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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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beteuerte ein anderer.
    »Und bis dahin wollt Ihr eine arme Frau hier liegen lassen? Was seid Ihr denn für Christen?«
    »Wenn das Holz nicht rechtzeitig in Verona ist, kriegen wir mächtigen Ärger.«
    »Und wenn Ihr mich hier verrecken lasst, kriegt Ihr Ärger mit Gott!« Rosa wunderte sich selbst, woher ihr die Worte kamen, aber sie wollte auf keinen Fall hier zurückgelassen werden.
    Die Männer schienen sich mit Blicken zu verständigen, denn sie wurden stumm und gingen ein Stück weg von ihr, wo sie dann laut und heftig miteinander stritten. Rosas Herz zog sich zusammen, es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis die Männer wieder näher herankamen.
    »Wir nehmen dich mit nach Sacco, dort übernehmen die veronesischen Flößer unser Floß. Von dort an musst du dir selbst helfen.«
    »Ich danke Euch.«
    Ohne jede Vorwarnung wurde Rosa von zwei Männern gepackt und hochgehoben. »Die ist ja leichter als Luft«, rief der eine. »Was hast du erwartet? Wie ein Baumstamm sieht sie ja nicht gerade aus!«, spottete ein anderer.
    Der Mann ging jetzt schwankend, als ob er betrunken wäre, doch dann wurde Rosa klar, dass sie schon auf dem Floß angekommen waren. Dort wurde sie auf würzige, nach frischem Holz duftende Baumstämme gelegt.
    Sie hörte das Plätschern der Etsch, und weil sie nichts sehen konnte, lauschte sie den Stimmen der Männer, dem Glucksen und Schwappen des Wassers, atmete den Holzduft ein, und schließlich schlief sie darüber ein.
    Sie wurde wach, weil das Floß ins Schleudern kam. Hastig krallte sie sich am Holz fest und schlug ihre Augen auf. Es war früher Morgen, die Sonne erhob sich gerade über den Bergen und verlieh der grünen Etsch einen rosafarbenen Schimmer.
    Rosa berührte ihre Augen, sie waren so weit abgeschwollen, dass sie die Lider wieder öffnen konnte, noch nicht ganz, aber genug, um etwas zu sehen. Sie hatte einen ganzen Tag verschlafen!
    »Porca Madonna miseria«, fluchten die Männer plötzlich. Das Floß war in einen Strudel geraten und erforderte die Aufmerksamkeit aller. Rosa beobachtete, wie geschickt die vier Männer vorne und die drei hinten mit ihren Stöcken das große Floß durch den Strudel manövrierten. Es war mehr als sechzig Fuß lang und bestand aus sechs Lagen aneinandergebundener Baumstämme.
    Das eisgrüne Wasser der Etsch blitzte in der Sonne wie mit Silber besprenkelt. Diese Farbe erinnerte sie an etwas, aber an was?
    Rosa wartete, bis die Männer das Floß durch den Strudel gebracht hatten, dann wandte sie sich an den einen Mann, der ihr bekannt vorkam.
    »Wann werden wir Sacco erreichen?«, fragte sie.
    Der Mann lachte. »Das hast du sauber hingekriegt. Du hast so fest geschlafen, dass wir es nicht übers Herz brachten, dich vom Floß zu werfen.«
    »Aber hast du nicht gesagt, dass die Flößer dort wechseln würden? Wenn ich mich nicht täusche, dann bist du doch in Branzoll schon dabei gewesen, oder?«
    »Und das weißt du, obwohl du nichts sehen konntest?«
    »Deine Stimme kam mir bekannt vor.«
    »Die Flößer, die von Verona raufkamen, hatten einen Mann zu wenig dabei, deshalb bin ich mitgekommen.« Der Mann zögerte. »Das sind alles raue Burschen, und ich wollte sichergehen, dass du heil in Verona ankommst … weil …« Er wurde flammend rot. Und da erinnerte sich Rosa endlich, woher sie den Mann kannte. Eigentlich hätte sie ihn gleich an seinen muskulösen Armen erkennen können.
    Es war der Mann, dessen Frau hatte wissen wollen, ob er ins Hurenhaus ginge. Die Frau, die nicht als Jungfrau in ihre Ehe gegangen war.
    Rosa hoffte inständig, dass der Mann nicht fragen würde, was seine Frau ihr ins Ohr geflüstert hatte.
    »Du hast mein Weib endlich zum Schweigen gebracht, deshalb wollte ich dir helfen. Wenn ich aber gewusst hätte, dass du gar nicht stumm bist, wie das behauptet wurde, hätte ich’s mir vielleicht überlegt. War denn alles Lüge, auch das mit der Wahrheit?«
    »Nein, das nicht. Ich …« Rosa überlegte, was sie Überzeugendes sagen könnte. »Meine Zunge ist wie gelähmt, wenn ich vor vielen Menschen sprechen soll, deshalb hat Siranush für mich gesprochen. Ich danke dir.«
    »Es dauert nicht mehr lange, wir sind schon fast in Verona. Was wirst du dann da machen?«
    »Ich muss nach Venedig.«
    »Die Etsch wird hinter Verona zu flach für dieses Floß … Du musst dich nach einem anderen Weg umsehen.«
    »Das werde ich.«
    »Du siehst ein wenig … wild aus …« Schon wieder überzog Röte das Gesicht des Mannes.
    Rosa schaute an

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