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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Nürnbergern, um uns Bauern noch mehr Steuern abzupressen. Ich weiß zwar noch nicht, wie sie’s machen, aber sie wollen uns weich kochen. Vielleicht glauben sie, wenn wir hier draußen festhängen, dann zahlen wir, wenn wir wieder reindürfen, mehr Steuern. Aber das ist dumm von denen, denn sobald wir endlich drin sind, brauchen die Nürnberger dringend etwas zwischen die Zähne, und dann wird alles, was ich verkaufe, sehr viel teurer sein als sonst.« Sie lachte gackernd. »Ich nehm noch von dem Wein!«
    Rosa goss ihr noch etwas in ihren Krug.
    »Und wer überprüft die Leute hier?«
    »Da kommt morgens ein Arzt mit einer Wache, und die schauen sich jeden genau an. Sie schreiben auch die Namen auf, und wenn man sieben Tage gesund bleibt, dann darf man rein.«
    »Sieben Tage!« Rosa stöhnte innerlich auf. Sie war sicher, dass der Rat, Pest hin oder her, ihrer Mutter keine Gnadenfrist einräumen würde.
    Sie suchte Arevhat, die etwas abseits am Feuer saß und in die Flammen starrte, und erzählte ihr, was die Frau gesagt hatte.
    »Wir brauchen einen Plan, ich kann hier nicht sieben Tage herumsitzen.«
    »Ist doch ganz einfach – wir bestechen den Arzt, damit er uns reinlässt.«
    »Das geht nicht, unsere Namen stehen nicht schon sieben Tage auf der Liste.«
    »Dann soll er sie eben fälschen.«
    »Und die Wache?«
    »Auch bestechen.
    »Wir sind hier in Nürnberg …«, setzte Rosa an, hörte aber auf, als Arevhat ihre Augen verdrehte.
    »Ja, ja, ich weiß, hier wohnen die Edlen und Guten. Wir werden es sehen. Das kommt doch nur auf die Summe an. Und wir haben noch genug Gold.«
    »Aber das muss ich Luis zurückgeben.«
    Arevhat schlug wütend mit der Hand neben sich auf den Boden. »Ja, was denn nun?«
    »Entschuldige, du hast recht. Und wenn sie sich nicht bestechen lassen, dann schlagen wir sie nieder! Niemand wird mich so kurz vor meinem Ziel aufhalten.«
    Nachdem sie sich zu Kaspar und Arevhat auf den Karren zum Schlafen niedergelegt hatte, lag Rosa wach. Und was, wenn hier doch jemand die Pest hatte? Sie dachte an die Sage vom Dudelsackpfeifer und wie der die Pest überlebt hatte, dachte an sein Holzdenkmal an der Ecke vom Heugässchen, dem sie mit ihrem Vater so oft einen Besuch abgestattet hatte, nur damit er ihr die Geschichte erzählte. Sie sehnte sich so danach, endlich wieder zu Hause zu sein.

54. Kapitel
     
    V on wegen hier ist niemand bestechlich«, flüsterte Arevhat, als sie hinter dem Arzt und der Wache Richtung Neutor aufbrachen.
    Rosa hätte tausend Eide darauf geschworen, dass der Arzt sich nicht auf so einen Handel einlassen würde, und es beunruhigte sie. Hatte der Mann denn gar kein Gewissen? Was, wenn sie den Nürnbergern den Tod brächten?
    Es löste lautes Murren unter den Bauern und Händlern aus, als sie auf dem Karren mitkommen durften, und Rosa bekam Angst, dass die aufgebrachten Bauern sie doch noch daran hindern würden, durch das Tor zu fahren.
    Sie versuchte, die Schmährufe an sich abprallen zu lassen, und starrte vor sich hin.
    Plötzlich erregte etwas in ihrem linken Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit. Jemand starrte sie anders an als die aufgebrachten Händler.
    Sie drehte den Kopf und entdeckte den Mann, der wie ein Baum dastand und sie anglotzte. Sie rieb sich die Augen – war das nur eine Halluzination? »Das … das …«, stammelte sie.
    »Was ist denn? Beruhige dich, gleich sind wir drin«, flüsterte Arevhat und legte ihre Hand auf Rosas Arm.
    »Arevhat, dort drüben steht Luis.« Rosa zeigte dorthin, wo sie Luis eben noch gesehen hatte.
    »Wo denn? Ich sehe nur die Leute auf ihren Karren sitzen. « Arevhat reckte den Hals und schaute sich ausgiebig um. Auch Rosa suchte die Menschenmenge nach Luis ab, aber sie konnte ihn nun nicht mehr entdecken. Hatte sie Wahnvorstellungen? Sollte sie nicht lieber zurück und ihn suchen? Er hatte anders ausgesehen, aber sie war sicher, ihn erkannt zu haben.
    »Aber das gibt es doch nicht, eben war er noch da! Ich habe es genau gesehen. Wir sollten haltmachen und ihn suchen, ihn mitnehmen.«
    Arevhat zwickte Rosa in den Arm. »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wir haben so viel Geld bezahlt, um jetzt in die Stadt zu gelangen, das willst du doch nicht aufs Spiel setzen, weil du vielleicht Luis gesehen hast? Das kommt nicht infrage.«
    Die Wachen kassierten die vier Pfennige Wegezoll, und dann wurden die Tore hinter ihnen geschlossen.
    Zu spät, dachte Rosa. Mal wieder.
    Aber während sie vom Neutor Richtung Burg hochfuhren,

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