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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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zusammendrücken, um ihn nicht doch noch zu schlagen.
    »Aber du«, quetschte ich mühsam beherrscht zwischen meinen Zähnen hervor, »du hast mir doch die Augen geöffnet und mir verraten, dass sie schwanger ist. Du warst es, der mich vor ihr gewarnt hat, Monate bevor sie den Kartenmacher geheiratet hat.«
    »Ja, und es war ein Fehler, mich einzumischen. Ein übler Fehler. Aber das ist mir erst klar geworden, als ich dich vor Monaten in der Werkstatt des Kartenmachers gesehen habe, wie du die Witwe leblos am Boden hast liegen lassen, wie ein Stück Abfall. Da erst habe ich verstanden, was mit dir passiert ist.«
    »Was soll das heißen, was mit mir passiert ist?«
    »Ich war mir sicher, du würdest dich noch fangen und irgendwann entdecken, was Weiber zu bieten haben. Aber du hast deinen Hass immer noch vergrößert, anstatt ihn zu vergessen. Und aus diesem Grund haben wir nun keinen Erben.«
    »Willst du deshalb heiraten?« Jetzt verstand ich endlich, worauf er hinauswollte. Es ging hier nicht um mich und das, was ich getan hatte, sondern um einen Erben. »Glaubst du im Ernst, dir gelingt in deinem Alter noch ein Stammhalter?«
    »Warum denn nicht?« Jetzt grinste er wieder wie ein Kind, das Sahne genascht hat. »Bei mir funktioniert alles noch einwandfrei. Da hat sich noch keine beschwert.«
    Er ist dein Vater, sagte ich mir, dein Vater, einer der größten Ratsherren, die Nürnberg je gehabt hat. Du musst diesem Greis sein kindisches Geschwätz vergeben.
    »Aber nein, du irrst dich. Es geht mir nicht nur um einen Erben, das wäre nur ein schöner Nebeneffekt. Ich will deine Schuld an Marie-Christin abtragen. Sie wird nie einen Mann finden, doch wenn sie mich heiratet, kann ich sie absichern. Ich werde ihr die Hälfte von dem vererben, was ich besitze.«
    Er musste vollkommen verrückt geworden sein. Ich konnte schon den Hohn und Spott der Nürnberger Patrizier hören, wie sie hinter vorgehaltener Hand über den geilen alten Bock hechelten. Lächerlich, heiraten, um meine Schuld abzutragen. Das hatte er sich ausgedacht, um meine Zustimmung zu erpressen. »Und will sie dich denn?«
    »Sie sagt, ich muss darüber mit ihrem Bruder reden, der ist aber noch auf dem Weg nach Nürnberg.«
    Wir waren endlich wieder am Haus angekommen. Ich überreichte Karl meinen Mantel und setzte mich sofort vor den Kamin in der Stube. Ich zitterte am ganzen Leib, aber nicht mehr vor Kälte, sondern wegen dem, was ich gerade erfahren hatte. Was sollte ich tun?

50. Kapitel
     
    W enn ich gewusst hätte, wie meine neu gewonnene Freiheit aussehen würde, wäre ich dann im Harem geblieben?
    Rosa schnarchte endlich leise, nachdem sie wieder einmal von Albträumen aufgeschreckt worden war, und Kaspar nuckelte trotz seiner sieben Jahre friedlich am Daumen. Wir waren zu dritt in eine winzige, dreckstarrende Kajüte mit einem höchstens apfelgroßen Guckloch gepfercht und durften nur zu bestimmten Zeiten die Kabine verlassen. Meistens nachts, wenn der Großteil der Mannschaft schlief.
    Auch hier, auf diesem Schiff, war man nie allein, und es war niemals still. Was im Harem perlendes Gekicher, Rascheln und Flüstern gewesen war, waren nun ächzendes Holz, das Klatschen der Wellen an den Bug, Kommandoschreie, Männergelächter und das beständige Knattern der Segel im Wind.
    Es hungerte mich nach etwas anderem, aber ich konnte nicht sagen, was es war. Meine Sehnsucht blieb merkwürdig unbestimmt, dabei hatte ich immer gedacht, es wäre die Freiheit, der all mein Verlangen galt.
    Rosa fand, wir würden schnell vorankommen. Mir aber kam es quälend langsam vor, weil mir unentwegt entsetzlich übel war. Und wenn ich daran dachte, dass wir Doros Leichnam aus Angst vor unseren Verfolgern unbestattet in der Höhle zurücklassen mussten, wurde mir noch sehr viel schlechter. Kaspar und ich verbrachten sehr viel Zeit damit, uns zu übergeben. Der Schiffsarzt hatte behauptet, mit der Zeit würde sich der Körper an den Wellengang gewöhnen, aber darauf wartete ich jetzt schon seit vier Wochen. Meine Haut fühlte sich an wie getrocknete Kamelhaut und mein Haar wie ein toter Dornbusch.
    Rosa war so anders als ihre sanfte Schwester, einen Tag voller Begeisterung, dann wieder voller Zweifel. Vielleicht war das der Grund, warum sie mich wie einen nützlichen Besen und nicht wie eine Freundin von Dorothea behandelte.
    Sie sorgte sich nur darum, ob wir auch rechtzeitig in Nürnberg ankommen würden.
    Ich hatte ernsthaft versucht zu verstehen, was denn daran so

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