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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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zum Himmel aufstrebenden Flammen brannte, hatte die Comtesse Adelaide die Augen geschlossen, um das Furchtbare nicht sehen zu müssen.
    Sie war dankbar, dass sie dem Rat des Helen gefolgt war und ihr Gesicht dicht verschleiert hatte. Ohne diesen Schutz hätte sie es nicht wagen dürfen, ihre Augen vor dieser Vollstreckung eines »heiligen« Urteils zu verschließen. Man hätte sofort zu Recht geargwöhnt, sie hätte Vorbehalte dagegen.
    »Ich bedauere aufrichtig, dass ich meine Ohren nicht ebenfalls für die grässlichen Geräusche habe unempfänglich machen können«, beklagte sie sich auf der Heimfahrt, »ich dachte wirklich, dieses Grauen ginge niemals zu Ende. Ich hoffe nur, dass ich nie mehr etwas so Entsetzliches miterleben muss. Und daran zu denken, dass man meinem geliebten Helen so eine ebenso brutale wie sinnlose Grausamkeit zugedacht hatte, bringt mich schier um den Verstand. Ich werde jahrelang noch Alpträume haben.«
    »Das Verhalten der Menge war schrecklich«, kam es leise von Anne, welche gleichfalls zutiefst entsetzt war über diese Art der Hinrichtung. Bereits nach dem ersten gequälten Aufschrei des Opfers war es vorbei gewesen mit Annes Sensationsgier; wenn sie nur gekonnt hätte, wäre sie davongerannt.
    Aber das durfte niemand – und die meisten wollten es auch gar nicht. Im Gegenteil: Die abgestumpften Sinne des Pöbels, an Grausamkeiten aller Art gewöhnt, wurden auf das Angenehmste gekitzelt durch diese brutale Zurschaustellung von Gewalt und unvorstellbarer Rohheit.
    Mitleidlos stierten die Männer und Frauen – selbst kleine Kinder hatte man mitgebracht, um ihnen frühzeitig vor Augen zu führen, wie man in Frankreich mit Hexen verfuhr – auf das unselige Opfer.
    Und als dicker, fettiger Qualm ihnen schließlich die Sicht nahm, waren Laute des Unwillens hörbar geworden. Bis zuletzt wollte man der verfluchten Hexe ins längst zerstörte Gesicht sehen.
    Während der gesamten Vorbereitungshandlungen hatten alle Zuschauer den Henker scharf im Auge behalten, dass er nicht etwa noch im letzten Augenblick der Delinquentin den Garaus machte und damit das Volk um seine Genugtuung brächte, die Satansbraut jammern und schreien zu hören.
    Aber da niemand den Scharfrichter für diese Tat der Barmherzigkeit bezahlt hatte, machte dieser gar keine Anstalten, sie zu erwürgen oder ihr den Hals zu brechen, ehe die Flammen sie bei lebendigem Leibe verzehrten.
    Sogar der »Teufelskater« hatte ordentlich gekreischt, als die roten Feuerzungen nach seinem schwarzen Pelz leckten.
    Diese Hexenverbrennung war ein voller Erfolg gewesen: Das Volk war auf seine Rechnung gekommen und der Gerechtigkeit war Genüge getan worden. Jeder der gierig Gaffenden durfte das Gefühl haben, auf der Seite der »Guten« zu stehen.
    Und, was das Allerbeste daran war: Nach langer Zeit hatten die Massen den ungeliebten, ja verhassten Kardinal wieder einmal hochleben lassen.
    »Vive Richelieu!« »Vive le Cardinal!« »Vive le Roi!« »Vive le Premier Ministre!«, hatte der Mob gebrüllt und der eiskalte Staatsmann hatte daraufhin mit dünnem Lächeln die Huldigungen der enthusiastischen Massen entgegengenommen und sie gnädig winkend erwidert.
    Nur wenige konnten sich ausmalen, wie der Kardinal in seinem Innersten tatsächlich empfand. Auch ihn hatte das abartige Spektakel zutiefst angewidert, zumal er es auf keinerlei Weise gerechtfertigt sah – glaubte er selbst doch nicht an Hexen -, aber um dem Volk zu beweisen, dass die Obrigkeit keine Ketzerei durchgehen ließ, sie im Gegenteil mit aller Schärfe ahndete, waren diese schauerlichen Exzesse hin und wieder notwendig.
    Darüber hinaus boten sie Unterhaltung, befriedigten die voyeuristische Lust der Menschen am Grausamen und hielten den unterernährten Pöbel insgesamt bei Laune.
     
     
    Die Heimfahrt des Comte und seiner beiden Begleiterinnen war eine sehr stille gewesen. Jeder hing seinen Gedanken nach und versuchte, mit dem Geschehenen auf seine ureigenste Weise fertig zu werden.
    »Zum Glück konnten wir uns gleich nach dem Ende der Verbrennung, ehe noch der Mob sich auf die kleinsten, dem Feuer entgangenen Knöchelchen stürzen konnte, davonmachen«, meinte Bernard de Grandbois nach einer langen Weile des Schweigens.
    »Diese Art der schaurigen Souvenirjagd gehört wohl mit zum Schlimmsten«, war die Gräfin überzeugt; auch ihre Zofe, welche ihre Rolle als »Schwester« ihrer Herrin gut gespielt hatte, blickte angewidert drein.
    »Das machen die Leute überall«, sagte

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