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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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wes Geistes Kind dein Vater war. Ein Aufrührer, einer, der nicht davor zurückschreckt, seinem … Kind Lügen aufzutischen.«
    »Aber …«
    »Was aber? Dein Vater war ein Herumtreiber, ein Abenteurer, ein Spieler, ein … Fantast! Es wäre besser für dich, zu vergessen, dass du diesen Brief jemals gesehen hast.«
    Rosa stürzte zu dem Eimer, holte das Papierknäuel und steckte es in ihr Mieder, zog es dann aber wieder heraus, funkelte ihre Mutter herausfordernd an und schob es, noch kleiner zusammengeknüllt, in ihren purpurnen Handschuh. »Das werde ich niemals! Nie. Denn ich werde herausfinden, was er mir sagen wollte, egal, ob du mir dabei hilfst oder nicht.«
    Ihre Mutter stand auf und baute sich vor Rosa auf, sodass die Tochter gezwungen war, in deren graugrüne Augen zu blicken. Grundlose Teiche, die sie herabzuziehen schienen.
    »Es gibt vieles auf der Welt, von dem du dir nicht die mindeste Vorstellung machen kannst.«
    »Und wenn ich dir deinen Enkel bringe, wirst du mir dann verraten, was der Vater gemeint hat?«
    Ihre Mutter versuchte ein Lächeln, was Rosa noch mehr erboste als ihre Starrheit. »Es gibt nichts zu erklären. Dein Vater war ein Lügner. Du zwingst mich, diese Dinge auszusprechen, noch bevor dein Vater einen Monat im Grab liegt, Gott hab ihn selig. Er war kein übler Mann, aber ein Lügner und Spieler. Und nun solltest du deine Reisetruhe säubern und mit Lavendel ausstreuen.«
    Das war das Letzte, wonach Rosa der Sinn stand.
    Sie rannte aus der Küche auf die Straße, hinunter zum Fluss, und ignorierte das Stechen in ihrem Knöchel. Plötzlich konnte sie verstehen, warum manche Männer Raufhändel anfangen. Sie hätte nur zu gern jemanden geschlagen, jemandem wehgetan, schlimm wehgetan.
    Völlig außer Atem, nass von Schweiß fand sie sich am Fluss wieder. Jetzt, in der Mittagssonne, funkelte das Wasser silbern wie Messerspitzen, stach in ihre Augen, und es stank entsetzlich nach Gerbsäure und Exkrementen. Ein Schweinekopf schwamm gerade an ihr vorbei und schien sie höhnisch anzustarren.
    »Vater!«, brach es aus ihr heraus. »Was wolltest du mir damit bloß sagen?«
    Rosa zog den Brief aus ihrem Handschuh, widerstand der Versuchung, ihn in die Pegnitz zu werfen, entfaltete ihn stattdessen und las erneut.
    Meine geliebte Rosa Sibylla …
    Tränen liefen ihr übers Gesicht. Er war tot, sie würde ihn nie mehr fragen können. Nie, nie mehr.
    In Indien werde ich nicht nur Kaspar holen, ich werde auch mit Dorothea reden und herausfinden, was Vater mir hat sagen wollen, beschloss sie. Sie beugte sich vor und versuchte, etwas Wasser aufzufangen, aber durch die große Hitze führte die Pegnitz weniger Wasser. Sie richtete sich wieder auf. Es war höchste Zeit, ihre Truhe zu packen. Doch vorher würde sie die Werkstatt ihres Vaters durchsuchen, vielleicht hatte er den Brief zu Ende geschrieben und die vollendete Version davon an einen Ort gelegt, den die Mutter niemals näher anschauen würde, wo nur Rosa ihn finden konnte. Irgendwo zwischen den Entwürfen für neue Spiele.
    Glücklich über ihren Einfall, schritt sie langsam über den Hauptmarkt, am Rathaus und der Sebalduskirche vorbei zurück in die Werkstatt ihres Vaters. Als sie dort anlangte, verließen Toni und ihre Mutter gerade das Haus zum Einkaufen.
    »Deine Schwestern schlafen«, erklärte ihre Mutter, als wäre Rosa nicht gerade eben aus dem Haus gerannt, wie von Furien getrieben. »Eva hat jetzt auch noch Fieber bekommen. Kümmere du dich um die Bügelwäsche, Toni hat sie schon mit Lavendelwasser eingesprüht.«
    Rosa war erleichtert, denn so hatte sie freie Bahn, um die Werkstatt ihres Vaters auf den Kopf zu stellen und in jeder Ecke, jeder Lade nach einem Brief an sie zu suchen.
    Toni nickte ihr freundlich zu.
    »Also?«, fragte ihre Mutter.
    »Ich kümmere mich darum, ade.« Rosa konnte es kaum erwarten, endlich in die Werkstatt zu kommen.
    Die beiden Frauen wandten sich ab und liefen hinab zum Hauptmarkt.
    Rosa begann ihre Suche im Bücherregal. Sie schüttelte jedes Buch aus, dabei wirbelte sie jede Menge Staub auf, aber außer einer Schuldverschreibung fiel aus keinem Buch auch nur ein kleines Fetzchen Papier.
    Dann nahm sie sich die Laden unter dem langen Tisch vor, wo ihr Vater die Skizzen und Entwürfe für neue Kartenspiele aufbewahrt hatte. Unter einigen Blumenkarten, über die sie mit ihm darin einig gewesen war, dass sie nicht fein genug ausgeführt waren, um in Serie zu gehen, fand sie zu ihrem großen Erstaunen

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