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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Bedienten, den Rosa gar nicht bemerkt hatte, zum Leben erweckte.
    »Vino!«, befahl der Kaufmann. Der Bediente verschwand in einem Nebenraum, brachte dann auf einem Silbertablett vier Gläser und eine Kristallkaraffe, in der sich das Licht funkelnd brach, und verteilte den roten Wein.
    »Salute!«, rief der Kaufmann und prostete ihnen zu.
    Jetzt erst entdeckte Rosa, wie aufwendig die Wände rundherum mit geschnitzten Kassetten vom Boden bis zur Decke vertäfelt waren. Der Anblick von so viel Luxus machte sie zu einer elenden Bittstellerin, und ihr Mut schrumpfte zu einem feigen Klumpen in ihrem Bauch.
    »Also, was kann ich für Euch tun?«, fragte Baldessarini.
    »Ich … ich …« stotterte Rosa, dann gab sie sich einen Ruck. »Nun, Ihr wart ein Freund meines verstorbenen Vaters …«
    Dobkatz zischte leise etwas vor sich hin, das Rosa nicht verstehen konnte.
    »… und deshalb wollte ich Euch fragen, ob Ihr mich nicht nach Venedig mitnehmen könntet.«
    Baldessarini und Dobkatz wechselten einen Blick, und dann lachten sie, ähnlich, wie die Raben im Rat gelacht hatten. Rosa fühlte, wie Zorn heiß durch ihren Körper brandete.»Was ist an meiner Frage so zum Lachen?«
    »Nun, ich bin Kaufmann und habe keinen Kutschenbetrieb.«
    Rosa schoss das Blut in die Wangen. »Das weiß ich, aber habt Ihr nicht vielleicht dennoch einen Platz für mich?«
    Dobkatz mischte sich ein. »Baldessarini, nun seid nicht so ungalant. Ich hätte da einen höchst praktikablen Vorschlag für Euch.«
    Baldessarini nickte auffordernd.
    Dobkatz fuhr daraufhin breit grinsend fort: »Ihr könntet sie doch in ein Fass stecken – was ist schließlich ein Fass mehr oder weniger.«
    Alle drei mussten so lachen, dass sie sich am Wein verschluckten.
    »Aber«, keuchte Dobkatz, »denkt daran, das Fass gut zu verschließen, auf dass sie Euch unterwegs nicht mit ihrem Mundwerk plagt.«
    Rosa sprang so ungestüm auf, dass ihr Stuhl auf den Boden krachte. Keine Sekunde länger würde sie sich das anhören. Ihr Vater war tot. Ihre Familie stand kurz vor dem Ruin. Warum verhielt sich dieser Dobkatz so dermaßen unverschämt?
    Sie stürmte zur Tür, rannte die Treppe hinunter, übersah in ihrem Zorn eine Stufe und flog in hohem Bogen die restlichen Stufen hinab, wo sie so unglücklich aufkam, dass sie nach Luft schnappen musste. Sie blieb reglos liegen, hätte gern geweint, konnte es aber nicht, weil das Stechen in ihrem Knöchel jedes andere Gefühl überdeckte. Danke, Engel, dachte sie, danke.
    Jemand kam leise die Stufen herab.
    Nicht das auch noch, dachte Rosa. Nach ihrem lächerlichen Abgang sollte keiner der drei Männer sie so hilflos sehen. In einem Fass!
    Sie griff nach dem Geländer, um sich hochzuziehen, schaffte es auch, aber als sie den linken Fuß aufsetzen wollte, durchfuhr ein messerscharfer Schmerz ihr Bein. Sie biss die Zähne zusammen und humpelte die Treppe weiter nach unten. Jetzt liefen ihr doch Tränen übers Gesicht, Schmerz, Empörung und Hass brandeten durch ihren Körper.
    »Wartet, ich werde Euch helfen!« »Geht lieber zurück zu Euren witzigen Freunden. Mein Fuß geht Euch nichts an.«
    »Es geht Euch zwar auch nichts an, aber ich sage es trotzdem: Diese Männer sind nicht meine Freunde.« Die Worte des Priesters klangen so schneidend, dass Rosa stehen blieb. Er bückte sich zu ihrem Knöchel, betastete ihn überraschend sanft. Dann wandte er seinen Blick aus der Hocke zu ihr hoch. Eisgrüne Augen funkelten sie an.
    »Euer Fuß ist jetzt schon stark geschwollen. Ich werde Euch nach Hause bringen.« Der Priester erhob sich mit Schwung und hatte Rosa so schnell auf seine unvermutet starken Arme genommen, dass sie nicht mehr protestieren konnte. Er trat in den Hof des Pellerhauses, wo nun trotz der Hitze viel mehr Treiben herrschte als bei ihrer Ankunft. Karren wurden fluchend be- und entladen, Fässer unter lautem Getöse über die Pflastersteine gerollt.
    Auf seinen Armen war sie dem Gesicht des Katholiken viel näher, zu nahe … Es kam ihr nicht richtig vor.
    »Lasst mich runter. Augenblicklich!«, verlangte sie und konnte trotzdem nicht anders, als ihm ins Gesicht zu starren.
    Die dunkelblauen Schatten auf seinen Wangen betonten das eigentümliche Rot seines üppigen Mundes. Rot wie Zwetschgen, dachte Rosa unwillkürlich und biss sich auf ihre Lippen. Ihre Mutter würde sie umbringen.
    »Es ist meine Christenpflicht, Euch nach Hause zu bringen.«
    Von wegen Christenpflicht, dachte Rosa. »Ich bitte Euch, lasst mich runter,

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