht. Kreischen, Ächzen, Heulen und Pfeifen erfüllte die Luft, vermischte sich mit den Schreien der Matrosen.
    Rosa beeilte sich, aus der Hängematte zu kommen, die so stark hin und her schwankte, dass es kaum zu schaffen war. Schließlich gelang es ihr, sich am Vordach der Hütte festzuhalten und hinauszuspringen. Sie stürzte und schlitterte auf den glitschigen Planken bis zur Reling. Dort tosten hoch aufgetürmte Wogen über die Bordwand, leckten gierig an Rosa, wollten sie einsaugen, dem Ozean einverleiben, gleichzeitig knallten Regentropfen hart wie Hagelkörner von oben auf ihre Schultern. Das Stampfen und Schlingern des Schiffes machten es unmöglich aufzustehen. Die Amalberga lag gefährlich schief, ja, es sah für Rosa so aus, als würde sie gleich für immer im Meer versinken. Da, plötzlich richtete das Schiff sich unvermutet auf, nur um dann auf die andere Seite zu kippen. Rosa konnte sich nicht mehr halten und rutschte von der Reling zur Deckmitte.
    Sie vernahm immer wieder Schreie der Matrosen, die sich in den Tauen kaum halten konnten. Die Sturmböen brüllten über die Kommandos der Offiziere hinweg, rissen an den Masten und den zusammengerollten Segeln.
    Das überlebe ich nicht, dachte Rosa. Und wenn, dann werde ich mir in Zukunft die Hölle so vorstellen, diesen infernalischen Lärm, diese kalte Nässe.
    In diesem Augenblick wurde ein Mensch neben sie geschleudert, der irgendwo heruntergestürzt sein musste. Sie kroch zu ihm hin. Er lebte. Doch der Geruch des Blutes, das aus seinem Körper strömte, verdrängte den des Salzwassers und des Regens. Sie kroch näher und bemerkte, dass der Mann etwas sagen wollte.
    Rosa presste ihr Ohr an seinen Mund, um ihn besser zu verstehen, aber wegen des Brausens des Meeres konnte sie nur sinnloses Stammeln ausmachen. Sie griff nach seiner Hand, ein lappiger Haufen gebrochener Knochen, ließ deshalb sofort wieder los, legte ihre Hand auf seinen Arm, wusste selbst, wie sinnlos das war, trotzdem flüsterte sie: »Schsch, alles wird wieder gut …«, so, als könnte er das bei dem Geheul hören.
    Das Schiff neigte sich wieder auf die andere Seite, katapultierte sie und den Mann zur Bootskante, die tief im Wasser hing. Rosa klammerte sich an den glitschigen Planken fest, versuchte, den Mann zu halten, doch er

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