Die Hexengraefin
leiden, Lumpenkerl? Her mit dem Zeug!«, schimpfte der Graf empört und fuhr fort: »Wie lange will Er eigentlich noch brauchen, bis er eine ergiebige Erzmine gefunden hat? Er sucht doch jetzt angeblich bereits mehrere Monate auf der Hornisgrinde. Will Er den ganzen Winter noch damit zubringen?«
Damit hatte Graf Ferfried ins Schwarze getroffen. Natürlich versuchte der Kerl Zeit zu schinden. In der kalten Jahreszeit ein so bequemes Dach über dem Kopf zu haben wie das Gesindehaus auf Ruhfeld, das war einem nicht alle Jahre vergönnt. Das musste ausgenützt werden; im Frühjahr sähe man dann weiter …
Selbstverständlich wies der Wunderheiler jeden Verdacht von sich: Er tue, was möglich sei, aber die Sache erweise sich komplizierter als vermutet. Er faselte dem Grafen etwas von allerlei unerklärlichen Widerständen vor, denen er nur mit besonderen Zaubermitteln zu Leibe rücken könne, nicht wahr? Und das dauere eben seine Zeit.
»Gebe Er mir endlich das Zahnwehpulver!«, verlangte barsch der Graf, dem das Geschwätz des unsauberen Burschen mit dem schielenden, rechten Auge nachgerade zum Hals heraushing.
Er werde ein ernstes Wort mit seinem Vogt von Waldnau sprechen müssen. Was fand dieser bloß an diesem Schaumschläger? Wenn der als Erzgrubenentdecker genauso viel verstand wie von Zahnweh, dann bedankte der Graf sich recht schön. Außer dass der Haderlump Kosten verursachte und womöglich die Stettmeister, die jetzt wieder eifrig auf Hexenfang gehen mussten, alarmierte, war da wohl nichts.
Wie jeder andere Herrscher verfügte auch Bischof Leopold über ein gut ausgebautes Spionagenetz, denn der Kirchenfürst von Straßburg wusste genau, dass ihm sein kaiserlicher Bruder nicht traute und ihn gerade deshalb besonders scharf überwachen ließ.
Seine Eminenz hatte daher vorgesorgt, dass die Spitzel Ferdinands nur das entdeckten und nach Wien meldeten, von dem Leopold wollte, dass der Kaiser es erfuhr.
Seine Zuträger hatten ihn jetzt zum Glück rechtzeitig davor gewarnt, dass eine Delegation Ferdinands nach Straßburg unterwegs war, um sich nach einer gewissen jungen Dame und deren Begleiterin zu erkundigen.
Das nun konnte der Bischof überhaupt nicht gebrauchen, und er traf eine für Adelheid schmerzliche Entscheidung.
»Es tut mir leid, ma chère Cousine, aber Ihr werdet verstehen, Madame, dass wir es nicht riskieren können, dass Ihr und die kranke Demoiselle hier entdeckt werdet. Nicht nur die Leidende, sondern auch Ihr würdet womöglich in den Kerker wandern. Mir würde man zwar nichts antun – das wagt mein Bruder denn doch nicht -, aber unangenehm wäre es allemal, wenn ich einen ständigen Schnüffler Ferdinands in meinem Palast dulden müsste. Das bedeutete auch, dass ich mich von meinem jüdischen Leibarzt, Aaron Weinlaub, trennen müsste. Und um den beneidet mich mein älterer Bruder schon seit Jahrzehnten.«
Für Adelheid war klar, dass sie die Gastfreundschaft ihres liebenswürdigen Verwandten nicht länger beanspruchen durfte. Aber wohin sollte sie sich wenden? Nach Ruhfeld konnte sie jedenfalls nicht zurück.
»Am besten ist es, Madame, Ihr sucht Zuflucht in einem französischen Kloster. Da kann Euch ein Scherge des Kaisers nichts anhaben«, befand Seine Eminenz, und Adelheid dünkte dieser Vorschlag sehr klug.
Der Bischof wusste auch sogleich, welches Kloster für die Damen in Frage komme: Sainte Cathérine, ein Konvent der Franziskanerinnen in der Stadt Auxerre in Burgund.
»Mon cher ami, der Kardinal de Richelieu, hat mir nur Gutes über die Äbtissin, Madame Angélique des Anges – eine weitschichtige Verwandte von ihm – und ihren frommen Schwestern berichtet. Ich bin sicher, dass Ihr Euch dort wohlfühlen werdet, liebe Cousine. Und für Eure Herzensfreundin, die arme Demoiselle Hélène, finden sich gewiss kompetente Pflege und sorgfältige Betreuung in diesem Refugium der Frömmigkeit und Nächstenliebe.«
Dann händigte der Bischof Adelheid ein besonderes Dokument aus. Es war auf feinstem Pergament geschrieben, mit vielen Schnörkeln und allerlei goldenem Zierrat versehen, und als die junge Dame das Siegel erblickte, wurde sie blass.
»Mon Dieu, Monseigneur. Der Brief ist ja vom Kaiser selbst«, entfuhr es ihr verblüfft.
»So ist es, Madame. Mein Bruder hat sich tatsächlich die Zeit genommen, mir höchstpersönlich sein Missfallen über einige Vorkommnisse auszudrücken, die sich angeblich bei mir ereignet haben sollen. Aber seht selbst.«
»O je. Hat Seine
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