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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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deutete grinsend auf den Missionar. »Und wenn die Boote beschädigt sind, wird ihn das nur bestätigen. Ich habe die kleinste der Schaluppen schon runtergelassen. Hier, nehmt das!« Er hielt ihnen eine Strickleiter hin. »Damit müsst ihr nach unten. Haltet euch gut fest!«
    Rosa schauderte unwillkürlich. Die Seile der Strickleiter waren lächerlich dünn, doch dann zuckte sie mit den Schultern. Es war ihr gleichgültig, wie und wann sie sterben würde.
    Der Missionar und Wolfhardt machten sich daran, das obere Ende der Leiter an der Reling zu befestigen.
    »Ich werde zuerst ins Boot steigen, dann kann ich die Leiter von unten etwas festhalten, wenn du nachkommst«, schlug der Missionar vor.
    »Ist mir egal«, murmelte Rosa.
    Willem hatte große Mühe, das Tau festzuhalten, an dem die Schaluppe hing. »Macht schon!«
    »Hier.« Der Missionar reichte Rosa seinen noch immer feuchten Talar. »Wirf ihn runter, wenn ich unten bin.«
    Dann kletterte er über die Reling.
    Wolfhardt sah sich besorgt um. »Warum ist keiner an Deck, wo ist die Wache?«
    »Alle sind unten und hängen an den Lippen des Profos«, erklärte Willem.
    »Ein schlechtes Zeichen. Verschwindet endlich!«
    Rosa beugte sich über die Reling. Der Missionar wurde vom Wind hin und her geschleudert und hatte große Mühe, in die auf dem Wasser tanzende Schaluppe zu springen, die Willem zwar immer noch von oben festhielt, aber nicht wirklich dirigieren konnte.
    Der Missionar sprang, verfehlte das Boot und landete klatschend im Wasser. Erst nach einer Ewigkeit, wie es Rosa vorkam, tauchte er prustend wieder auf und schwamm zu dem Boot hinüber. Dort versuchte er, sich über den Rand zu ziehen, aber es gelang ihm erst beim zehnten oder elften Versuch.
    »Rosa!«, brüllte der Missionar von unten. »Rosa, komm endlich!«
    »Wir sollten den Talar und den Sack an der Leine nach unten werfen«, meinte Willem, »sonst treibt der Wind die Sachen fort.«
    »Mach’s, aber mach schnell, und dann du, Rosa!«, befahl Wolfhardt.
    Sie machte sich daran, über die Reling zu klettern, sah in die Gesichter der beiden Männer, die so viel riskierten, um ihr zu helfen, und plötzlich schämte sie sich. »Ich danke euch für eure Hilfe«, rief sie ihnen zu und sah dann nach unten, bevor sie sich auf die Strickleiter wagte, deren Ende der Missionar festhielt.
    Der Wind zerrte an ihren Kleidern und spritzte Gischt in ihr Gesicht. Ihre Hände rutschten trotz der Handschuhe an den glitschigen Seilen immer wieder ab. Lange würde sie sich nicht halten können.
    Plötzlich wurde Rosa noch mehr hin und her geschleudert – das untere Ende der Leiter hatte sich losgerissen.
    »Hierher, Rosa, ich bin hier!« Die Stimme des Missionars drang nur in Fetzen an ihre Ohren. Der Wind übertönte alles.
    Wie konnte er ernsthaft glauben, dass sie irgendetwas tun konnte, Herrin über diese Leiter war? Verzweifelt bemühte sie sich, das unter ihr schwankende Boot ausfindig zu machen.
    »Spring!«, rief er.
    Doch wohin? Sie sah nichts unter sich als bedrohlich hin und her schwappendes dunkles Meer.
    »Ich bin genau unter dir!«
    Rosa sprang von der Leiter und landete im Meer.
    Erschrocken schnappte sie nach Luft, ein Schwall Salzwasser schwappte direkt in ihre Lungen. Sie röchelte, würgte, bekam keine Luft. Sie strampelte mit Armen und Beinen, um sich über Wasser zu halten.
    »Hierher, hierher!«
    Unmöglich, wie sollte das gehen?
    Sie wurde nach unten gezogen, gepackt.
    Das war es also, dachte sie. Das Ende.

33. Kapitel
     
    A ls Rosa ihre Augen öffnete, wurde sie von der Sonne geblendet. Sie blinzelte und hob die Hand schützend über ihre Augen. Plötzlich schwappte Wasser über ihr Gesicht und brachte mit der Kälte auch ihre Erinnerung zurück.
    Ich bin also nicht tot, dachte sie. Jemand hatte sie aus dem Wasser gerettet.
    Sie setzte sich auf, wurde hin und her geschaukelt und klammerte sich am Rand der Schaluppe fest, um das Gleichgewicht zu behalten.
    »Gut, dass du endlich aufwachst, ich brauche deine Hilfe!«
    Der Missionar deutete auf die Ruder und drehte ihr dann seine Handinnenflächen zu.
    Rosa zuckte zusammen. Seine rechte Hand war voller Blasen, in der linken war schon das rohe Fleisch zu sehen. Es musste große Schmerzen verursachen, wenn die offene Hand mit dem Salzwasser in Berührung kam.
    Wie lange er wohl schon gerudert hatte? Sie sah sich beklommen um. Nichts als Wasser. Nur Wasser.
    Süßes Wasser, das war es, wonach ihr ausgetrockneter Körper verlangte, nach herrlich

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