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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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angezündet worden waren, wie Lichter am Eingang zur Hölle.
    Beshir und ich hatten vereinbart, zu behaupten, er wäre einem dringenden Bedürfnis gefolgt, und ich hätte mich übergeben müssen und nur aus diesem Grund die Burka abgenommen.
    Kaum hatten wir das Frauenzelt an der Ostseite des Lagers erreicht, brach ein Tumult über uns herein.
    Die Mahaldar stand vor mir, die Arme auf ihre stattlichen Hüften gestützt. Die vier Frauen des Großmoguls und zehn Prinzessinnen umstanden sie und starrten mich an.
    »Raihana, was hast du getan? Der Herrscher der Gläubigen will dich sehen, und er ist nicht in guter Stimmung. Er ist geradezu außer sich.«
    »Er wird sie köpfen!«, kreischte Saida.
    »Nein, man wird mich köpfen«, stöhnte die Mahaldar, »weil ich erlaubt habe, dass du mit nur einem Eunuchen draußen spazieren gehst. Weil ich dir vertraut habe, Beshir!«
    Sie warf Beshir einen vernichtenden Blick zu.
    Beshir setzte an, etwas zu erklären, aber sie unterbrach ihn sofort mit einem barschen: »Still jetzt!«
    »Raihana ist doch nur eine Sklavin. Warum solltest du da geköpft werden?«, wandte Fatima ein.
    »Aber sie ist eine ganz besondere Sklavin, eine mit Heilkräften. Nur deshalb habe ich diesen Spaziergang erlaubt. Weh mir, das wird mich jetzt den Kopf kosten.«
    Die Frauen starrten die Mahaldar entsetzt an, dann warfen sie mir böse Blicke zu, jeder einzelne ein Dolch durch mein Herz. Die meisten mochten und achteten die Mahaldar.
    »Ich werde sagen«, schlug ich also vor, »ich hätte mich unerlaubt entfernt …«
    »Dann wirst du den Elefanten zum Tottrampeln vorgeworfen«, meinte Neeraja.
    »Jetzt müssen wir sie erst mal herrichten, denn so kann sie nicht zum Herrscher.« Die Mahaldar klatschte in die Hände, woraufhin ich zu einer schon mit warmem Wasser gefüllten Wanne geführt wurde. Dort wurden mir die Kleider vom Leib gerissen. Ich konnte gerade noch meine Duduk retten, dann wurde ich in das nach Rosen duftende Bad gesetzt. Saida kämmte und ölte mein Haar, dann flocht sie blaugoldene Bänder hinein.
    »Wenn ich geköpft werden soll, wozu dann das alles?«
    »In meinem Harem ist jede eine Blume des Lichts«, brüstete sich die Mahaldar, »eine Freude des Propheten. Auch die Todgeweihten.«
    Ich wurde abgetrocknet, dann bekam ich neue, hauchdünne, parfümierte Pajamas, ein enges seidenes Leibchen in dunklem Purpur und darüber einen zarten Schleier, über den ein weiterer Schleier mit eingewebtem Blütenmuster gelegt wurde, verziert mit rosa schimmernden Perlen und funkelnden Glassteinen.
    »Sie bleibt trotzdem eine scheußliche Krähe«, stellte Fatima fest. »Ihre Füße sind viel zu groß, und dieses kranke weiße Haar …«
    Die anderen lachten hämisch.
    »Du bist nur neidisch, weil der Herrscher schon seit Monaten nicht mehr nach dir verlangt hat«, stellte die Mahaldar fest.
    »Es gibt für euch alle keinen Grund zum Neid, wenn er doch nur wütend auf mich ist.« Ich ergriff meine Duduk und verbarg sie hinten in meinem Hosenbund. Niemand wagte es, sich mir zu widersetzen. Die letzte Sklavin, die versucht hatte, mir das Einzige zu rauben, was mir noch geblieben war, hatte heute eine schiefe Nase.
    Saida stellte weiche, hellrosafarbene Lederpantoffeln mit einer juwelengeschmückten, aufgebogenen Spitze vor mich hin. Ich schlüpfte hinein.
    »Und was wird mit Beshir?«, fragte ich.
    »Man verlangt nach dir.«
    Mir wurde der Schmuck angelegt. Goldene Armreife und ein Goldring, dessen riesige Rosette aus Opalen und Rubinen zwei weitere Finger unter sich begrub, außerdem Ohrgehänge, große goldene Elefanten, deren mächtiges Gewicht meine Ohrläppchen herunterzogen.
    Die Mahaldar nickte endlich zufrieden. Sie selbst verhüllte sich vollständig mit einem Schleier, blaugrau und zart wie gesponnene Luft, dann machten wir uns auf den Weg zum Herrscher.
    »Aber …«, stotterte ich, und nun begann mein Herz doch deutlich schneller zu schlagen, denn es war nicht üblich, dass die Frauen des Harems die Frauengemächer verließen, es sei denn zu einem Spaziergang im Garten. In aller Regel kam der Herrscher zu ihnen.
    Das verhieß in der Tat nichts Gutes.
    Wir schritten direkt zu der großen Plattform in der Mitte des Zeltlagers, dem Mahtabi, wo der Herrscher der Gläubigen seine männlichen Besucher zu empfangen pflegte.
    Ich starrte auf den Boden. Wie würde mein Vergehen bestraft werden? Nicht nur, dass ich die Burka abgelegt hatte, nein, ich hatte auch noch Musik gespielt, ja schlimmer noch,

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