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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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klang aufrichtig betrübt. »Sie wurde zusammen mit vielen anderen von Räubern am Brenner ermordet. Wir sind gekommen, um Euch unser Beileid auszusprechen.«
    Ich war dankbar, dass er diese Worte gesagt hatte, ich hätte meine Freude über den Tod des Bastards nicht wirklich unterdrücken können.
    Die beiden Frauen fielen sich in die Arme und verschwanden wortlos im Haus. Ohne ein »Vergelt’s Gott!«.
    Mir schien, es war an der Zeit, wieder den Löffelholtz vorbeizuschicken, und diesmal sollte er ihnen nur noch zwanzig Silbertaler anbieten.

16. Kapitel
     
    L ange hatte Rosa mit Siranush darüber gestritten, wie ihr Auftritt aussehen sollte. Rosa wollte auf keinen Fall selbst auftreten und schlug vor, sie könnte stattdessen in einer Art Kiste sitzen und Siranush mit Klopfzeichen anzeigen, ob jemand log oder nicht. Aber davon war Siranush durch nichts zu überzeugen. »Das wäre die totale Vergeudung deiner Schönheit!«, behauptete sie, und Carlo hatte ihr recht gegeben. »Wir zeigen ihnen erst mich, das teuflische Scheusal«, an der Stelle hatte er seinen Kopf gedreht und Rosas Blick auf seine trockenen Hautverwachsungen gelenkt, »… und dann kommst du, der Engel der Wahrheit.«
    »Das ist gut, Carlo, sehr gut!« Siranush war begeistert und klatschte in die Hände. »Engel der Wahrheit! Carlo, du bist wunderbar. Wir werden dich als Teufel der Lüge zeigen und sie als Engel der Wahrheit.«
    Je gesünder Rosa wurde, desto mehr begann sie, sich darüber zu ärgern, wenn Siranush über ihren Kopf hinwegredete, als wäre sie höchstens zehn Jahre alt und keine erwachsene Frau. Sie hatte angedroht, sich zu verweigern, was die beiden nur mit einem müden Lächeln kommentierten.
    »Achtschigges«, wurde Siranush nicht müde ihr zu erklären, »zwing mich nicht, dich vom Wagen zu werfen. Ich würde das nur ungern tun. Du musst jetzt endlich etwas zu unserem Unterhalt beitragen – wir haben dich den ganzen Weg vom Brenner bis hierher durchgefüttert und aufgepäppelt.«
    Ja, hatte Rosa hämisch gedacht, weil ihr mich benutzen wollt für dieses elende Gewerbe. Und dann hatte sie wieder voller Entsetzen nachgerechnet, wie viel Zeit vergangen war, seit sie von zu Hause aufgebrochen war. Mindestens elf Wochen war sie nun schon unterwegs, hatte schon siebenundsiebzig Tage verplempert. Und jetzt sollte sie noch mehr Zeit damit verbringen, auf Jahrmärkten aufzutreten? Bei der ersten Gelegenheit musste sie davonlaufen, auch wenn Siranush ihr das Leben gerettet hatte. Wenn Rosa ihren Neffen nicht rechtzeitig nach Nürnberg brachte, dann bedeutete das den sicheren Tod für ihre Familie.
     
    In Klausen wurde Rosa neu eingekleidet, mit Stoffen, die sie noch nie am Leib getragen hatte. Seide und Damast, wunderbar leicht und schillernd. Alles in verschiedenen Blautönen, da war Siranush sehr bestimmt gewesen. »Das erinnert die Leute an die Jungfrau Maria, das macht dich noch glaubwürdiger. Und über dein goldenes Haar legen wir einen hauchzarten Schleier aus weißer Spitze.«
    Das Kleid war ein vorn offenes Mantelkleid, bestehend aus einem Mieder mit einem gebauschten Rock, der über einem Reifrock getragen wurde. Noch nie hatte Rosa so ein Gestell angelegt, und sie fand, es war noch schlimmer als das Mieder, eine einzige Qual. Das Hinsetzen musste sehr langsam vonstattengehen, um die Reifen nicht zu verbiegen.
    Ihr Dekolleté war in Rosas Augen unfassbar weit ausgeschnitten, denn es schloss ihre schneeweißen Schultern mit ein, war herzförmig gearbeitet und wurde nur von der herauslugenden Hemdspitze eingefasst. Das Mantelkleid hatte Pagodenärmel, die das dunkelblau schillernde Innenfutter sichtbar machten. Der Rock wurde in Hüfthöhe nach hinten eingeschlagen und bauschte sich dort voluminös über einer Einlage.
    Carlo und Siranush waren begeistert von dem Ergebnis, doch obwohl Rosa die Stoffe wunderschön fand, kam sie sich vor wie eine teuer ausgestattete Puppe. Erst nachdem sie den Lederbeutel mit dem Brief ihres Vaters und Giacomos Knopf in das neue Mieder eingenäht hatte, fühlte sie sich wohler.
    Außerdem gelang es ihr durchzusetzen, dass sie Handschuhe tragen durfte. Dabei war ihr Carlo unerwartet zu Hilfe gekommen. Zu einem Engel der Wahrheit passte ein Hexenfinger nicht wirklich gut, hatte er behauptet und damit die Armenierin überzeugt.
    Als Rosa die Handschuhe zum ersten Mal anlegte, stiegen ihr Tränen in die Augen, weil sie an die purpurfarbenen denken musste, und damit auch an ihren Vater.
    Als Siranush

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