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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ernst geworden; als er keinerlei Anstalten machte, der liebenswürdigen Aufforderung Folge zu leisten, fasste ihn Adelaide fester ins Auge. »Was ist, mon Ami? Welche trüben Gedanken gehen Euch durch den Sinn?«
    »Es scheint in der Tat so zu sein, dass Ihr über hellseherische Fähigkeiten verfügt, Chérie. Wie anders könnte es sein, dass Ihr von Dingen träumt, die in Kürze wahr sein werden?«
    Die Comtesse setzte sich ruckartig auf. »Sprecht ganz offen, mein Liebster. Was meint Ihr damit?«
    Da berichtete ihr der Graf von der genau in vier Tagen stattfindenden Verbrennung auf dem außerhalb von Auxerre liegenden Richtplatz.
    Eine als Hexe überführte junge Frau, eine Zigeunerin, sollte zusammen mit ihrer schwarzen Katze verbrannt werden. Und er, Bernard de Grandbois, war von Kardinal Richelieu persönlich als Zeuge dieser grässlichen Hinrichtung geladen worden. Und nicht nur er, nein, auch »alle seine derzeitigen Hausgenossen«, hatte es ausdrücklich geheißen …
    Die Gräfin war zu Tode erschrocken. Für sie selbst war dieses grauenhafte Schauspiel kaum zu ertragen, aber für das Helen wäre es absolut tödlich. Niemals könnte sie ruhig zusehen, wie ein unschuldiges Weib jämmerlich in den Flammen umkam. Das musste sie auf alle Fälle verhindern: Der jungen Frau, die sich eben auf dem mühsamen Weg in die Normalität befand, durfte nicht zugemutet werden, ein solch brutales Unrecht mitzuerleben.
    »Die Folgeschäden für meine Schwester Hélène wären ungeheuer«, sagte Adelaide kämpferisch, »und ich werde nicht zulassen, dass sie gezwungen wird, bei dieser perversen Schandtat zugegen zu sein.«
    »Beruhigt Euch, Chérie. Das ist auch meine Meinung. Auf keinen Fall werden wir Demoiselle Hélène dieser Tortur aussetzen. Ich habe mir gedacht, wir könnten vielleicht Eure Zofe Anne als Eure Schwester ausgeben. Das Mädchen erscheint mir seelisch genügend robust, um solches als Zuschauerin durchzustehen. Euch allerdings vermag ich das Entsetzliche zu meinem großen Bedauern nicht zu ersparen. Die Befehle des Kardinals sind in diesem Punkt eindeutig. Die Ausrede einer plötzlichen Erkrankung nähme der schlaue Fuchs uns sicher nicht ab. Richelieu würde mit Sicherheit nachforschen lassen. Damit würden wir in Paris nur unliebsames Aufsehen erregen – etwas, was wir doch keineswegs beabsichtigen.«
    »Ihr habt recht, Liebster. Ich werde dem teuflischen Schauspiel mit Todesverachtung beiwohnen. Doch Eure Idee mit Anne statt Hélène finde ich sehr gut. Aber es stellt sich doch die Frage, woher weiß Richelieu von unserer Anwesenheit bei Euch?«
    »Ob der Teufel in der roten Robe sich ganz sicher ist, kann ich nicht sagen. Aber jedenfalls vermutet er etwas, weil ihn jemand mit der Nase darauf gestoßen haben muss.«
    »Ob dieser Jemand vielleicht im Kloster Sainte Cathérine zu finden ist?«
    Bernard de Grandbois, der sich inzwischen vom zerwühlten Lager erhoben und in einen leichten, blauseidenen Morgenrock gehüllt hatte, zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß es nicht, aber es erscheint mir keineswegs unwahrscheinlich. Dennoch werden wir uns nicht provozieren lassen. Ich bin jedenfalls sehr froh, ma Chère, dass Ihr Euch der Sache mit Vernunft und Kaltblütigkeit stellt. Monseigneur de Richelieu kann sehr unangenehm werden, wenn man nicht genau das tut, wozu er einen aufgefordert hat.«
     
     
    Anne Larousse war mit dem Tausch einverstanden. Sie nehme in GOTTES Namen die Stelle des armen Helen ein, sagte sie. »Der ist so etwas wohl kaum zuzumuten«, erkannte sie ganz richtig. »Sicher bekäme sie Nervenfieber und wäre womöglich nie mehr ansprechbar.«
    Keine Frage, die Zofe genoss ihre privilegierte Stellung. Sie kam sich ungeheuer wichtig vor und – und darauf hätte Adelaide jeden Eid geschworen: Ein ganz klein wenig war sie auch neugierig auf so ein »Autodafé«, wie die Franzosen gleich den Spaniern so ein tödliches Spektakel nannten …

KAPITEL 85
    EINE RIESIGE, schier unübersehbare Menschenmenge hatte sich bereits im Morgengrauen an der Hinrichtungsstätte eingefunden. Nicht nur aus der nahe gelegenen Stadt Auxerre waren die Massen herbeigeeilt, viele hatten auch einen Weg über mehrere Tagesreisen nicht gescheut.
    Zu diesen gehörte auch der Comte de Grandbois – wenn dessen Anwesenheit auch auf das Konto Richelieus ging und nicht seiner eigenen Sensationsgier zuzuschreiben war.
    In seiner Begleitung befanden sich zwei tief verschleierte Damen in schwarzen Trauerkleidern, welche er

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