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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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da tauchte ein junger, und wie es schien, vornehmer, Herr mit engen, seidenen Kniehosen und bestickter Jacke auf. Er stürmte mit gezogenem Degen in das Schlafzimmer der Comtesse, sprang leichtfüßig über den am Boden Liegenden hinweg und setzte unverzüglich die Spitze seiner Waffe auf die Brust von Adelaides ungebetenem Liebhaber, der sich vermutlich sonst wohin wünschte – jedenfalls weit weg aus dem Gemach dieser Furie.
    »Erhebt Euch, elender Kerl! Was fällt Euch ein, eine Dame zu überfallen?«, schrie der Neuankömmling den vor Angst jetzt beinahe Ohnmächtigen an. Auf den Tumult hin erschienen nun nicht nur der Wirt und seine Frau, jeder mit einem Holzprügel in der Hand, auch die vier Herren von Adelaides Eskorte rannten die Treppen hoch.
    Alle quetschten sich in das Zimmer, welches gerade der Schauplatz eines für die Damen höchst unangenehmen Geschehens gewesen war.
    Der Sachverhalt bedurfte keiner langen Untersuchung, der Fall war sonnenklar: Einer der »liebesbedürftigen« Messieurs stand jetzt – vor Angst schlotternd und ohne Hosen als äußerst lächerliche Figur – neben dem Bett der Comtesse, die nach wie vor ihren Dolch in der Hand hielt, während der unbekannte Retter ihm seinen Degen an die Gurgel hielt. Und der zweite hatte noch keine Gelegenheit gehabt, seinen Hosenschlitz zuzumachen. Im Gegenteil. Mit beiden Händen griff er hinein und hielt wimmernd sein durch den Sturz anscheinend verletztes Glied.
    »Raus aus dem Gemach der Damen!«, rief der Wirt und hieb dem Kerl, der in Adelaides Bett gelegen hatte, seinen Knüppel über den Rücken. Der machte, dass er hinauskam, und wollte erleichtert die Treppe hinunterlaufen.
    »Nehmt Eure Hosen mit, Monsieur!«, rief ihm die Wirtin nach, »und glaubt ja nicht, dass Ihr Euch einfach so davonmachen könnt. Das Hoftor ist verschlossen und bleibt es auch bis morgen früh. Bis Ihr bezahlt habt und Euch die Gendarmen verhört haben. Das wird Euch teuer zu stehen kommen. Ihr bekommt auch von meinem Mann und mir zusätzlich eine Klage an den Hals: Ihr habt den guten Ruf unseres Hauses geschändet. Das kostet, Messieurs, das kostet!«
    Die vier berittenen Beschützer fesselten die beiden Übeltäter daraufhin, damit sie nicht entkommen konnten.
    Das hätte noch gefehlt, dass dieser charmanten Comtesse ein Leid zugefügt worden wäre, solange sie die Verantwortung für die junge Dame trugen …

KAPITEL 55
    AM NÄCHSTEN MORGEN ergab sich folgende heikle Situation: Bei jenem Herrn, der es sich in Adelaides Bett hatte »gemütlich machen« wollen, handelte es sich um den allseits bekannten Chevalier Louis de Grenelles, Besitzer des am Flüsschen Cure gelegenen Manoir de Chastenay, unweit der Grotten von d’Arcy. Der andere Kerl war sein vertrauter Diener, Pierre Augustin.
    Die Comtesse nahm die wortreiche Entschuldigung des Chevaliers missvergnügt entgegen, entschied für sich aber umgehend, von einer Anzeige abzusehen. Das Gespräch fand auf Französisch statt, das Adelaide zum Glück bereits recht gut beherrschte, wenn sie auch noch gewisse Schwierigkeiten hatte, dem in rasender Geschwindigkeit vorgebrachten Wortschwall des Chevaliers zu folgen.
    Gegen einen französischen Adligen in Frankreich zu klagen war sinnlos – da half ihr auch der eigene Titel nicht viel und in ihrer Situation erst recht nicht.
    Das Ganze sei ein bedauerlicher Irrtum gewesen, sagte der Chevalier treuherzig. Seine Ritterlichkeit verbiete ihm selbstverständlich, sich Damen gegenüber so zu benehmen, aber sein dummer Diener habe sich fatalerweise geirrt.
    Der habe nämlich seinem Herrn bedeutet, bei den alleinreisenden Frauen handele es sich um Geschöpfe, die Wert auf »männliche Aufmerksamkeiten« legten. Hätte er aber gewusst, dass sie eine Gräfin blablabla …
    Der Feigling versuchte, alles auf seinen Domestiken abzuwälzen.
    »Monsieur, ich denke, selbst Huren würden es nicht schätzen, ein Opfer brutaler, männlicher Gewalt zu werden«, konnte sich Adelaide nicht enthalten, ihm unter die Nase zu reiben.
    Die restliche Nacht schien der Herr in reichlich unbequemer Lage verbracht zu haben, wie sie an seinem derangierten Aussehen schadenfroh erkennen konnte.
    Auch Pierre Augustin wirkte zerzaust und übernächtigt, sein Penis schien verletzt – sofern sie seine Leidensmiene sowie seine wiederholten, verstohlenen Handgriffe zwischen seine Beine richtig deutete -, und außerdem zierte eines seiner Augen ein mächtiges, blaues Veilchen.
    »Ich vergebe Euch, Monsieur le

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