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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Gewand hervorblitzte.
    Rosa bewunderte Arevhat, die sein Interesse zu bemerken schien und vor dem Wachmann aufreizend herumtänzelte.
    »Oder seid Ihr einfach nur ein Trottel, der gar nicht weiß, was er tut?« Arevhat schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Nein, also«, stotterte er, »wir handeln nur auf eine Anordnung des Obersten Losungers, die seit einer Woche gilt und ausdrücklich besagt, dass jedwedem Fremden der Einlass in die Stadt Nürnberg verwehrt wird.«
    Rosas Finger regte sich nicht, was bedeutete, dass der Mann die Wahrheit sagte.
    »Und warum nicht?«, fragte Rosa.
    Der Wächter wurde zur Seite gestoßen, und ein anderes Gesicht schob sich hinter die Klappe.
    »Unterlasst diesen Lärm, verzieht Euch von hier! Und Ihr braucht auch nicht die anderen Tore aufzusuchen. Niemand kommt nach Nürnberg hinein, denn Ihr könntet die Pest mitbringen. Gesellt Euch zu den anderen Fremden. Sie haben am Neutor ihr Lager aufgeschlagen.«
    »Die Pest? In Nürnberg herrscht die Pest?« Rosa schauderte unwillkürlich. Was war mit ihrer Mutter? Mit den Zwillingen?
    »Nein, herrscht sie eben nicht, aber nur, weil der Rat so weise war und uns das Gesindel vom Halse gehalten hat, das die Pest mit heranschleppt. Und jetzt geht!«
    »Und was ist mit den Händlern?«
    »Bis auf Weiteres ist der Markt ausgesetzt. Erst wenn sichergestellt ist, dass in den Lagern um Nürnberg nicht die Pest ausgebrochen ist, werden die Tore wieder geöffnet.«
    Mit einem lauten Knall schloss die Klappe wieder.
    Rosa und Arevhat sahen sich an. Die Pest? Nirgendwo auf ihrer Reise waren sie der Seuche begegnet. Wie kam der Nürnberger Rat also auf so eine Idee?
    »Und was werden wir jetzt tun? Sollen wir versuchen, die Wachen zu verführen? Der eine schien mir nicht abgeneigt.« Arevhat lächelte verschmitzt. »Wenn ich auch sonst nicht viel gelernt habe im Harem, dann das.« Sie drehte und wendete ihre Hüften gekonnt hin und her und brachte damit den Rock ihres schillernden Saris zum Tanzen.
    Rosa schüttelte den Kopf. »Nein, jetzt schlägt es gleich Mitternacht. Ich habe verloren.«
    »Aber das hier ist doch nicht deine Schuld! Lass uns zum Neutor ziehen und hören, was die anderen Fremden zu erzählen haben.« Sie gingen zusammen hinüber zu ihrem überdachten Karren, wo Kaspar wieder eingeschlafen war, und fuhren zum Neutor.
    »Das gibt es ja nicht!« Rosa konnte nicht glauben, was sie vor sich sah. Tatsächlich standen hier Dutzende von Wagen und Karren, es gab trotz der angenehmen Wärme an diesem Juliabend ein großes Lagerfeuer, um das herum die Leute saßen, aßen und schwatzten. Noch bis vor ein paar Minuten hatte Rosa den Verdacht gehabt, man hätte die Tore nur ihretwegen versperrt, aber nun sah es ganz so aus, als hätte Nürnberg wirklich Angst vor der Pest.
    Sie traten näher, um sich auch ans Lagerfeuer zu setzen. Doch bei ihrem Anblick breitete sich plötzlich Stille aus.
    Rosa verstand, dass Arevhats Anblick einem den Atem verschlagen konnte, und auch sie selbst wirkte sehr prächtig in ihrem Mantelkleid.
    »Leute, was ist hier los?«, fragte Rosa. »Habt Ihr noch Platz für zwei einsame Weiber? Wir hätten auch einiges Essbares zu bieten.«
    »Gut, dann gesellt Euch zu uns, wer auch immer Ihr seid«, sagte eine Frau mit einer Haube, die so weiß war, dass sie in der Dunkelheit leuchtete.
    Rosa und Arevhat holten Brot, Schinken und zwei große Krüge mit Wein von ihrem Wagen und verteilten sie freigebig.
    »Also«, fragte Rosa noch einmal, »was ist denn hier los?«
    »Der Nürnberger Rat behauptet, im Umland sei die Pest ausgebrochen, und deshalb sollen wir bis auf Weiteres hier verharren. Jeden Tag kommt einer und überprüft, ob wir schon die Pest haben«, sagte die Frau mit der Haube und nahm einen großen Schluck von dem Wein. Sie schmatzte genießerisch. »Nicht übel.«
    »Ja, und was ist nun mit der Pest?« Rosa zitterte bei dem Gedanken daran, dass sie jetzt vor den Toren von Nürnberg an der Pest dahinsiechen könnte, nachdem sie all das hinter sich gebracht hatte. Sie dachte an ihre Mutter und ihre Schwestern, die auf diesen Tag gewartet hatten und nicht wussten, warum Rosa nicht rechtzeitig zurückgekommen war.
    Die Frau nahm noch einen großen Schluck, rülpste und grinste dann breit. »Das mit der Pest ist Unsinn. Es gibt hier Krätze, Flöhe, Läuse, Furunkel, Verstopfung und Gicht, das schon, aber niemand hat die Pest. Und ich bin schon seit drei Tagen hier. Das ist nur wieder so ein Trick von den

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