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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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wissen.
    Rosa, die wegen des Umschlags noch eine Weile ruhig sitzen bleiben sollte, tat ihnen den Gefallen und schmückte ihre Geschichte recht drastisch aus.
    Im Nachhinein fand sie den Witz von Dobkatz mit dem Fass sogar beinahe lustig.
    Und weil die beiden so andächtig zuhörten und immer noch mehr wissen wollten, übertrieb sie die Schmerzen, in der Hoffnung, dass man ihr das Abenteuer mit dem Priester dann eher verzeihen würde. Erst als sie auch damit fertig war, bemerkte sie, dass Toni und ihre Mutter ebenfalls zugehört hatten.
    Ihre Mutter kam näher. »Rosa Sibylla, hat der Dobkatz das mit dem Fass wirklich zu dir gesagt? Und bist du deshalb weggelaufen und gestürzt?«
    Rosa nickte.
    Ihre Mutter wandte sich zu ihrem Schrank, kramte darin herum, als würde sie etwas suchen, aber Rosa gewann den Eindruck, dass sie sich fassen wollte, Zeit brauchte.
    Die Mutter drehte sich schließlich wieder zu ihr, wischte sich mit der Überschürze über die Stirn. »Was für ein merkwürdiges Zusammentreffen«, murmelte sie, »Dobkatz, der Venezianer und ein Priester. Das muss ein Abgesandter des Teufels sein.«
    »Nein«, widersprach Rosa. »Das glaube ich nicht.«
    »Du weißt auch nichts von der Welt, meine Tochter. Rein gar nichts. Und das ist ganz allein die Schuld deines Vaters, der dich, warum auch immer, umhegt hat wie eine kostbare Pflanze!«
    Rosas Finger wurde eiskalt. Aber wieso? Die Mutter hatte ja recht. Der Vater hatte immer großes Aufhebens um sie gemacht. Sie hielt sich den Finger zur Kühlung an ihren pochenden Knöchel.
    »Wo, hast du gesagt, wohnt dieser Baldessarini? Morgen werde ich dich selbst dorthin begleiten. Ich werde dem elenden Dobkatz und seiner Sippe ein für alle Mal das Maul stopfen.«
    Alle sahen sich verblüfft an. Noch niemals hatte Rosa ihre Mutter solche Worte benutzen hören.
    Ursula rieb sich verlegen die Augenbrauen und zuckte dann mit den Schultern. »Auch wenn ich große Zweifel habe, dass du meinen Enkel aus Indien nach Hause bringen wirst, so glaube ich nun auch nicht länger, dass es eine andere Möglichkeit gibt, als dass du nach Indien fährst.«
    Rosa schluckte. Natürlich hatte sie gewollt, dass ihre Mutter ihren Plan unterstützte, aber diese plötzliche Wandlung war ihr unheimlich. Was genau hatte ihre Mutter dazu bewogen, ihre Meinung zu ändern?
    Sie suchte Tonis Blick. Toni zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen, frag mich nicht, sie wird schon wissen, was sie tut.

6. Kapitel
     
    I ch roch es, ohne den Deckel der Schüssel hochzuheben: Karpfen.
    Wie oft hatte ich Karl schon gesagt, dass ich Karpfen verabscheute, und wenn heute hundertmal Freitag war.
    Ich verabscheute ihn ganz genauso wie sie.
    Zuerst war ich enttäuscht, als sie höchst lebendig vor uns gestanden hatte, anstatt tot zu sein wie der Karpfen hier auf dem Tisch. Doch dann wurde mir klar, dass sich Gott eben für eine andere Strafe entschieden hatte, und ich bewunderte seine Weisheit in dieser Angelegenheit.
    Er hatte ihr den Kartenmacher genommen. Hatte ihr Bastarde geschenkt, anstelle von Kindern, und ihr zu diesem Gesicht verholfen, das nun endlich nichts mehr mit meinen Erinnerungen zu tun hatte. Das weiche Polster ihrer Lippen war nur noch eine mit dem Messer geritzte Linie in einem mageren Gesicht von müder Farbe. Ihre graugrünen Augen – für mich, ich musste es mir zu meiner Schande eingestehen, einmal schöner als der Himmel selbst – lagen in tiefen, dunklen Höhlen wie zerdrückte Häufchen verwelkter Blätter.
    Ihre Hexentochter war ganz anders, eine Wölfin im blonden Schafspelz, genau so eine, wie sie der Alte früher am liebsten hatte. Samtig, füllig, strahlend. Er hat nie verstanden, was unter der weichen Hülle der Weiber verborgen ist. Krätze, Verrat und Verderben.
    Gerade als ich nachsehen wollte, wo der Vater denn blieb, kam er endlich, mit diesem immer noch rüstigen Schritt. Er setzte sich zu mir an den Tisch, faltete seine Serviette auf und breitete sie über seine knochigen Knie, dann erst nahm er mich wahr, nickte mir zu und schmatzte in freudiger Erwartung auf das Mittagessen.
    Er sprach das Gebet mit fester Stimme, wie er das stets getan hatte, und ich konnte nicht anders, als seine Haltung zu bewundern. Obwohl er die siebzig überschritten hatte, war sein Verstand noch so klar wie der meine.
    Leider hatte er auch schon davon gehört, der Rat habe zugestimmt, ein junges Weib nach Indien zu schicken, um einen Erben nach Hause zu bringen. Ein Thema, das ich gern

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