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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Leute haufenweise zu uns treiben.«
    Rosa schüttelte sich. »Nein.«
    Siranush warf einen Ast ins ersterbende Feuer.
    »Nein ist keine Antwort für Siranush. Eine Katze mit Handschuhen fängt keine Mäuse!«
    »Mschetsu koch!« Carlo trat hinter Siranush und umarmte sie.
    »Ich bin nicht stur wie die Menschen aus Musch – ich habe nur einen starken Willen«, sagte Siranush.
    »Das weiß ich, aber vielleicht ist dieses Ding hier noch zu schwach, um zu arbeiten. Lassen wir ihr Zeit.«
    Rosa war gespannt, was Siranush jetzt antworten würde.
    Siranush stöhnte. »Karmir kove kaschin tschi pochi!«
    »Was bedeutet das?«, fragte Rosa.
    »Die rote Kuh wird ihre Farbe nie ändern«, erklärte Carlo und lachte. »Sie meint damit, dass ich ein Trottel bin und das auch für immer bleiben werde.«
    Siranush klatschte in ihre Hände. »Das stimmt, also, Rosa, ich habe es entschieden: Wenn du nichts anderes kannst, dann wirst du deine Hand zeigen. Und jetzt gehen wir schlafen. Du kannst hier bleiben, dann musst du nicht aufstehen. Wir schlafen auf dem Karren.« Sie stand auf und zog Carlo mit sich fort.
    Rosa starrte ins Feuer. Irgendetwas ging durch ihren Kopf, etwas, worüber sie gerade gesprochen hatten. Da war etwas gewesen, was Siranush gefallen hatte, aber was?
    Seit die beiden gegangen waren, quakten die Frösche jetzt nur noch vereinzelt, dafür surrten immer mehr Mücken um Rosa herum. Sie zog die Plane enger an ihren Körper und fragte sich, warum Siranush gar nicht wissen wollte, woher sie gekommen war und wohin sie wollte. Das Einzige, was sie interessierte, war, Rosas Missbildung zu Geld zu machen.
    Rosa versuchte, ihren linken Arm zu bewegen. Siranush hatte den Verband und den Ast, mit dem sie den Arm geschient hatte, vor dem Baden abgenommen und nicht wieder angelegt. Rosa konnte ihn bewegen, aber so ganz gehorchte er ihr noch nicht. Sie befühlte ihren Hexenfinger. Wenn du den nicht hättest, wärst du immer noch in Nürnberg, ertönte eine Stimme in ihrem Kopf. Wärst schon verheiratet, hättest längst Söhne, und vor allem hätte der Vater dann niemals diesen Unfall gehabt. Sie quetschte den Finger fest zusammen. Und es war der Finger, der sie dazu gebracht hatte, dem Rat zu widersprechen, denn sein Kaltwerden zeigte ihr, dass einer von ihnen log, so wie auch Baldessarini, der »Ehrenmann«, gelogen hatte. Sogar ihre Mutter war vor einer Lüge nicht zurückgeschreckt.
    Der Schrei einer Eule beendete das Quaken der Frösche.
    Als sie wieder und wieder rief, erinnerte sich Rosa an Giacomo, wie er begierig dem Kuckuck gelauscht hatte, um zu erfahren, wie alt er noch werden würde.
    Plötzlich stand ihr der Überfall genau vor Augen. »Die Hexe und der Bartlose sind tot, unser Auftrag ist erfüllt«, hatte einer der Elenden gesagt. Welcher Auftrag und von wem?
    Ich werde es herausfinden, schwor sich Rosa. Ich werde die Dreckskerle kriegen, die Giacomo getötet haben. Ihr Finger wurde warm. Warum? Das war neulich auch schon passiert, und sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Kalt wurde er, wenn jemand log … Das war doch so etwas wie wahrsagen?
    Wahrsagen, das würde Siranush gefallen. Rosa setzte sich auf. Das war es. Sie konnte doch als Wahrsagerin auftreten. Nicht eine, die in die Zukunft sehen konnte, sondern eine, die wusste, ob jemand log. Die Leute mussten zu ihr kommen, und dann durften sie erst eine Frage zur Probe stellen, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich die Wahrheit wusste. Zum Beispiel konnten sie ihren Namen sagen. Wenn ihr Finger kalt wurde, dann war klar, dass derjenige log.
    Rosa hielt es keine Minute länger aus. Sie versuchte, sich aufzurichten, kam langsam auf die Knie, dann probierte sie aufzustehen, wartete mit angehaltenem Atem, ob der reißende Schmerz in den Innenschenkeln wiederkäme. Ja. Trotzdem versuchte sie mit zusammengebissenen Zähnen, vorwärts zu kommen. Nach vier Schritten hin zum Wagen klappte sie wieder zusammen.
    »Porca miseria!«, entschlüpfte es ihr. Dann wurde ihr klar, was sie gerade gesagt hatte. Giacomo!
    »Was ist denn hier draußen los?« Siranush kroch aus dem Wagen. Sie trug nichts als ein Hemd und natürlich ihre Armreife und Ketten.
    »Ich weiß, wie ich Geld verdienen kann!«, erklärte Rosa.
    »Und da musst du so einen Lärm machen?«
    »Ja!«
    Siranush ließ sich neben Rosa fallen. Die Eule schrie wieder.
    Siranush lauschte. »Wenn du das Herz einer Eule bei dir trägst, wirst du unbesiegbar im Kartenspiel. Und jetzt lass hören!«
    Rosa

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